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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 16.1905

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Die neuen Säle in den Uffizien
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5901#0060

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Bücherschau

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zigungsbild (altholländisch?) und die zwei bisher
schlecht gehängten Bilder Oerard Davids: die An-
betung der Könige in Tempera und die kleine Kreuz-
abnahme im alten, fein emaillierten Metallrahmen.

Die Sala di Lorenzo Monaco hat nunmehr auf-
gehört zu existieren; der Raum wird mit den Nach-
barsälen dereinst wohl die Künstlerbildnisse auf-
nehmen. Die Predella Bacchiaccas aus diesem Raum;
das weitaus beste Bild dieses anpassungsfähigsten
Florentiners ist nicht sehr glücklich im dritten Tos-
kaner Saal aufgestellt; ebendort fanden die beiden
Tafeln Granaccis, die bisher im Vorraum des Lorenzo
Monacosaales hingen, ein Unterkommen, wo sie
wenigstens gutes Licht haben. G. Gr.

BÜCHERSCHAU

Auf den Weihnachtstisch des Kunstfreundes legt
in diesem Jahre wieder Albert Krüger einen neuen Farben-
holzschnitt. Diese Spezies Krügerscher Kunst hat nun
schon einen solchen Ruf gewonnen, daß der Künstler auf
einen bestimmten Liebhaberkreis im voraus rechnen kann.
Diesmal hat er sich Holbeins »Erasmus« im Louvre er-
wählt, um an ihm aufs neue seine feine Übersetzerkunst
zu erweisen. Auf den ersten Blick mutet einen das Blatt
etwas fremd an, weil die breite, flächige Verteilung der
Farbmassen von dem Erinnerungsbilde, das man von dein
ungemein zarten Original mit sich trägt, abzuweichen
scheint. Läßt man aber das Blatt eine Weile von der
Wand aus auf sich wirken, so fängt man an, es immer-
mehr zu lieben. Es ist keine mechanische oder überhaupt
nur originalgetreue Reproduktion und soll wohl auch keine
sein, sondern eine kunstvolle Umbildung in einer anderen
Sprache. Prachtvoll ist wieder die Griffelarbeit; sich in
das Linienspiel der Hände zu versenken, gewährt immer
und immer wieder Genuß und Vergnügen. Das schöne
Blatt ist bei Amsler & Ruthardt in Berlin erschienen. Seine
Bildfläche ist 31X38,5 cm.

Auch die Wiener Gesellschaft für vervielfältigende Kunst
ist rechtzeitig mit ihrer gewohnten Weihnachtsprämie heraus-
gekommen. Wieder verdanken wir sie William Unger,
und wieder haben wir sie nur zu loben. Der Künstler
hat nach dem Brustbildnis von Rembrandts Sohn Titus,
welches das Kaiserliche Hofmuseum in Wien ziert, eine
ungemein wirkungsvolle Radierung größten Formates ge-
schaffen. Über Ungers Fähigkeit, samtige Tiefen und
leuchtende Schatten wiederzugeben, ist nichts Neues mehr
zu sagen. Bei diesem Rembrandtblatt kommen die Quali-
täten am schönsten heraus, wenn man es im Schatten
einer halbdunklen Stubenecke betrachtet. Übrigens hat
das Erscheinen dieser Radierung Wilhelm Bode Gelegen-
heit gegeben, sich im neuesten Heft der >Graphischen
Künste« über die verschiedenen Bildnisse des Titus be-
lehrend auszusprechen, und dabei eine frappante Hypothese
aufzustellen: Nämlich die »Judenbraut« sei ein Doppelbildnis
des Titus und seiner jungen Frau.

Noch mit einigen weiteren Gaben erfreut uns die Ge-
sellschaft für vervielfältigende Kunst in diesem Jahre. Zu-
nächst kommt ihre »Jahresmappe*, die diesmal zur Hälfte
ausländische Arbeiten bringt. Von den sechs Blättern hat
uns am besten der »Mitternachtsgottesdienst in Venedig«,
eine Originalradierung von Charles Holroyd, gefallen.
Holroyd ist der Direktor und ungemein tüchtige Leiter
der Tate-Galerie in London, betätigt sich aber daneben
als ein Radierer von Kraft und Empfindung. Sehr ge-
schickt ist auch eine Radierung von Huard, die die Mappe

