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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 16.1905

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Schumann, Paul: Fünfter Tag für Denkmalpflege
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https://doi.org/10.11588/diglit.5901#0025

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstr. 13

Neue Folge. XVI. Jahrgang

1904/1905

Nr. 3. 28. Oktober

monaten ] ^.U"?tchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kunstgewerbeblatt, monatlich dreimal, in den Sommer-
Kunst, erh 1» September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 33 Nummern. Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende
laeshandl d'e Kunstcnronil< kostenfrei. — Für Zeichnungen. Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und Ver-
die dreisn"?? °!währ- Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13. Anzeigen 30 Pf. für
_ faltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

FÜNFTER TAG FÜR DENKMALPFLEGE

Dem diesjährigen Tag für Denkmalpflege, der zu
Mainz am 26. und 27. September stattfand, haben
1 Zeitungen nachgesagt, er habe keinerlei Bedeutung

gehabt, weil

man die wichtigsten Tagesfragen von

der Tagesordnung abgesetzt und nur akademisch
diskutiert habe. Es sind deshalb auch fast nirgends
ausführliche Berichte über den Tag erschienen.

Richtig ist, daß alle auf Mainz bezüglichen Fragen
der Denkmalpflege (darunter die Erneuerung des kur-
fürstlichen Schlosses nebst der Ausgestaltung seiner
Umgebung, sowie die Freilegung der Paradiesespforte
am Mainzer Dom) nicht auf der Tagesordnung zu
finden waren; es wäre aber immerhin recht wichtig
und anregend gewesen, an einem praktischen, vor
aller Augen liegenden Beispiele die Frage der Denk-
malpflege zu erörtern. Richtig ist auch, daß die
Frage der Erneuerung des Otto Heinrichs-Baues am
Heidelberger Schloß vom Vorsitzenden trotz mehr-
maligen Antrags nicht auf die Tagesordnung gesetzt
worden ist. Indes ganz verfehlt ist die Erwartung
Wildenbruchs und anderer, der Tag für Denkmalpflege
würde unter allen Umständen einen flammenden
Protest gegen die neuerliche Behandlung des Heidel-
berger Schlosses eingelegt haben. Wer das erwartet,
macht sich einen falschen Begriff von dem Denkmal-
pflegetage. Der Tag setzt sich zusammen aus
Architekten und Kunsthistorikern (Konservatoren,
Museumsdirektoren, Professoren an Universitäten und
technischen Hochschulen) sowie Laien und Kunst-
freunden (Vertretern von staatlichen und städtischen
Behörden) usw. Bei gewissen Fragen stehen nun
am Denkmalpflegetage zwei Parteien hart gegen-
einander: die Architekten, die unter allen Umständen
bauen wollen, und die Kunsthistoriker, die nur er-
halten, nicht aber ausbauen wollen. Daß der Tag
für Denkmalpflege bei solchen Fragen keineswegs zu
einem einheitlichen Beschluß, geschweige denn zu
einem flammenden Protest kommen kann, haben die
bisherigen Tage zur Genüge gezeigt, nicht am
wenigsten der Erfurter Tag, an dem die Debatte über
den Ausbau des Meißener Domes zu einem wüsten
Gezänk ausartete. Freunde solcher Debatten mögen
den Bericht über den Tag nachlesen, in dem alle
Heden und Äußerungen, darunter die besonders lehr-

reichen des Oberbaurats Schäfer, wörtlich wieder-
gegeben sind.

Der Ausschuß des Tage für Denkmalpflege hat
nun die Heidelberger-Schloß-Frage auf die Tages-
ordnung der nächsten Tagung in Bamberg gesetzt.
Es wurde versichert, damit sei noch nichts verloren,
denn die badischen Stände haben für den Otto
Heinrichs-Bau noch kein Geld bewilligt und sie
werden auch vor dem nächstjährigen Denkmalpflege-
tag nicht versammelt sein. In diesem aber sollen
alle Kunsthistoriker, Architekten usw., die zu der Frage
Stellung genommen haben, besonders eingeladen
werden. Wir halten es aus mancherlei Gründen nicht
für unmöglich, daß nächstens einmal unversehens
um die Schauseite des Otto Heinrich-Baues eine
»schützende« Bretterwand errichtet wird, weil vielleicht
eine der freistehenden Figuren droben vom Sims
herabfallen könnte und das Haftpflichtgesetz die ver-
antwortlichen Behörden schreckt oder aus ähnlichen
Gründen, welche dem von höchster Stelle gewünschten
Ausbau Vorschub zu leisten geeignet sind. Trotzdem
ist der Beschluß des Ausschusses des Tages für Denk-
malpflege richtig und wohlerwogen.

Ungerecht ist auch der letzte Vorwurf, den man
dem Ausschuß des Tags für Denkmalpflege machte: er
habe sich gescheut, über die Veränderung des Berliner
Opernhauses zu sprechen. Diese Frage stand in der
Tat auf der Tagesordnung: aber der Berichterstatter
Professor Peter Walle starb wenige Tage vor der
Mainzer Tagung, und aus der Versammlung meldete
sich trotz der Aufforderung des Vorsitzenden niemand,
der die Verhandlung eingeleitet hätte. Daraus dem
Tage einen Vorwurf zu machen, wie es Wildenbruch
tut, ist wiederum ungerechtfertigt. Denn die Verhand-
lung hätte bei der Zusammensetzung nur dann Sinn
und Zweck gehabt, wenn der einleitende Bericht die
Frage mit voller Gründlichkeit und Sachkenntnis be-
handelt hätte. Wer soll das aus dem Stegreif tun?

Fragen wir nun nach den wirklichen Ergebnissen
des Tages, so ist folgendes zu berichten. Bei der
Aussprache über die Vorbildung für die Denkmal-
pflege handelte es sich im wesentlichen um die Frage,
ob die technischen Hochschulen dabei den Universi-
täten ebenbürtig seien. Professor Dehio-Straßburg
hatte im vorigen Jahre diese Frage verneint, Geheimer
Hofrat von Öchelhäuser bejahte sie, ebenso Professor
Neuwirth-Wien. Öchelhäuser sagte zum Schluß:
 
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