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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 16.1905

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Simon, Karl: Das Kaiser Friedrich-Museum in Posen
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5901#0013

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9

Bücherschau

1 o

Christiansen, H. Herrmanns, A. Loges, Ludwig Noster,
Max Rabes, Zuloaga.

Den wertvollsten Bestandteil des Museums bilden
zweifellos die Kunstsammlungen des Gräflich Raczynski-
schen Familienfideikommisses mit ihren gegen zwei-
hundert Nummern, jene Sammlung des Grafen Athana-
sius Raczynski, die er in langjähriger Tätigkeit mit fein-
sinnigem Verständnis zusammengebracht hat. Da sie bis
vor kurzem einen Bestandteil der Berliner Königlichen
Nationalgalerie bildete, bis sie, zunächst auf dreißig
Jahre, dem Kaiser Friedrich-Museum zur Aufstellung
übergeben wurde, ist ihre Kenntnis in weiteste Kreise
gedrungen, so daß von einer näheren Charakterisierung
an dieser Stelle Abstand genommen werden kann.

Außer den eigentlichen Sammlungsräumen seien
noch genannt ein für etwa 140 Personen Platz bietender
Vortragssaal und ein Saal für wechselnde Ausstellungen,
der zur Zeit der Eröffnung eine Ausstellung für
moderne Wohnungskunst enthalten wird.

Ein Studienzimmer im Erdgeschoß mit kunstge-
schichtlicher Bibliothek und einer Sammlung von Vor-
legeblättern, für vierzig bis fünfzig Personen Raum ge-
während und auch abends zugänglich, soll Gewerbe-
treibenden und Kunstfreunden Gelegenheit geben, ihren
künstlerischen Gesichtskreis zu erweitern.

Besondere Erwähnung verdient gleichfalls noch
das Maleratelier, das dem nach Posen berufenen Maler
Karl Ziegler zur Verfügung gestellt ist, der zunächst
die Aufgabe hat, die Posener Zeichenlehrer künstlerisch
weiter zu fördern. Der in dieser Berufung zum Aus-
druck kommende Wunsch, künstlerisch schaffende
Kräfte in der Provinz ansässig zu machen, kann nur
mit aufrichtiger Freude begrüßt werden.

Bei der Beurteilung des Ganzen muß berücksich-
tigt werden, daß — abgesehen von der dem Museum
selbst nicht gehörenden Raczynskischen Gemäldegalerie
— ein älterer Kunstbesitz fast gar nicht vorhanden war,
sondern daß selbst der Grundstock erst geschaffen
werden mußte. Dem Mangel an einer älteren künst-
lerischen Kultur in Stadt und Provinz steht nun aber
eine selten rege Empfänglichkeit als Äquivalent gegen-
über, und die Gefahr einer auf dem Goldschatz alter
Kultur satt ausruhenden Fafnirexistenz, die in alten
Kulturzentren nicht überall überwunden worden ist,
ist hier ausgeschlossen.

»Sehet, das Neue
Findet uns neu.«

Die Aufgaben des Museums, deren Lösung frei-
lich die andauernde Opferwilligkeit aller in Betracht
kommenden Faktoren erfordert, ergeben sich aus dem
Bisherigen von selbst: die Sammlung von natur-
wissenschaftlichen Objekten, Altertümern der Vor-
geschichte und der Kulturgeschichte und des ein-
heimischen Kunstgewerbes; Ergänzung der allge-
meinen kunstgewerblichen Sammlung, weniger mit
Rücksicht auf historische Vollständigkeit als auf künst-
Jr'sche Anregungskraft, die fruchtbar wird für Auf-
gaben der Gegenwart. In der sogenannten großen

Kunst eine Sammeltätigkeit gleichfalls weniger von
historischen Gesichtspunkten als von der Rücksicht
auf die Geschmacksbildung geleitet; vor allem ein
Fühlungsuchen mit der modernen Produktion in
Plastik, Malerei und besonders im Kunstgewerbe,
für das Posen fast noch Neuland bedeutet.

