4og
Ausgrabungen und Funde
410
Farbe sehr langsam trocknete, wurde dieselbe schon nach
zwei Tagen trocken, wenn Professor Ostwald dem Mohnöl
vor dem Anreiben der Farbe ein wenig in Terpentinöl
gelöstes ölsaures Mangan zugefügt hatte. »Überlegt man
schließlich, daß Litopon nicht giftig ist wie Bleiweiß, und
daß es ganz bedeutend wohlfeiler ist, so wird man zu-
gestehen, daß wirklich eine Summe von Gründen für den
Ersatz des Bleiweiß in der Kunstmalerei durch Litopon
spricht«. — Gegen das Litopon spricht nur ein Grund,
der in der Eigenschaft dieses Stoffes, in der Sonne grau
zu werden, liegt. Allein dieses Grau verschwindet im
Dunkeln wieder und tritt nur bei außerordentlich starker
Sonnenbeleuchtung auf. Da nun Ölgemälde überhaupt nicht
gemalt werden, um stundenlang den Sonnenstrahlen aus-
gesetzt zu werden und zudem in der Dunkelheit ein gutes
Mittel liegt, um Graufärbung zu beseitigen, so kann dieser
Einwand als unwesentlich angesehen werden. — Denkt
man dagegen an die zahlreichen Krankheiten, die im Maler-
gewerbe durch Bleiweiß hervorgerufen werden, dann muß
man froh sein, einen Stoff zu besitzen, der nicht nur Blei-
weiß vollkommen ersetzt, sondern in mancher Hinsicht
sogar übertrifft.
AUSGRABUNGEN UND FUNDE
Zu der neuesten Dürer - Entdeckung wird uns
aus München geschrieben: Wieder soll ein neuer A.
Dürer entdeckt sein, ein »Ecce homo« von 1524! Der
glückliche Besitzer soll in Offenburg leben. Nach der Beschrei-
bung und den Nebenumständen scheint es sich um das-
selbe Bild zu handeln, das schon einmal vor etwa zehn
Jahren hier spukte, und das trotz aller Reklame, die dafür
gemacht wurde, von allen Kennern alter Kunst sehr
energisch als ein Werk Dürers oder überhaupt als ein nam-
haftes Kunstwerk abgelehnt wurde.
Die neuen ägyptischen Funde aus der XVIII.
Dynastie: In der »Kunstchronik« vom 10. Februar habe
ich über den vorjährigen großen Statuenfund in Karnak
berichtet; und jetzt liegen mir in der »Biblia« ausführliche Be-
richte über einen neuen Fund von allererster Wichtigkeit
vor, der am 12. Februar 1905 durch Mr. Davis gemacht
worden ist, welcher ein Grab der XVIII. Dynastie aufge-
deckt hat, das seit der Zeit, als es belegt worden war, un-
berührt geblieben und noch mit den Schätzen gefüllt ist
aus der Periode, da Ägypten der Herr des Ostens und
die Quelle der Goldzufuhr der östlichen Welt war. Am
Sonntag den 12. Februar kamen Mr. Davis' Arbeiter zu
den Treppen eines Grabes, das mitten zwischen den
wohlbekannten Gräbern von Ramses IV. und Ramses XII.,
Könige der XX. Dynastie, lag. Man entfernte die vor
einer Felsentür liegenden Steinblöcke soweit, daß ein
Knabe in das Innere gelangen konnte, der auch sofort
mit einer bemalten Modellhauswand in einer Hand und
einem über und über goldbelegten Wagenjoch in der an-
deren wieder herauskam. Man erweiterte die Öffnung
und Mr. Davis befand sich auf der Höhe von zwanzig
in den Fels gehauenen Stufen, die zu einer zweiten mit
Steinen blockierten Tür herabführten, die noch mit dem
ursprünglichen Bewurf und Siegeln behaftet war. Räuber
waren wohl kurz nach der Erbauung des Grabes einge-
drungen und hatten auf der Flucht die auf den Stufen ge-
fundenen Gegenstände liegen gelassen. — Am folgenden
Tage wurde das Grab in Gegenwart des zufällig in Luxor
anwesenden Prof. Maspero und des Duke of Connaught
ganz geöffnet; es war nicht groß und die Wände der
