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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 22.1887

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Rosenberg, Adolf: Ausstellung des Vereins Berliner Künstler
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https://doi.org/10.11588/diglit.4107#0300

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Ausstellung des Vereins Berliner Künstler.

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Diesen Aquarellen (Landschaften, Genrescenen, Kosiüni-
studien und Köpfen) ist durchweg eine geistreiche leben-
dige Technik eigen, welche darauf ausgeht, die Malerei
in Wasserfarben, die, namentlich in England, zum
Wetteifer mit der Olmalerei gemißbraucht worden ist,
wieder zn ihrer ursprünglichen Bestimmung zurückzu-
sühren, einen flüchtigen Moment, eine plötzlich gekom-
mene Eingebung in unmittelbarer Frische sestzuhalten.
Jm Gegensatze zn diesem kecken Aufgreifen der Natur
steht cine Sammlung von 60 landschaftlichen Aqna-
rellen des in Hamburg ansässigen Ascan Lutteroth,
welcher in seinen letzten italienischen Landschaften, von
denen eine die Nationalgalerie angekauft hat, seinem
Meister Oswald Achenbach hinsichtlich dcr Farbenpoesie
und der Tiefe der Stimmung gleichgekommen ist. Diese
landschastlichen Stndien, Motive aus England, Hol-
stein, der Schweiz und Jtalien, sind von vornherein
auf bildmäßige Wirkung berechnet und danach bc-
handelt; doch hat Lutteroth innerhalb der rvmantischen
Auffassung es verstanden, selbst den geläufigsten Motiven
der Jtalien-Maler wie der Engelsburg, der Madonna
della Salute in Venedig, dem Grabmal der Cäcilia
Metella eigenartige Reize abzugewinnen. Mit einer
ganzen Reihc von Landschaften in Ol (sechzehn an der
Zahl) ist auch der Österreicher Emil Schindler ver-
treten, den wir eigentlich in Berlin dadurch zum ersten-
male in seiner vollen Bedentung kennen lernen.
Naturalist in seiner geistreichen, glänzenden Technik, ist
er doch auch ein Port von selbständiger Empfindung,
welche den zartesten Stimmungen und flüchtigsten
Regungen der Nntnrseele gerecht zu werden versteht.
An den Bilbern, die frllher in Berlin ausgestelll waren,
hatte nian immer eine gewisse Zerfahrenheit der Töne,
ein wirres Durcheinander der Lokalfarben zu tadeln,
während die gegenwärtige Ausslellung überwiegend
Kompositionen von kolvristischer Geschlossenheit und ener-
gischer Einheit des Tones aufzuweisen hal, nnter denen
wir der vom Mondc matt erhellten Nebellandschast
„Winters Anfang" (Motiv ans Plankenberg) den Vor-
zug geben möchten. Nvch zwei andere Künstler, F.
Skarbina und F. Geselschap, haben Aguarelle und
Gouachemalereien in größerer Anznhl ausgestellt, letz-
terer eine Reihe von Studienkvpfen nach männlichen
und weiblichen italienischen Modellen. Der Künstler,
welcher in seinen Decken- und Wandgemälden im Ber-
lincr Zeughanse den aufs Große gerichteten Stit der
italienischen Hochrenaissance, mit einer gewissen An-
lehnung an Cvrnelius, wiederzubeleben sucht, hat vor-
zugsweise solche Mvdelle ausgewählt, deren Züge etwas
Monnmentales haben. Ob die Aguarelle aber wirklich
treue Naturstudien oder vor der Natur bereits für die
späteren Zwecke Les Künstlers umgedichtet worden siud,
läßt sich bei der aufs Ganze gehenden Art der Be-

handluug nicht ohne nähere Kenntnis des Sachverhalts
entscheiden. Wie sich Feuer vom Wafser scheidet, so
stehen diesen mehr auf plastische als malerische Wirkung
berechneten Köpfen die Studieu gegenüber, wclche
Skarbina nach belgischen und hvlländischen Fischcrn für
sein Gemälde „Fischauktion in Blankenberghe" gemacht
hat. Bei Skarbina kann man llber die unmittelbar
auf den engstcn Verkehr mit der Jkatur begründete
Art seines Schafsens nicht im Zweifel sein, da er die
Natnrstudien ohne wesentliche Veränderung vder Um-
schreibung direkt in seiu Bild aufgenommen hat. Ebenso
könnten seine in Beleuchtung, Perspektive und scharfer
Naturbeobachtung gleich meisterhastcn Jnnenansichten
holländischer Bauernstuben mit genrehafter Staffage
zu ebenso tvirksamen Bildern gcmacht werden, ohnc
daß der Künsiler etwas hinzuzufügeu odcr wegzuthun
brauchte.

Was Bialer wie A. und O. Achenbach, Karl
Becker, dessen venezianische Bilder immer matter und
fadenscheiniger werdcn, W. Gentz (Studienkops eines
Negers), H. Gude, Otto Heydeu (Madonnenfcst anf
Subiaco), L. Knaus (Kinderpvrträt), Gabriel Max
(ein im höchsten Grade schattcnhaster und schwind-
süchtiger, weibticher Studicnkopf unter dem Titel Fi-
dusia), E. Pape, B. Plockhorst (Christus und die
Kinder), A. Menzel der Ausstellung anvertraut haben,
wird freilich nicht viel zur Vermehrung ihres Ruhmes
beitragen. Aber das Publikum sieht einmal auf die
großen Namen, und will licber etwas Unbedeutendes sehen,
als diese Namen missen! Es ist auch anzunehmen,
daß diese Künstler niit Absicht ihre besten Trümpfe für
die große akademische Ausstellung aufgespart haben, die
alle Kräste der Berliner Künstlerschast heraussvrdert,
daniit sie nicht allzusehr hinter der vorjährigcn zurück-
bleibt. A. v. Werner hat in zwei Reitcrbildnisseu,
dem des Generallieutnant von Winterfeldt und deni
eines Gutsbesitzers, Vvn neueni seine Begabuug sür
die realistisch - lebendige Ersassung von scharf ausge-
Prägtcn Jndividualitäten in kleinem Maßstabe be-
wiesen. Jnnerhalb einer gcwissen Grenze erreicht er
hier und da ein Höchstes, wobei man sich aber stcts
gegcnwärtig halten muß, daß er kein Kolorist im
HLHeren Sinne ist, sondern iuimer nur blanke Lokal-
farben hart nebeneinandersetzt.

Es giebt eine Anzahl von Malern in mittlerer
Kunst- und Lebensstellung, welche stets mit gleicher
Gewissenhaftigkeit arbeiten und selten oder niemals
etwas aus den Markt geben, Was ihrcm Nameu zur
Unehre gcreicht. Dazu gehören auf unserer Ausstellung
die Landschaftsmaler Bennewitz von Loefcn, Louise
Begas-Parmentier (eine Pergola auf Capri), L.
Douzette, Hermauu Eschke, Max Schmidt in
Königsberg (schwüler Tag am See), Valciitin Ruhts
 
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