Das würde das Vermitteln des Anschlusses einer
ausgedehnten und — wenn nicht alles trügt — zu-
kunftsreichen Provinz an die große künstlerische Be-
wegung der Gegenwart bedeuten, das Einbeziehen
eines bisher fast abgestorbenen Gliedes in die Blut-
zirkulation des Gesamtorganismus, dem selbst dadurch
vielleicht ein erhöhter Pulsschlag mitgeteilt wird.

BÜCHERSCHAU
Jahrbuch für Photographie und Reproduktions-
technik für das Jahr 1903. Unter Mitwirkung hervor-
ragender Fachmänner herausgegeben von Hofrat Dr.
Josef Maria Eder. 17. Jahrgang. Mit 220 Abbildungen
im Text und 27 Kunstbeilagen. Halle a. S., Verlag von
Wilhelm Knapp. Preis 8 M.

Das Edersche Jahrbuch ist für die Freunde der Photo-
graphie, für Fachmänner und Laien, eine unerschöpfliche
Fundgrube der Belehrung und Unterhaltung. Die jährliche
Ausbeute ist auf keinem Felde so ergiebig, die Elektro-
technik vielleicht ausgenommen, als auf dem der photo-
graphischen Arbeits- und Vervielfältigungskunst. Es kann
uns daher nicht Wunder nehmen, wenn sich über ein
halb Hundert Mitarbeiter, darunter die Besten auf diesem
Gebiete, mit über siebzig Originalbeiträgen in den Dienst
des Jahrbuches stellten, eine Anzahl, die selbst vor dem
Versuche einer klassifizierenden Umschau zurückhält. Wir
entnehmen der Fülle des Stoffes darum nur einige Proben:
Stereoskopische Photographie in natürlicher Größe, Num-
merierung der Blenden, telephotische Linsen, das Photo-
graphieren seltener Wolkenformen, eine Reihe Aufsätze
über den Dreifarbendruck, neue Methoden der Objektiv-
prüfung, Die Nachwirkung des Lichtes in der Schicht und
sein Nachklingen im Auge (die Behauptung, die Netzhaut
des Auges heiße »Retina«, weil sie das Licht im Auge
»zurückhält <, ist wohl nur als ein gut angebrachter Sprach-
scherz aufzufassen). Einzelne Aufsätze behandeln brennende
Fragen und Probleme benachbarter Gebiete, z. B. über
Apparate für Lichttelephonie, über Lichtstrahlen und Rönt-
genstrahlen als Heilmittel. Der eigentliche Jahresbericht
über die Fortschritte der Photographie und Reproduktions-
technik zeugt von dem Bienenfleiß der sammelnden Mit-
arbeiter; er nimmt weit über die Hälfte des stattlichen
Bandes ein und erstreckt sich über Geschichte und Unter-
richtswesen, über Theorie und Praxis auf dem ganzen
Gebiete. Von Interesse für Fachleute wie für Liebhaber
sind hier außer neuen Apparaten besonders die zahlreichen
Rezepte, Winke und Ratschläge zum Fixieren, Verstärken,
Abschwächen, Retouchieren, Kolorieren und Vergrößern,
sowie zur Anfertigung von allerhand Drucken, von Kine-
matographien und Galvanos. Ausführliche Register er-
leichtern das Nachschlagen. Die Kunstblätter, unter denen
sich Drei- und Vierfarbendrucke befinden, sind zumeist
redende Zeugen der emsigen Arbeit und des stetigen Vor-
dringens nach dem Ziele,immer Vollkommeneres zu schaffen.

L.

Unter dem Titel »The golden age of classic Chri-
stian Art« erscheint demnächst bei Duckworth & Co. in
London ein von Dr. J. Paul Richter und A. Cameron Taylor
verfaßtes Werk, das die Mosaiken in der Kirche S. Maria
Maggiore in Rom zum Gegenstand der kritischen Unter-
 
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