Kammer nicht geschmückt, aber von einem Ende zum
anderen war es mit den reichsten Schätzen des alten
Ägyptens gefüllt. Mit Gold inkrustierte Mumiensärge, ge-
waltige Alabastervasen von ausgezeichneter Form, Sessel
und Truhen mit Malerei und Vergoldung, ja ein Prunk-
wagen mit sechsspeichigen Rädern lagen auf dem Boden
herum. —
Die Grabkammer ist ungefähr 9 m lang und 4V2 m
breit, doch nicht höher als 21/» m. Links vom Eingang
standen die zwei großen schwarz- und goldbemalten
Sarkophage, in denen die Mumiensärge eines Mannes und
einer Frau aufbewahrt waren. Die letzteren waren doppelt,
der äußere Sarg ganz goldplattiert außer an der Stelle,
wo sich die realistisch dargestellten Köpfe der Verstorbenen
fanden, an der Innenwand war er silberblatt belegt. Bei
dem inneren Sarg war der innere Belag ebenfalls Gold-
blatt, die äußere Wand Goldinkrustation. Über einer zu
den Mumien gehörigen Goldmaske war ein schwarzer
Musselin- oder Kreppschleier gezogen. Die Inschriften
der Särge sowie die Funde zeigten, daß hier Yuaa
und Thuaa, die Eltern der Königin Tyi, der Gattin des
Pharaos Amenophis III. (1414—1379) und der Mutter des
großen Reformators Amenophis IV. (1383—1365) begraben
waren. Sie waren mesopotamischer Herkunft, wie man
schon aus den Tel-et-Amarna-Tafeln schloß und wie die
verschiedenartige Wiedergabe ihrer Namen in dem Grab
wegen der für die Ägypter schwierigen Schreibweise der
fremden Namen ergibt. Doch sagen die Inschriften nichts
über die Familie von Yuaa und Thuaa; ihre Tochter Tyi
hat sie mit königlichen Ehren bestatten lassen, vielleicht
den ägyptischen Aristokraten zum Trotz, welche die fremden
Eltern der Königin wohl bei Lebzeiten nicht voll ange-
sehen hatten. Auch die kurze Mitteilung, die Borchardt
der Berliner Akademie über diesen Fund (Sitzung vom
9. März) hat zukommen lassen, nennt die Königin Tyi von
niederer Herkunft, die Tochter eines Priesters.
Hinter den Särgen, am westlichen Ende des Grabes,
lagen große versiegelte, mit Wein oder Öl gefüllte Krüge,
ferner muschelförmige, schwarzbemalte Holztruhen mit in
schwarzen Krepp eingewickelten Fleischstücken gefüllt. Ein
reich bemalter und goldeingelegter Wagen für zwei Per-
sonen stand dabei, dessen Lederzeug wie heute gemacht
aussieht. Die vier canopischen Vasen aus Alabaster für
die Eingeweide der Verstorbenen sind von außerordent-
licher Arbeit; die Köpfe, welche als Deckel dienen, zeigen
besten Stil und sind doppelt, das heißt unter den Alabaster-
köpfen fanden sich noch solche von vergoldetem Gips.
Noch zwei andere kostbare Alabasterhenkelvasen standen
in einer Ecke. — Zahlreiche Kleinfunde sind zu bemerken:
Sandalen aus Papyrus oder gepreßtem Leder und mit Ver-
goldung; zallose Kästchen mit teilweise sehr großen
Ushabtins (Mumienfiguren) aus Holz, Alabaster, ja Gold
und Silber; bemalte Holzmodelle, Schachteln und Truhen,
darunter eine Kleidertruhe, die innen mit Papyrus ausge-
schlagen und abgeteilt war. Eine große Alabastervase und
ein mit Gold- und blauem Email geschmückter Stuhl tragen
die Namen von Amenophis III. und Thyi, ebenso eine
wie ein Tisch mit Beinen geformte Truhe. Fayencen,
Spiegel, Thronsessel mit Lehnen und verschiedenen darauf
angebrachten Darstellungen vervollständigen die Grabaus-
stattung. Ein dritte Bahre, die sich vorfand, läßt die Ver-
mutung aufkommen, daß noch eine weitere Grabkammer
erschlossen werden kann.
