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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 22.1887

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Levin, Theodor: Eine gefälschte Gemäldesammlung
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Galland, Georg: Der Meister des Leibnizhauses zu Hannover
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https://doi.org/10.11588/diglit.4107#0342

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679

Der Meister des Leibnizhauses in Hannover.

680

gefälscht, wie ich annehme, oder doch übermalt. Der
alte Städel scheint gleich dcm bekannten Thiermann
in Berlin von jenem Schlage der Sammler gewesen
zu sein, die durch zeitweiliges Angebot ganz besonderer
Leckerbissen bei Laune erhalten werden mnßten. Da
fälschte man denn auch einmal ein seltenes Leuwchen
mit einem e.

56) Adriaan van de Velde. Wiese im Walde.
Nr. 320. Die Bezeichnung: L,. v. Voläo l. 1658 steht
im Waffer. Welche Geschmacklosigkeit traute der Fälscher
dem Meister zu! Angekauft 1868.

57) JanWeenix. Bildnis einesholländischen Kauf-
manns. Nr. 323. Gefälschtc Bezeichuung: 3. ^Veonix.
Sammlung des Stifters.

58) I. D. de Heem. Frühstück. Daß die Be-
zeichnung 3. vs lloom k. 1651 echt sei, glaubt wohl
niemand mehr, als wer es sich durch den Katalog auf-
binden läßt. Die zweite Bezeichnung I v R auf dem
unteren Rande der silbernen Schale ist ungewbhnlich,
aber doch möglicherweise echt. Angekauft 1867.

° 59) Rachel Ruhsch. Blumenstrauß. Nr. 336. Eine
der elegantesten Fälschungen, die mir vorgekommen sind:
Raoüol Ku^soü 1698. Für ungeübtere Angen ver-
weise ich auf die Schwänze der beidcn R's, welche nicht
parallel stehen, auf die Stellung, Form und vertikale
Lage der Zahlen. Angekauft 1817.

60) Adriaan van de Velde. Hirschjagd. Nr. 320 a.
Die Signatur V. V. Volcks b' 1666 gefälscht. An-
gekauft 1883.

61) Äan vau Huhsum. Blumenstrauß. Nr. 336 a.
Gefälschte Bezeichnung V -- II. Angekauft 1884.

Man sieht, daß der größte Teil der hier ange-
führten Fälschungen, welche ich vorläufig zur Anbahnung
der Sache gebe, — ich hoffe bei meiner Rückreise das
Fehlende zu ergänzen — auf eine ältere Zeit zurück-
gehen, deren Söhne nur noch im Jenseits zur Ber-
antwortung gezogen werden können. Man fälscht eben
seit dem letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts mit
Shstem. Damals betrieb man das Handwerk mit Ele-
ganz und Energie; es ist eine wahre Lust, so einer
Hundertjährigen auf die Spur zu kommen. Das waren
doch noch ganze Kerle! Dann kam die Zeit der Ro-
mantik. Bei ihrer kindlichen Anspruchslosigkeit in kri-
tischer Beziehung ging die Arbeit zurück. Man lieferte
nur noch Flickwerk. Jn diese Zeit fallen Städels Er-
werbungen. Heute hat sich das Handwerk wieder ge-
hoben, aber die Leistungen sind doch noch erbärmlich
genug. Bei aller Schurkerei kleine Leute, die Gewiffens-
angst erzittern macht, wenn das große R von Rem-
brandt einmal wieder gebraucht wird.

Shstem ist darin, das läßt sich nicht leugnen. Der
Ring reicht sich die Hände den Rhein entlang über
Holland und Paris. Übrigens wird in Amsterdam doch

nur von einigen Winkelhändlern dilettirt. Es ist Zeit,
daß die Sache endlick einmal zur Sprache kommt.

Man verstehe mich recht! Die Sammlung des
Städelschen Jnstituts bleibt trotz alledem eine der be-
deutendsten in Deutschland und enthält in der hier be-
trachteten Abteilung fast nur gute Bilder. Dank sei
dem geübten Auge der Männer, welche über Ankäufe
zu entscheiden hatten. Aber sie weist wie keine zweite
die Schamlosigkeit nach, mit der man Urkunden fälscht
i» gcwinnsüchtiger Absicht. Und bci dcn crstcn Namcn
rächt sich denn auch die Vertrauensseligkeit, mit der die
Käufer ihre bezeichneten Bilder heimtragen. So kommt
eiu neuer Rembrandt ins Brüffeler Museum, so ein
van der Meer in die Sammlung des Städelschen Jn-
stituts. So werden beständig salsche wiffenschaftliche
Schlüffe gezogen, während man vorerst eiu systemati-
sches Studium der alten Signaturen mit Eifer betreiben
sollte, zu dem freilich ein ebensv prädestinirtcs Auge
gehört, wie zum Verständnis alter Malerei.

Mau srage mich nicht, wie willst Du Deine Be-
hauptungen beweisen. Zunächst durch Sachverständige.
Hauser, Vater und Sohn, stehen aus festem Boden.
Sie werden mir Eideshelfer sein. Erst in zweiter Reihe
wird man zum Putzwaffer greifen müffen.

Karlsruhe, am 15. August 1887.

Professor Theodor Lcvin.

Der Meister des Leibnizhauses zu Hannover.

Unter den Renaiffancebauten Hannovcrs nimmt
das durch Abbildungen allgemein bekannte Leibniz-
hans in dcr Schmiedestraße die crste Stelle ein. >) Von
großer Pracht und Schönheit ist au diesem Gebäude
der vom Boden aus durch mehrere Stockwerke steigende
Erkcr mit seinen reichen Sknlpturen, einer wahren
Bilderbibel in Rcliefs. Mithoffs Angabe, daß die
Steinfaffade einem mittelalterlichen Gebäude vorgesetzt
sei, weil der Giebel einen Terrakottafries von> Jahre
1499 enthalte, entbehrt der Begründung. Auch die in
Fachlverk aufgeführte Seitenfront an der Kaiserstraßc
gehört der Zeit der Renaiffance an. Dem für dic
Kunstgeschichte seines engern Vaterlandes hochverdienten
Forscher, welcher letzteres nicht beachtet hatte, ist ferner
am Giebel ein kleines Täfelchen entgangen, auf dem
man — freilich mit bloßem Auge nicht, sondern nur
mit starkeni Vergrößerungsglase — ein Wappenschild-
chen mit den Werkzeugen des Maurers und Steinmetzen
und darunter den Namen Mr. Hinrich Alfers er-
kennen kann. Weit deutlicher sieht man am Erker,

1) Vgl. Mithofs, Kunstdenkmale rc. im Hannoverschen.
1871. S. 88. — W. Lübke, Gesch. d. Ren. in Deutschland,
II. Aufl. 1882. S. 423. Ferner die Abbildungen in den
Sammlungsn von Ortwein und K. E. O. Fritsch.
 
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