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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 22.1887

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Die Ausstellung des Kunstvereins für Rheinland und Westfalen, [1]
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599

Dis Ausstellung des Kunstvercins für Rheinland und Westfalen.

699

illuflrirtcn Jvurncils abzieht. Zu ihren Füßen kauert
ein schwarzcs haarlvses Hündchcn mit lächerlich ab-
stehenden Eselsohren und kehrt dem Beschauer in köst-
lichcr Gleichgiltigkeit dcn Rücken zu. Über dem Ganzen
ruht ein feiner, durchaus ursprünglicher Humor, ein
kaum beschreiblicher Reiz der Farbe ohne Farben.
Tie Mcisterschast, mit dcr Kampf die Kvpfe flüssig hin-
zeichnet, — denn Zeichnen und Malen ist bei ihm
gleiche Arbeit — erinnert an Ter Borch. Von zwei
hvchbedeutenden Werken ganz heterogener Art, die noch
die Schwelle des Ateliers nicht überschritten haben, ein
anderes Mal!

Bennewitz don Loefen der jüngere zeigt sich in
einem „Rococo" benannten Genrebilde im Bollbesitz der
trefflichcn Eigenschaften, die ihm längst das Gilderecht
eingetragen haben, ihm aber auch, wenn nicht alles trügt,
bei so gleichmäßig fortschreitender Entwickelung in der
Zunft eine Ehrenstellung sichern. Ein junger Mann,
an seinem Schreibpulte sitzend und lesend in der Tracht
und Umgebung, die der Titel des Bildes erwarten
läßt. Jn der Charakteristik genügend, in der Wieder-
gabe alles Stofflichen von jener im besten Sinne saubern
und glänzenden Meisterschaft, die Gussows grundlegende
FUHrung auch jetzt noch nicht verleugnen will, gewinnt
das lichte Gemälde einen ganz eigenen Reiz von dem
Ausblick auf die Landschaft durch das große Fenster
im Hintergrunde. Die Stimmung hat eine Bornehm-
heit, die man sehr charakteristisch als blutleer bezeichnen
könnte, wenn dem Worte nicht ein ganz auszuschließen-
der Begriff des Schwächlichen beiwohnte.

Auch von Ferdinand Brütt, der in den letzten
Jahren Trumpf auf Trumpf folgen ließ, ist ein vor-
treffliches Bild vorhanden, „Sein erstes Drama". Der
Gegensatz zwischen einem behäbig renommistischen und
urteilssicheren BUhnenschriftsteller oder wohl richtiger
noch Schauspieler von dem Gepräge des nie alternden
Beau's und der schüchternen, durch eine Mischung noch
gebuudenen Geistes und erregter Hoffnung höchst an-
ziehenden Erscheinung des Dichters gelangt zu bester
Wirkung und vermeidet glücklich die zu scharfe Poin-
tirung, zu der der Vorwurf verführen konnte.

Henrik Nordenberg verharrt in seinen Bilde
„Als ich nvch jung war" auf der mit Überzeugung
cinmal eingeschlagenen Bahn. Schlicht und wahr im
Ausdruck sind die beiden jungen Dinger, welche auf
die Herzensergüsse der Alten lauschen, nnd nicht schöner,
als sie in der Natur zu sein Pslegen. Das Publikum
verlangt freilich noch immer die vorzügliche Betonung
des geläufigen Schönheitsbegriffs. Wehe dem Küustler,
der diesem Verlangen nachgiebt, ohne von seiner Phan-
tasie unwiderstehlich getrieben zu sein. Nordenberg
steht treu zu den Hellmalern. — „Der Wahrsager"
von A. Cl. Tidemand dem jüngern, ein Bursche mit

drei jungen Mädchen in norwcgischcm Jnterieur, stcht
nicht auf der Höhe eines früher ausgestellten Bildes
ähnlicher Art. Die Köpfe lösen sich nicht los nnd sind
von Leere nicht freizusprechen. Jmmerhin aber eine
anziehende Arbeit. — Seine eigene Sprache redet Fritz
Schnitzler. Das große „Schafbad", Motiv aus dem
Schwalmthale, welches der Künstler aufs Neue vor-
führt, ist auf der Jubiläumsausstellung, wenn auch
vielleicht nicht ganz nach Verdienst, gewürdigt worden.
Eine markige Künstlernatur, dercn fester Griff vielleicht
nicht immcr für zarte Nerven wohlthuend ist, aber ge-
diegen, von ernstem Wollen und großer Begabung.
So zeigt er sich auch in Ler „Schmctterlingsjagd".
Ein derbes Bauernkind zwischen den großen Kohl-
köpfen nach dem Buntgefiederten haschend, indes die
Mutter, in der Arbeit einhaltend, ernst zuschaut. Eher
melancholisch als elemcntare Frcude schildernd, doch
künstlerisch gesund und tüchtig. — Solche Eigcnschaften
sind auch an einem jungen Bnrschen, der die Späne
aus seinen Säcken zum Verkauf anbietet, von C. M.
Seyppel, durchaus zu rühmen. — Emil Schwabe
stellt noch einmal scine Kirchhofssceue aus, welche dem
Rahmen der Jubiläumsausstellung angehört. Zeigt
sich der Künstler hier von einer durch künstlcrische
Festigkeit und naturwahre Charakteristik vor Scnti-
mcntalität bewahrt gebliebenen Gefühlsseite, sv kann
man seine ganz hervorragende Begabung doch erst in
einer Reihe von Charakterbildnissen würdigen, welche
seit seinem Eintritt in die Meisterklasse von W. Svhu
hier zur Ausstellnng gelangten. Gebhardts grund-
legender Einfluß von der Malklasse her ist in diescn
Arbeiten unverkennbar. Die humoristische Quintessenz
einer Persönlichkeit wird mit einer Sicherheit zur
Erscheiuung gebracht, die geradezu Stauneu erregt.
So ist ihm denn auch mit vollem Fug und Recht
die Ehre zu teil geworden, daß man eines die-
ser Werke, das erste in der Reihe, für die Akade-
mie angekauft hat. Der Künstler erreicht abcr
gleichfalls scin Ziel mit bewundernswcrter Sichcr-
heit, wo ihm die Persönlichkeit ein humoristischcö
Gepräge nicht bietet. Referent kann cs nur aufrichtig
bedauern, daß das Bildnis des jüngst verstorbencn
Fürsten von Salm-Salm in ganzer Figur und Lebens-
größe, welches er in Anholt zu sehen Gelegenheit hattc,
den Augen des Publikums entzogen bleibt. — Robert
Forell hat sich mit den letzten Augenblicken Mans-
felds (jetzt im Museum zu Krefeld) in der Gunst des
Publikums und der Künstler so sehr befestigt, daß man
wegen der jetzt ausgestMeu, den Erwartungcn nicht
entsprechenden „Plünderungsscene" mit ihm nicht rcchten
wird. Es muß sich demnächst entscheiden, ob das Tem-
Perament den talentvollen Schüler von W. Sohn nicht
doch mehr auf die Darstellung sreundlicher Ruhe als
 
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