Obwohl viele Einzelobjekte, wie sie dieser Fund ans
Licht brachte, auch schon früher aus ägyptischen Gräbern
gezogen worden sind, so übersteigt er als Ganzes doch
in seiner Wichtigkeit jede bisher in Ägypten gemachte
Entdeckung, ob wir Kunst und Reichtum der Mumien-
särge und der Grabbeigaben oder die Verschwendung in
kostbaren Metallen betrachten. Der Wagen allein ist, was
seine Erhaltung und Formenschönheit betrifft, etwas ganz
einzig dastehendes. Dieser Fund wird nicht allein unsere
Ausgrabungen und Funde
410
Farbe sehr langsam trocknete, wurde dieselbe schon nach
zwei Tagen trocken, wenn Professor Ostwald dem Mohnöl
vor dem Anreiben der Farbe ein wenig in Terpentinöl
gelöstes ölsaures Mangan zugefügt hatte. »Überlegt man
schließlich, daß Litopon nicht giftig ist wie Bleiweiß, und
daß es ganz bedeutend wohlfeiler ist, so wird man zu-
gestehen, daß wirklich eine Summe von Gründen für den
Ersatz des Bleiweiß in der Kunstmalerei durch Litopon
spricht«. — Gegen das Litopon spricht nur ein Grund,
der in der Eigenschaft dieses Stoffes, in der Sonne grau
zu werden, liegt. Allein dieses Grau verschwindet im
Dunkeln wieder und tritt nur bei außerordentlich starker
Sonnenbeleuchtung auf. Da nun Ölgemälde überhaupt nicht
gemalt werden, um stundenlang den Sonnenstrahlen aus-
gesetzt zu werden und zudem in der Dunkelheit ein gutes
Mittel liegt, um Graufärbung zu beseitigen, so kann dieser
Einwand als unwesentlich angesehen werden. — Denkt
man dagegen an die zahlreichen Krankheiten, die im Maler-
gewerbe durch Bleiweiß hervorgerufen werden, dann muß
man froh sein, einen Stoff zu besitzen, der nicht nur Blei-
weiß vollkommen ersetzt, sondern in mancher Hinsicht
sogar übertrifft.
AUSGRABUNGEN UND FUNDE
Zu der neuesten Dürer - Entdeckung wird uns
aus München geschrieben: Wieder soll ein neuer A.
Dürer entdeckt sein, ein »Ecce homo« von 1524! Der
glückliche Besitzer soll in Offenburg leben. Nach der Beschrei-
bung und den Nebenumständen scheint es sich um das-
selbe Bild zu handeln, das schon einmal vor etwa zehn
Jahren hier spukte, und das trotz aller Reklame, die dafür
gemacht wurde, von allen Kennern alter Kunst sehr
energisch als ein Werk Dürers oder überhaupt als ein nam-
haftes Kunstwerk abgelehnt wurde.
Die neuen ägyptischen Funde aus der XVIII.
Dynastie: In der »Kunstchronik« vom 10. Februar habe
ich über den vorjährigen großen Statuenfund in Karnak
berichtet; und jetzt liegen mir in der »Biblia« ausführliche Be-
richte über einen neuen Fund von allererster Wichtigkeit
vor, der am 12. Februar 1905 durch Mr. Davis gemacht
worden ist, welcher ein Grab der XVIII. Dynastie aufge-
deckt hat, das seit der Zeit, als es belegt worden war, un-
berührt geblieben und noch mit den Schätzen gefüllt ist
aus der Periode, da Ägypten der Herr des Ostens und
die Quelle der Goldzufuhr der östlichen Welt war. Am
Sonntag den 12. Februar kamen Mr. Davis' Arbeiter zu
den Treppen eines Grabes, das mitten zwischen den
wohlbekannten Gräbern von Ramses IV. und Ramses XII.,
Könige der XX. Dynastie, lag. Man entfernte die vor
einer Felsentür liegenden Steinblöcke soweit, daß ein
Knabe in das Innere gelangen konnte, der auch sofort
mit einer bemalten Modellhauswand in einer Hand und
einem über und über goldbelegten Wagenjoch in der an-
deren wieder herauskam. Man erweiterte die Öffnung
und Mr. Davis befand sich auf der Höhe von zwanzig
in den Fels gehauenen Stufen, die zu einer zweiten mit
Steinen blockierten Tür herabführten, die noch mit dem
ursprünglichen Bewurf und Siegeln behaftet war. Räuber
waren wohl kurz nach der Erbauung des Grabes einge-
drungen und hatten auf der Flucht die auf den Stufen ge-
fundenen Gegenstände liegen gelassen. — Am folgenden
Tage wurde das Grab in Gegenwart des zufällig in Luxor
anwesenden Prof. Maspero und des Duke of Connaught
ganz geöffnet; es war nicht groß und die Wände der
