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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 22.1887

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Die Donatello-Ausstellung in Florenz
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Die Ausstellung des Kunstvereins für Rheinland und Westfalen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4107#0308

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611

Die Ausstellung des Kunstvereins für Rheinland und Westfalen.

612

tretende Amor, dann die Marmorfiguren Johannis des
Täufers in der Wüste und des David, die Lemalte
Terrakottabüste des Nic. Uzzano, und die Reliefbüste
des Johannesknaben in graueni Stein, — lauter Werke,
welche frllher in verschiedenen Räumen des Museo Nazio-
nale untergebracht waren. Ein weiteres Originalwerk
ist in der Sakristei interimistisch aufgestellt: die Holz-
statue der heil. Magdalena, welche während des Um-
baues von S. Trinits. dort wohl noch für lange eine
Zufluchtsstätte gefunden hat.

Jn einem angrenzenden Raume sind schwer zu-
gängliche oder doch selten besuchte Originalwerke in
guten Photographien ausgestellt, welche zum Teil eigens
für die Ausstellung gemacht wurden. So die Origi-
nale aus der Casa Martelli, so das Grabmal des
Brancaccio aus der Kirche S. Angelo a Nilo in Neapel,
auch das Tabernakel in Marmor in der Sacristia
de'Beneficiati im St. Peter in Rom. Ferner ein Agua-
rell nach dem wieder zusammengefügten Grabmal des
Bartolommeo Aragazzi im Dom von Montepulciano
(das Verdienst des Architekten Marcucci) — übrigens
ein Skulpturwerk, von dem Milanesi wahrscheinlich
gemacht hat, daß nicht Donatello, wie Vasari angiebt
(II, 413), sondern Michelozzo der Urheber gewesen ist.

Jn allen Sälen der beiden Stockwerke des Na-
tionalmuseums sind jetzt neue Kunstwerke ausgestellt,
welche von Privaten oder Korporationen geliehen
worden sind. Die wenigsten darunter stehen in direktem
Zusammenhang mit der Donatello-Ausstellung. Unter
den Skulpturen ist wenig Hervorragendes zu nennen.
Wir nennen nur die drei Reliefs aus Terrakotta von
Benedetto da Majano, Entwürfe für die Marmor-
reliefs an der Kanzel von Santa Croce, und verzichten
aus nahliegenden Gründen darauf, an dieser Stelle auf
anderes hinzuweisen. Ausgesuchtes Kirchengerät des
Quattrocento kann man in dem Schaukasten des be-
rühmtesten, oder, wie andere sagen, berüchtigtsten der
hiesigen Händler bewnndern. Das Munizipium von
Florenz hat in einem Glaskasten der Kapelle mehrere
merkwürdige Stücke von Silber ausgestellt: die vier
Stäbe der Liktoren (Mazzieri) der florentinischen Re-
publik, das Gefäß, welches zur Austeilung der Stimm-
zettel in den Ratsversammlungen des 15. Jahrhunderts
benutzt wurde, den Becher, in dem die Stimmen einge-
sammelt wurden, und den Teller, auf dem sie ausgezählt
wurden, lauter ciselirte Silberarbeiten. Außerordent-
liche Bewnnderung von seiten der Kenner finden die
Gegenstände der Kunstindustrie, welche der hier lebende
Marchese Alsieri ausgestellt hat, vor allem ein persisches
Glasgefäß des 10. Jahrhunderts mit knsischen Jn-
schriften, von etwa einem halben Meter Höhe, mit einer
Fassung von vergoldetem Silber aus dem 15. Jahr-
hundert. Letztere ist offenbar deutsche Arbeit, und daraus

deuten überdies auch die deutschen Jnschriften. Die
übrigen aus der Sammlung Alfieri stammenden Kunst-
objekte sind Produkte der mittelalterlichen Kunst Sa-
voyens und Piemonts. Aus der Opera der Kathedrale
von Lucca stammt ein Lederkästchen mit bemalten und
teilweis vergoldeten Reliefs mit Darstellungen der
Kreuzigung Christi und Legendenscenen; aus der Flo-
rentiner Kirche SS. Apostoli der sogenannte Feuer-
träger, bestehend in einem Stabe, über dem ein von
Ornamenten eingesaßter Adler thront. Als oberer Ab-
schluß dient eine schwebende Taube. Das Ganze hat
die Bestimmung, bei der bekannten Ceremonie im Dom
am Ostersonnabend das sogenannte heilige Feuer der
in Brand zu setzenden Rakete in Taubenform zu ver-
mitteln. Aus derselben Kirche sind auch kostbare Para-
mcnte des 16. Jahrhunderts ausgestellt.

Unter den Goldschmiedearbeiten sind die Kruzifixe
und Reliquiarien besonderer Beachtung wert. Ein sol-
ches Religuiarium des 15. Jahrhunderts in Form eines
Krenzes ist mit zehn eingelaffenen Miniaturen des be-
kanntensienesischenMalersSano diPietro geschmückt.
Jm Saal der Bronzen besindet sich ein ca. 3 in hoher
siebenarmiger Kandelaber von origineller geschmackvvller
Konstruktion, aus dem Kapitelsaal des Domes von
Pistoja, eine Arbeit des 15. Jahrhunderts, und ein
Kandelaberfuß in Holz mit Vergoldungen aus dem
16. Jahrhundert, geliehen von der Prepositura von
Poggibonsi bei Siena.

Das Komitee, wclches diese Ausstellung zustande
gebracht hat, verdient unbedingt volle Anerkennung
für die getroffene Auswahl. Schließlich erwähnen wir
noch, daß die Gipsabgüsse der Donatello-Ausstellung
ein Geschenk des Munizipiums von Florenz an das
Nationalmuseum sind. ll. I?. K.

Die Ausstellung des Aunstvereins für Rheinland
und IVestfalen.

(Schluß.)

Noch weit erfreulicher ist die Umschau unter den
Landschaften. Gilbert von Canal scheint durch fremde
Anregungen zum Vollgefühl seiner Kraft gekommen zu
sein. Jn der Auffassung von jeher ein höchst anziehen-
der Künstler, äußerte sich in scinen Arbeiten ost, was
leicht erscheinen sollte, als Flüchtigkeit. Jn dem
„Motiv bei Nymwegen" hat er ein Meisterwerk ge-
schaffen, dem die Pforten jeder Galerie offen stehen. —
Jn zweiter Reihe ist Heinrich Hartung zu nennen,
deffen „Gebirgsbach nach dem Gewitter" die Meinung
des Referenten voll bestätigt, daß dieser Künstler ein
Mann der Zukunft ist. Auch die Sommerlandschaft
mit der Mühle steht auf der Höhe seines Schaffens,
ist aber als mehrsach wiederholtes Motiv weniger
 
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