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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 22.1887

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649

Nekrologe.

650

tüchtigcr Meister ciller Zeitcn dar, dic den Schnler
nicht nur mit den Schöpfungen der alten Kunst, sondern
gleichzeitig auch mit den Feinheiten der verschiedenstcn
Zcichenweiscn vcrtrnut mnchen. Zierliche Werke der
Kleinkunst, gute Hvlzschnitte nnd Kupferstiche Lilden
ein weiteres unabsehbar reiches Materinl. Mehr
Schulstunden nls bisher würde trotz alledem der
Zeichenunterricht nicht erfvrdern. Denn wie viel Zeit
lnßt sich schon dadnrch erspnren, dnß sich der Lehrer
mit Skizzen begnügt, anstatt wie bisher vom Schüler
geschniegeltc Parndepferde für Schulausstellungen zu
verlnngen, die nur durch zeitrnubendes Praktiziren mit
dem Gummi zu Stande gebracht werden. Sodann
aber könnte auch der theoretische Unterricht in der
Perspektive, der Proportionslehre und der Anntomie,
wenn es sich nicht um die Vorbereitung zu bestimmten
Berufszweigen handelt, aus einen engeren Raum als
bisher beschrnnkt werden.

Hiermit geht Hirth zur Betrnchtung der eigent-
lichen künstlerischen Berufsbildung über. Auch auf
diesem Gebiete liegt, wie wir alle wissen, vieles im
Argen. Man übergiebt den angehenden Apelles der
Drillmaschine „Gymnasium", wo dem armen Burschen
von zehn verschiedenen Lehrern gewaltig zugesetzt wird
und wo er alles, nur nicht das lernt, worauf es in
den Künsten vor nllem ankommt, nämlich das Können,
die hnndwerksmnßige Sicherheit, die erfahrungsgemnß
nur in jungen Jahren erworbcn wird. Weun er das
Gymnasium absolvirt odcr das „Einjnhrig-Freiwilligen-
Exnmen" bestanden hnt, bezieht er die Akademie, wo
er im Trocknen Schwimnien lernt. Nach dem Ver-
lnssen der Akademie beginnt dann der Kampf ums
Dasein, die Schnle des Lebens. Auf die eigeue Kraft
angewiesen, mit einer stolzen Jdee von seinem Talent
und seincm Können, aber ohne prnktische Erfahrung
und ohne sichere Aufträge, steht er ratlos dn, sobald
ihm ein Schritt über den stiahmen der von sicherer Hnnd
geleiteten Schulübungen hinaus zugemutet wird, gunlt
sich mit unglücklichen Versuchen, sein Können der Nach-
frage des überfüllten Bilderniarktes nnzupassen, und
bleibt schließlich weltmüde in Ler Station der ver-
kannten Gcnies sitzen. — Eine Neform dieser Mißstände
erscheint nur mvglich, wcnn, wie in den guten Zeiten
der Rcnaissance, auch heute wiedcr die künstlerische
Berufsbildung schon im vierzehnten, spätestens im fünf-
zehnten Lcbensjahre bcginnen könnte. Jn irgend einer
Werkstatt, sei es als Maler oder Bildhaucr, nls Gold-
schmied oder Ciseleur, als Vergolder oder Elfenbein-
schnitzer, müßte der Knabe sofvrt dem Ernst des Be-
rufslebens näher tretcn. Die Akndemie aber dllrfte
nur solche Jünglinge nusnehmen, die nebcn dem Nnch-
weise ungewöhnlicher Begabung nuch das Zengnis der
praktischen Einsührung in irgend ein Kunstgewerbe

mitbringen, die also nach absolvirter Hochschule im
Notfall zu ihrem Beruse zurückkehren kvnnen. Der
Nntzen einer solchen berufsmnßigen technischcn Vvr-
bildnng ist in der That nicht zu bezweifeln. Der
junge Mensch, der etwns „knnn" und sein Brot ver-
dienen gelernt hnt, tritt mit ganz anderen Aussichten
in die höheren Sphären der Kunstanschauung. Sein
ganzes Streben hnt eine feste Richtschnur; dns Gefllhl
der Kraft, das Bewußtsein, etwas Positives leisten zu
kvnncn, begleitet ihu nus jedem Schritte. Wie steht
es aber mit der „nllgemcinen Bildung"? Unsere
Fortbildungsschulen genügen in dieser Beziehung dem
Künstlerberufe nicht, dn die Bildung des Künstlers,
wie Hirth sehr richtig auseinnndersetzt, eine vorwiegend
humanistische sein mnß, und auch unsere nndern höheren
Lehranstalten gewähren dasür keinen Raum. Es hnndelt
sich also darum, die Akndemien derart zu vrganisiren,
daß sie dem Künstler außer dem rein berufstechnischen
Können nuch das nvlige Wissen in den alten Sprnchen,
in der Kunst-, Kultur-, Litteratur- und Musikgeschichte
zuführen. — Dies in großcn Umrissen der von Hirth
dargelegte Lehrplnn. Die Richtigkeit der Prinzipien
wird ohne Zwcifel von den meisten nnerknnnt, die
Durchführbnrkeit in der Prnxis von vielen bestritten
werden; genug, daß uns das mit Wnrme und Be-
geisterung geschriebene Buch viel, sehr viel zu denkcn
giebt. R. Muthcr.

Nekrologe.

<Z Der Malcr Professor Zohannes Schallcr ist am
25. Juni in Koburg gestorben. Jm Jahre 1841 zu Wasungen
geboren, bildete er sich anfangs in Weimar bei Fr. Preller
zum Landschasts- und Tiermäler aus und hatte schou durch
Studienreisen und einen Aufenthalt in München eine großs
Virtuosität namentlich in Tierbildern errsicht, als er, nach
Weimar zuriickgekehrt, durch dsn Einfluß Genelli's, zur
Historienmalerei idealistischer Richtung geführt wurde. Jm
Jahre 1887 ging er zu seiner weiteren Ausbildung nach
Berlin und hier führte er seit etwa 187» eine Neihe von
dekorativen Malereien aus. zum Teil gemeinsam mit M.
Meursr, mit wslchem er geschäftlich verbunden war. Während
letzterer mehr den ornamentalen Teil erfand und ausführte,
komponirte Schaller die Figuren. Zu diesen gemeinschaft-
lichen Arbeiten gehören dis Ausmalung des Treppenhauses
im Iieubau des Handelsministeriums in Berlin, die Malereien
in der Kapelle der Kadettenanstalt in Lichterfelde und die
Deckenmalereien im Verwaltungsgebäude der Hamburger
Bahn in Berlin. Allein führte Schaller die Malersien im
Saale der Goldschmiedearbeiten im Berlinsr Kunstgewerbe-
museum und die Gemälde aus der Prometheussage in der
Kuppel dss schlesischen Museums der bilüenden Künste in
Breslau aus. Jn letztsrem Werke hat er besonders seine
Begabung für die monumentale Malerei großen Stils ge-
zeigt. Als Lehrer am Kunstgewerbemussum und an der tech-
nischen Hochschule hat er zahlreiche Schüler herangebildet.

T Dcr Historicmnalcr Plof. Karl Gottfricd Psannfchmidt
ist am 5. Juli im »8. Lebensjahre zu Berlin gestorben. Ein
Schüler von Daege und Cornelius, war er der letzte nam-
hafte Vertreter der cornelianischen Richtung, wclche er noch^
während des letzten Jahrzehnts in einer Reihe von cyklischen
Zeichnungen („Das Wehen des Gerichts", „Die Geschichte
des Propheten Daniel", „Das Vater Unser") mit großen,
 
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