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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 16.1905

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Schmidt, Karl Eugen: Die Pariser Salons
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Wolf, August: VI. internationale Kunstausstellung in Venedig
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https://doi.org/10.11588/diglit.5901#0204

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VI. internationale Kunstausstellung in Venedig

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dann ein Bild von ihm, das vom französischen Staate
gekauft wurde und jetzt im Luxembourg hängt: eine
Szene aus einem modernen Kriege, nach der Schlacht,
graue Landschaft, zerschossene Bäume, tote Pferde
und Soldaten, im Vordergrunde ein angeschossener
Schimmel, auf dessen Rücken ein toter oder tot-
wunder Soldat hängt. Das Ganze außerordentlich
ergreifend und packend in der Stimmung und aus-
gezeichnet in der Farbe, rote Uniformen in grau-
grüner Landschaft. Also durchaus verschieden von
seinem ersten Bilde. Jetzt kommt er wieder mit etwas
ganz anderem, das in seiner Art wiederum ausge-
zeichnet ist: auf dem flachen Dache eines New Yorker
Hotels sitzen am Abend beim Scheine des Mondes
und der elektrischen Lichter zwei Herren im Frack
und zwei Damen in Balltoilette beim Souper, die
Wolkenkratzer, deren Fenster zum Teil beleuchtet
sind, ragen am Himmel auf, elektrische Scheinwerfer
senden ihr fahles Licht über die Dächer und Haus-
mauern, das Ganze ist gebadet in einem bleichen
Scheine miteinander kämpfender Lichter. Im alten
Salon ist das ohne jeden Zweifel das interessanteste
Bild, und ich glaube, daß es überhaupt das beste
Pariser Bild des Jahres ist.

Was ich nach Hoffbauer noch nennen könnte,
weiß ich wirklich nicht. Wozu soll es dienen, wenn
ich Ihnen von dem großen dreiteiligen Bilde erzähle,
das Detaille für das Pantheon gemalt hat und das
dieses große buntscheckige Bilderbuch des franzö-
sischen Ruhmes in der trivialsten und unkünstlerisch-
sten Weise vervollständigen wird? Was soll ich von
den Bildnissen Bonnats, Ferriers, Cormons erzählen,
was von Bail, Henner, Hebert, Humbert? Steigen
wir lieber hinunter zur Skulptur, wo freilich auch
nicht sehr viel zu sehen ist. Wenn ich den »Sommer«
von Hippolyt Lefebvre genannt habe, eine moderne
Frauengestalt mit breitem Strohut, den Sonnenschirm
in der Hand, ist auch hier ungefähr das Wichtigste
erwähnt. An langweiligen Denkmälern und nicht
weniger langweiligen nackten Damen, denen man
nach Belieben irgend einen mythologischen oder
allegorischen Namen gibt, ist natürlich kein Mangel,
ebensowenig an mittelmäßigen, schlechten und auch
guten Büsten, aber nichts packt uns, hält uns fest,
zwingt sich uns auf. Es mag sein, daß die Skulptur
besser ist als die Malerei, aber auch hier überwiegt
die akademische Langeweile dermaßen, daß der Be-
sucher erleichtert aufatmet, sobald er die Halle ver-
lassen hat und wieder die frische Luft der Champs
Elysees schöpft, wo Bäume grünen und Vögel
zwitschern. KARL EUGEN SCHMIDT.

VI. INTERNATIONALE KUNSTAUSSTELLUNG IN
VENEDIG

Am 26. April fand unter den üblichen Feierlich-
keiten die Eröffnung der Ausstellung statt. Daß man
auswärts solche für wichtig hält, bewies die große
Anzahl bedeutender Künstler der Gegenwart, welche
der Feier anwohnten. Die Ausstellung zeichnet sich
vor den vorangegangenen dadurch aus, daß die Räume,

welche die Kunstgegenstände der verschiedenen Na-
tionen enthalten, jedesmal von abgeordneten Künstlern
einer jeden Nation ausgeschmückt wurden, sowie die
Säle der italienischen Provinzen von den hervor-
ragendsten Künstlern dieser ihre Dekoration erhielten.
Die Einheit ist nicht wesentlich gefährtet worden,
denn allüberall begegnen wir gleichmäßig dem über-
triebensten Luxus der Ausstattung. Vor lauter ele-
ganter Ausstattung mit Tischen, Stühlen, Blumenvasen
und Fontänen usw. kommt man erst nach und nach
dazu, die Ausstellungsobjekte selbst zu würdigen.
Diese überfeine Ausstattung widerstrebt dem Ernste
der Kunst. Doch ist ja diese selbst an einem Punkte
angelangt, wo in vielen Fällen aller Ernst aufhört.
Mehr als je macht sich der schreiende Kontrast fühl-
bar zwischen diesem überfeinen Luxus und der oft
entsetzlichen Roheit der Technik des Ausgestellten:
Sind doch die Wände der ungarischen Abteilung
eitel Gold! Eine solch pomphafte Fassung dürfte nur
Juwelen umschließen. Wenn dagegen solche Aus-
stattung eine Veredelung der Technik zur Folge haben
sollte, so sei sie mit Freuden begrüßt und möge
überall Mode werden.

Am wenigsten leidet die deutsche Abteilung unter
der erwähnten Übertreibung. Gabriel Seidl hat es
verstanden, etwas zu schaffen, was mustergültig für
kleinere Ausstellungsräume werden dürfte. Große
Vornehmheit der Formen, was leider von den Bildern
der Mehrzahl nach nicht gerühmt werden kann. Der
letzte Rest von Vornehmheit, von edler Empfindung
ist abgestreift. Man malt meist nur noch große
Skizzen. Um jeden Preis sollen die hingebürsteten
Farbenmassen Genialität dokumentieren.

Von den in Deutschland am meisten geschätzten
Meistern nennen wir v. Uhde, L. Dettmann, C. Her-
terich, Slevogt, Stuck, Graf Kalckreuth, H. Zügel (mit
einer ganzen Reihe von kleineren Studien) und O.
Greiner. Die Leistungen der genannten Künstler sind
an dieser Stelle so oft und zum Teil sehr eingehend
gekennzeichnet worden, so daß wir sie diesmal, ohne
ihnen nahe zu treten, übergehen können.

Der einfachste aller Säle ist der englische, alles
einfach grau in grau, vier dekorative Wandgemälde
von Brangwyn sind der einzige Schmuck; die höl-
zernen, erschreckend eckigen, ungepolsterten Bänke
nicht sehr einladend. Auf den ersten Blick nüchtern,
wird uns bald gewahr, daß dieser Raum die feinst-
gestimmtesten Gemälde birgt, wie das große Frauen-
porträt von Greiffenhagen, die Daphne von Hacker,
oder die Stimmungslandschaften von East. Anderen
bedeutenden englischen Bildern begegnen wir in den
internationalen Sälen, z. B. dem bedeutenden Bilde
von B. Shaw: »Amor als Welteroberer« oder den
feinen Porträts von Lavery. Auch einem kleinen
Bilde von Watts: »Endymion« gebührt Aufmerksam-
keit. Der von den Schweden dekorierte Saal empfängt
uns mit einem wahren Strom an Helligkeit und Licht
und feiner Dekoration. Es fallen zunächst Zorns
prächtige Gemälde auf, besonders eine kleine Nackte,
welche sich leuchtend wie eine Perle auf weißer
Leinwand wälzt, eine weitere Nackte im Schatten
 
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