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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 22.1887

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535

Korrespondenz.

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viel Gewicht auf die Kleidung gelegt hat, und daß
die Farbenzusammenstellung eiue viel zu grelle ist. So
trägt z. B. die Mutter ein blaue Seidenrobe, der älteste
Knabe dicht daneben knallrote Strümpfe und seine
Schwestern weiße Spitzenkleiver, ohne daß der Versuch
gemacht wäre, diese Buntheit der Kostüme nur im ge-
ringsten zu mildern.

Unter den zahlreichen Porträts in Pastellfarben
sind zwei von Robert Beyschlag aus München her-
vorzuheben. Sie gehören jener stattlichen Reihe von -
Kostümstudien an, die Beyschlag, so viel wir uns er-
innern, im Jahre 1885 begann und in denen er das-
selbe Modell wohl ein dutzendmal in den verschiedensten
Trachten vorführt. Von den in Dresden ausgestellten
nennt sich das eine: „Renaissance", das andere: „virso-
toirs". Beide sind überaus sauber, wie alles, was
Beyschlag macht, beide sind charakteristisch gewählt und
bieten treffliche Proben des Zeitkostüms, aber damit
ist auch alles erschöpft, was sich vou ihnen sagen läßt,
da das an und fllr sich hübsche Gesicht des Mädchens
weiter nichts als niedlich ist.

Schließlich erwähnen wir als letztes der im Kunst-
verein ausgestellten Gemälde das große militärische
Paradestück des hiesigen Schlachtenmalers Theodor
von Götz, welches den Kronprinz Albert, den Sieger
bei Beaumont (30. Aug. 1870), in dem Augenblick
Larstellt, da sich ihm sein Bruder der Prinz Georg
au der Spitze eines zahlreichen Gefolges nähert, um
ihn zu der gewonnenen Schlacht zu beglückwünschen.
Das Gemälde ist durch den Verwaltungsrat der Pröll-
Heuer-Stiftung für die königl. Gemäldegalerie ange-
kauft worden.

Mit der Veranstaltung von Sonderausstellungen
ihrer reichen älteren Schätze und neuen Erwerbungen
hat sich die Direktion des kvnigl. Kupferstichkabinetts
ein nicht hoch genug anzuschlagendes Verdienst um die i
Belebung des Kunstinteresses in Dresden erworben.
Denn wenn dieselben auch den Besuchern der Samm-
lung auf Wunsch jeder Zeit zur Ansicht vorgezeigt
werden, so liegt es doch in der Natur der Sache, daß
durch die gesonderte Ausstellung eine erhöhte Aufmerk-
samkeit erweckt wird und mancher sich zu fruchtbringen-
Ler Belehrung in den schönen Räumen des Kabinettes
einfindet, der sonst achtlos an ihuen vorüber zu gehen
Pflegte. Gegenwärtig finden wir eine Anzahl von
dekorativen und ornamentalen Zeichuungen Hans H ol-
beins des Jüngereu in Heliogravüren mit Original-
radirungen von Karl Stauffer-Bern vcreinigt. Die
Zeichnungen Holbeins sind dem prachtvoll ausgeführten
Werke von Eduard H is in Basel entlehnt.

Ungemein sesielnd sind die Proben, welche uns von
der Kunst des jugendlichen Radirers Karl Stauffer-
Bern geboten wcrden. Derselbe gehört der neuesten

naturalistischen Schule an, die ohne auch nur den Ver-
such zu machen, die Natur zu verschönern, derselben
scharf ins Auge sieht und ihr möglichst nahe zu kommen
sucht. Dieses Bestreben sieht man in Stauffers Ar-
beiten mit dem größten Erfolg gekrönt. Er ist einer
der vorzüglichsten Porträtisten der Gegenwart und vcr-
steht es, dem Original bis in die geringsten Kleinig-
keiten gerecht zu werden, obwohl er niemals ins Klein-
liche verfällt. Namentlich zeugen die beiden Aktstudien,
ein männlicher, auf dem der Dargestellte auf dem Rücken
liegt, und ein weiblicher in umgekehrter Stellung, von
einer seltenen Fähigkeit zu beobachten. Unter den Por-
träts sind die Gustav Freytags und Gvttfried Kellers
besonders hervorzuheben. Am lieblichsten erscheint der
Kopf der jllngeren Schwester des Künstlers, der uns
in vier Stadien der Platte vorgesührt wird. Weniger
anmutend ist das Bildnis einer älteren Schwester und
der Mutter des Künstlers, aber auch sie müsien ebenso
wie sein Selbstporträt als überans charakteristische Ar-
beiten bezeichnet werden.

Jnzwischen wurde auch die sür das Bad Elster
bestimmte und auf Kosten des Kunstfouds ausgeführtc
Marmorgruppe nach dem Modell des hiesigen Bild-
hauers Hermann Hultzsch durch deu Bildhauer Gerold
fertig gestellt und für einige Tage in dem Atelier des
letzteren der öffentlichen Besichtigung zugäuglich gemachl.
Hultzsch hat die ihm übertragene Aufgabe in der Weise
gelöst, daß er die segenspendende Quelle des Bades als
eine hülfreiche Nymphe mit langem walleuden Haar
darstellte, welche einer leidenden Frau, die vor ihr kuiet,
den Trunk dcr Genesung darreicht. Ein Anhänger
des übertriebenen Realismus iu der Plastik, wie er
in Berlin durch Begas grvß geworden, ist Hultzsch,
nach dieser Arbeit zu urteilen, gewiß uicht: er wandelt
vielmehr die von seinem Meister Rietschel Vvrgezeich-
neten Bahnen, nur daß er au die Stelle von dessen
männlicher Krast eine gewisse Weichlichkeit gesctzt hat,
welche bei einer iu so großen Verhältnissen ausgeführten
Gruppe, wie der erwähnten, nicht am besteu ange-
bracht ist. Auch wird man nicht in Abrede stellen
können, daß der Gesichtsausdruck der beiden weiblichen
Figuren wenig charakteristische Merkmale zeigt, sv daß
uns ihre leere Schönheit ziemlich kalt läßt. Sv innig
also auch der der Gruppe zu Grunde liegende Gedanke
erscheint, sv wenig vermögen wir uns mit der Durch-
sührung desselben einverstanden zu erklären.

Über die fllr Zittau bestimmte Brunnengrnppc
des Bildhauers Heiurich Bäunier, welche bereits iin
Modell fertig ist und in dieser Gestalt zu sehen war,
gedenken wir nach ihrer definitiven Vollendung zu bc-
richten, da es uns nicht möglich war, das Atelier des
Künstlers zu besuchen.

Schließlich die Mitteilung, daß die Dresdener
 
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