bringt. Im allgemeinen müssen wir aber zugestehen, daß
die beiden gleichzeitig herausgegebenen Hefte der Gra-
phischen Künste diesmal qualitätenreichere Radierungen
bringen, als die mit so großem Aufwand hergestellte
»Jahresmappe«. Die Blätter von D. Y. Cameron und
Zdrasila im vierten Heft des Jahrgangs 1904 und die er-
staunlichen Arbeiten von Zorn und Peter Halm im ersten
Heft des Jahrgangs 1905 wird man nicht ohne das größte
Vergnügen betrachten können. Und dann hat die Ge-
sellschaft noch einen verspäteten Feststrauß zu Schwinds
hundertstem Geburtstag (21. Januar 1904) dargebracht.
Schwinds Tochter, Frau Marie Bauernfeind, hat nämlich
das Album mit »Figaros Hochzeitszug«, das bisher nur
ein- oder zweimal öffentlich zur Schau gestellt war und
im allgemeinen wie ein Familiengeheimnis gehütet wurde,
der Gesellschaft für die Vervielfältigung zur Verfügung
gestellt. Der »Hochzeitszug« ist das Werk eines Einund-
zwanzigjährigen. Schwind hat im Jahre 1823 die Idee
dazu gefaßt und 1825 seinem Freunde Franz von Schober
die Vollendung des Zyklus angezeigt. Die Zeichnungen
tragen noch die Fesseln eines Erstlingswerkes an sich,
atmen aber bereits, besonders in den Mädchenfiguren,
den Zauber des ganzen Schwind. Das Album besteht
aus dreißig Blättern in zarter Umrißzeichnung, die in
Lichtdruck originalgetreu wiedergegeben sind. Aber auch
der Einband hat den Zeitcharakter, und auf das Titelblatt
hat Schwind mit eigener Hand den (getreu faksimilierten)
Vermerk gemacht: »Dieses Heft hatte der alte Beethoven
in seiner letzten Krankheit bei sich: Nach seinem Tode
bekam ich es erst wieder zurück.«

Mit einigem Stolz kann auch die Verlagsbuchhandlung
E. A. Seemann ihre diesmalige Weihnachtsgabe ankün-
digen: "Album der Dresdener Galerie, 50 photographische
Farbendrucke nach den Originalen« betitelt sich der vor-
nehm in Seide gebundene Prachtband. Das Werk kann
als ein gewisser Abschluß der auf die Einführung des
Dreifarbendruckes in den kunstgeschichtlichen Anschau-
ungsunterricht abzielenden Bestrebungen des Hauses E. A.
Seemann angesehen werden. Sämtliche 50 Bilder sind
ohne Dazwischenschalten einer Kopie durch direkte Farben-
aufnahme der Originale unter Korrektur der Platten eben-
falls vor dem Original entstanden. Was hier geleistet ist,
wird im einzelnen immer noch zu Ausstellungen und Ver-
besserungswünschen Anlaß geben. Die überwiegende
Mehrzahl der Blätter aber kann in einem solchen, vor wenig
Jahren noch für phantastisch erklärten Maße ein Abbild
der Originale geben, das jeder einsichtige Kunstfreund
Dreifarbendrucke in solcher Qualität freudig anerkennen
wird. Weder in Frankreich, noch in England oder Italien
ist es den verschiedenen dortigen Kunstanstalten bisher
gelungen, auf dem Gebiete des Dreifarbendruckes irgend
etwas zu leisten, was den besten deutschen Produkten
ebenbürtig wäre. Das gilt besonders für England, wo eine
wahre Überschwemmung mit Dreifarbendrucken augen-
blicklich herrscht, die durch ihre Billigkeit bestechen, durch
ihre Ausführung aber abstoßen. Das Seemannsche Album
der Dresdener Galerie ist als Einleitung von einer Ge-
schichte der Sammlung und außerdem von erläuternden
Texten zu jedem Bilde begleitet. Diese kuustgeschicht-
lichen Texte hat Professor Dr. Adolf Philippi verfaßt. Der
Preis des Albums mit 50 Farbendrucken beträgt 20 Mark.

In zweiter Auflage, nachdem es längere Zeit ver-
griffen war, erschien im Verlag von E. A. Seemann soeben
Carl Justis klassisches Buch über Murillo. Die neue Auf-
lage ist im Text durchgesehen, in den Illustrationen
wesentlich verbessert und schließlich um einen Anhang
über Zurbarans Bilder aus dem Leben des hl. Bonaventura
bereichert.
 
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