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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 22.1887

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Römische Forschungen zur christlichen Archäologie
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Toman, H.: Über die Gemälde von Geertgen van Sint Jans, des Meisters vom Tode Mariä und des Hugo van der Goes in der Galerie des Rudolfinums in Prag, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4107#0324

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643

Über die Gemälde von Geertgen van Sint Jans.

644

kündigt die bei Gelegenheit der Restauration der großen
Seitentreppe von S. Agnese stattgehabte Entdeckung
einer Marmorplatte an, welche nach seiner Ansicht zur
Transenna des alten Altars gehörte. Es ist auf ihr
eine betende weibliche Gestalt dargestellt, welche eine
Beischrift als Agnes selbst bezeichnet. Es wäre von
größter Bedeutung, würde es sich ermitteln lassen, daß
dieses Fragment zur Transenna des Altars, zur Ver-
schlußplatte der oonkossio gehört hat, da die Zahl der
Beispiele dieser Art bekanntlich äußerst gering ist (z. B.
in dem Oratorium der Katakombe Alessandro, oder
die cippenartigen Altäre in Torcello, Parenzo, Ra-
venna) und sich an ihnen bisher keine figürliche Dar-
stellung außer Delphinen und Vögeln gefunden hat.
Eine Publikation des „Fragmentes von S. Agnese"
wäre deshalb äußerst wünschenswert. Möglicherweise
gehörte die Platte zu den Altarschranken, wenngleich
Rohault de Fleury (llig, inosso, vol. III, x. 76) diese
aus Bronze hergestellt glaubt auf Grund eines von
Busiri gefundenen Fragmentes. — Endlich berichtete
de Rossi unter anderem über die kürzlich in Philip-
peville in Algier, dem alten Rusicade, etwa zehn
Meilen westlich von Hippo Regius, entdeckte Basilika,
deren Architektur von Gouilly im Lnllst. äs oorrosx.
^triouino, (Algier 1885, III., S. 528 ff.) und in den
Oomptos-rsnäus äs 1'g.oaäsrnis äes insot. 1886,
S. 223 ff-, näher erläutert ist.

Den Hauptinhalt des Bullettino bilden zwei Ab-
handlungen de Rossi's, eine kürzere über eine bei S.
Sebastiano an der Via Appia gefundene Jnschrift von
349 aus den Mausoleum der Uranier, und eine
sehr ausgedehnte über 257 Jnschriften der ersten Region
der Katakombe S. Priscilla an der Via Salaria,
wodurch dieses Cömeterium als höchst wahrscheinlich
noch dem ersten Jahrhundert angehörig erwiesen wird.
Ein kurzes Referat würde hier den gelehrten Aus-
führungen dcs Verfasiers nicht gerccht werden, es muß
sie ein jeder Schritt für Schritt verfolgen.

H. 8.

Aber die Gemälde von Geertgen van 5int Ians,
des Aleisters vom Tode Mariä und des Hugo
van der Goes in der Galerie des Rudolfinums
in j)rag.

(Schluß.)

Besonders intercssant ist jedoch das dritte Bild-
chen (l' 1" hoch, l' IH2" breit, aus Holz) der
Prager Galerie: „Der Tod dcr heiligen Jungfrau",
bei welchem wir uns etwas länger aufhalten müffen,
weil die Bestimmung des Meisters weit schwieriger ist.

Die zwölf Apostel umgeben das Bett der Sterben-
den, ihr die letzten Dienste nach dem Brauche der
Zeit erweisend. Es ist dieselbe Komposition mit ge-

ringen Abweichungen, wie das Bild in der Galerie
Sciarra in Rom und in der National Gallery in
London. Nur ist auf dem Prager Bilde derselbe
Vorgang unter dem Baldachin eines großen Himmel-
bettes in einer geschlosienen Stube ohne Ausblick in
eine Landschaft gedacht; auch ist die Erscheinung Gott
Vatcrs und der Engel weggelasien.

Das Bildchen interesiirte mich noch mehr, als ich
nach wiederholter Besichtigung des Bildes im Bclve-
dere in Wien: „Beweinung Christi", Nr. 828 dcs neucn
Katalogs, welches neuerdings Jan van Eyck zuge-
schrieben wird, zur vollständigen Überzeugung kam,
daß beide Bilder derselben Hand ihren Ursprung ver-
danken.

Die Bild- nnd Figurengröße, die Art der etwas
breit, wie im Kreise auseinandergesetzten (oder wie
Waagen sagt „stillosen") Komposition, die zwar häß-
lichen, aber wahren und lebendigen Typen der Köpfe,
die Faltenlegung, die miniaturartige harte Behand-
lung, die grauen Halbschatten und schwarzgrauen Zeich-
nungskontnren (z. B. bei Behandlung des Haares und
der Bärte, die in einzelne Locken geteilt werden), der
blasse, zuweilen rötliche Ton der Karnation, der all-
gemeine, stark kühle Ton der sehr gebrochenen Farben,
namentlich der Gewänder (z. B. die charakteristischen
weißen mit blauem Stich) lassen keinen Zweifel darüber
aufkommen. Man vergleiche zum Übersluß z. B. den
Typus der Madonna beider Bilder, dann den Kops
des bärtigen Alten rechts neben der Madonna nnd
links die Gestalt in der Kapuze des Prager Bildes mit
den zwei männlichen Figuren neben dem Leichnam
Christi des Wiener Bildes!

Das Prager Bild wurde schon in dem Jnventar
des Erzherzogs Leopold Wilhelm vom Jahre 1656
dem Jan van Eyck zugeschrieben; seit 1859 hieß es
Memling (!) und im neuen Katalog wird es Jan van
Eyck zurückgegeben.

Auch das Prager Bild kam aus dem königlichen
Schloß als Jan van Eyck in die Galerie, erscheint
im Katalog vom Jahre 1838 als solcher unter den
„erwiesenen Meistern" sett gedruckt, wird aber im
Jahre 1872 wieder nur der „Schule des Jan van
Eyck" zugeschrieben.

Meines Erachtens kann von Memling ebenso-
wenig wie von Jan van Eyck schon wegen der ganz
verschiedenen Art der Farbengebung die Rede sein.

Jndem ich meiner Überzeugung abermals Ans-
druck gebe, daß beide Gemälde von derselben Künstler-
hand herrühren, behanpte ich auch, daß jeder Kunst-
beflisiene meine Ansicht teilen wird, der sich durch
den Zauber des Eindruckes, den das vollkommen tadel-
los erhaltene Bild im Belvedere ausübt, nicht wird
beirren lasien. Das Prager Bild ist nämlich einmal
 
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