Kammer nicht geschmückt, aber von einem Ende zum
anderen war es mit den reichsten Schätzen des alten
Ägyptens gefüllt. Mit Gold inkrustierte Mumiensärge, ge-
waltige Alabastervasen von ausgezeichneter Form, Sessel
und Truhen mit Malerei und Vergoldung, ja ein Prunk-
wagen mit sechsspeichigen Rädern lagen auf dem Boden
herum. —
Die Grabkammer ist ungefähr 9 m lang und 4V2 m
breit, doch nicht höher als 21/» m. Links vom Eingang
standen die zwei großen schwarz- und goldbemalten
Sarkophage, in denen die Mumiensärge eines Mannes und
einer Frau aufbewahrt waren. Die letzteren waren doppelt,
der äußere Sarg ganz goldplattiert außer an der Stelle,
wo sich die realistisch dargestellten Köpfe der Verstorbenen
fanden, an der Innenwand war er silberblatt belegt. Bei
dem inneren Sarg war der innere Belag ebenfalls Gold-
blatt, die äußere Wand Goldinkrustation. Über einer zu
den Mumien gehörigen Goldmaske war ein schwarzer
Musselin- oder Kreppschleier gezogen. Die Inschriften
der Särge sowie die Funde zeigten, daß hier Yuaa
und Thuaa, die Eltern der Königin Tyi, der Gattin des
Pharaos Amenophis III. (1414—1379) und der Mutter des
großen Reformators Amenophis IV. (1383—1365) begraben
waren. Sie waren mesopotamischer Herkunft, wie man
schon aus den Tel-et-Amarna-Tafeln schloß und wie die
verschiedenartige Wiedergabe ihrer Namen in dem Grab
wegen der für die Ägypter schwierigen Schreibweise der
fremden Namen ergibt. Doch sagen die Inschriften nichts
über die Familie von Yuaa und Thuaa; ihre Tochter Tyi
hat sie mit königlichen Ehren bestatten lassen, vielleicht
den ägyptischen Aristokraten zum Trotz, welche die fremden
Eltern der Königin wohl bei Lebzeiten nicht voll ange-
sehen hatten. Auch die kurze Mitteilung, die Borchardt
der Berliner Akademie über diesen Fund (Sitzung vom
9. März) hat zukommen lassen, nennt die Königin Tyi von
niederer Herkunft, die Tochter eines Priesters.
Hinter den Särgen, am westlichen Ende des Grabes,
lagen große versiegelte, mit Wein oder Öl gefüllte Krüge,
ferner muschelförmige, schwarzbemalte Holztruhen mit in
schwarzen Krepp eingewickelten Fleischstücken gefüllt. Ein
reich bemalter und goldeingelegter Wagen für zwei Per-
sonen stand dabei, dessen Lederzeug wie heute gemacht
aussieht. Die vier canopischen Vasen aus Alabaster für
die Eingeweide der Verstorbenen sind von außerordent-
licher Arbeit; die Köpfe, welche als Deckel dienen, zeigen
besten Stil und sind doppelt, das heißt unter den Alabaster-
köpfen fanden sich noch solche von vergoldetem Gips.
Noch zwei andere kostbare Alabasterhenkelvasen standen
in einer Ecke. — Zahlreiche Kleinfunde sind zu bemerken:
Sandalen aus Papyrus oder gepreßtem Leder und mit Ver-
goldung; zallose Kästchen mit teilweise sehr großen
Ushabtins (Mumienfiguren) aus Holz, Alabaster, ja Gold
und Silber; bemalte Holzmodelle, Schachteln und Truhen,
darunter eine Kleidertruhe, die innen mit Papyrus ausge-
schlagen und abgeteilt war. Eine große Alabastervase und
ein mit Gold- und blauem Email geschmückter Stuhl tragen
die Namen von Amenophis III. und Thyi, ebenso eine
wie ein Tisch mit Beinen geformte Truhe. Fayencen,
Spiegel, Thronsessel mit Lehnen und verschiedenen darauf
angebrachten Darstellungen vervollständigen die Grabaus-
stattung. Ein dritte Bahre, die sich vorfand, läßt die Ver-
mutung aufkommen, daß noch eine weitere Grabkammer
erschlossen werden kann.
Obwohl viele Einzelobjekte, wie sie dieser Fund ans
Licht brachte, auch schon früher aus ägyptischen Gräbern
gezogen worden sind, so übersteigt er als Ganzes doch
in seiner Wichtigkeit jede bisher in Ägypten gemachte
Entdeckung, ob wir Kunst und Reichtum der Mumien-
särge und der Grabbeigaben oder die Verschwendung in
kostbaren Metallen betrachten. Der Wagen allein ist, was
seine Erhaltung und Formenschönheit betrifft, etwas ganz
einzig dastehendes. Dieser Fund wird nicht allein unsere