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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 16.1905

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Literatur / Verschiedenes
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https://doi.org/10.11588/diglit.5901#0273

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstraße 13

Neue Folge, XVI. Jahrgang 1904/1905 Nr. 33. 29. September

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kunstgewerbeblatt« monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 33 Nummern. Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende
Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und
Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13. Anzeigen 30 Pf. für
die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Mosse usw. an.

Die nächste Nummer der Kunstchronik erscheint am 13. Oktober.

Der literarische Teil dieser Nummer enthält folgende Besprechungen:

Referent:







.....Walter Bombe.



.....G. Pauli.



.....P. J. Ree.



. . . . G. Biermann.



.....W. Suida.



| H. Bergner.







.....Georg Gronau.



.....G. Pauli.







.....R. Graul.

Dresdener Jahrbuch 1905. Beiträge zur bildenden Kunst. Herausgegeben von Dr. Karl

Koetschau und Dr. Fortunat

Schubert-Soldern.

REMBRANDT-LITERATUR

Man bereitet sich vor auf die hoffentlich würdige Feier
des dreihundertjährigen Geburtstages Rembrandts, und
allerseits hört man von neuen Biographien und kritischen
Betrachtungen, dem großen Meister gewidmet, welche er-
scheinen sollen. Bald wird die Rembrandtliteratur nicht
mehr zu überwältigen sein. Und das, trotzdem Vosmaer,
Bode, Michel, kürzlich noch Neumann in seiner Art, diesen
Heros in umfangreichen Werken gewürdigt haben. Nach
Bodes, den Gegenstand fast erschöpfenden Schriften wird
es wirklich nicht leicht, über Rembrandt noch wesentlich
Neues und Wissenswertes zu schreiben. Trotzdem scheinen
viele dazu den Mut zu haben. So erschien kürzlich eine
neue Auflage eines eigentümlichen Büchleins von Mulher,
das den stolzen Titel trägt: Rembrandt, ein Künstlerleben1).
Auf fünfzig Seiten glaubt der Verfasser uns ein solches
geboten zu haben; und wie und was bietet er uns! Fast
auf jeder Seite treffen wir auf Aussprüche, die entweder
direkt unrichtig sind und uns ein Fragezeichen dahinter
stellen lassen, oder aber eines Meisters wie Rembrandt,
Meisterwerken wie seinen Schöpfungen, unwürdig sind.

Ich gebe nur eine kleine Auswahl und überlasse es
dem Leser, sich darnach ein Urteil über dieses Machwerk
zu bilden.

Gleich im Anfange heißt es: Rembrandt war der erste
freie Künstler. (Im Gegensatz zu anderen Künstlern, die
auf Bestellung arbeiteten.) Waren nicht die meisten hol-
ländischen Künstler seiner Tage solche freie Künstler! Hat
dagegen Rembrandt selbst nicht auch mehrfach auf Be-

1) Von Richard Muther. Mit 30 Abbildungen. E. Flei-
sche! & Co., Berlin.

Stellung gearbeitet? Sogar für den Prinzen von Oranien,
für die Chirurgengilde, für die Stadt, für die Schützen, für
die vornehmen Herren und Damen, welche auch er por-
trätieren mußte?

Seite 3 heißt es dann, daß Rembrandt von dem Hügel,
weit draußen im freien Feld, worauf seines Vaters Wind-
mühle stand (woher dieser Irrtum? wissen wir doch genau,
wo diese Mühle auf dem Stadtwalle stand), in das flache
Land geblickt hat, während pantheistische Gedanken seinen
Kopf durchschwirrten (!!!). Und kühn setzt der Verfasser
nur das eine Wort hinzu: Spinoza! Was soll das? Ich
möchte wissen, aus welchen Arbeiten des Meisters diese
pantheistischen Gedanken hervorgehen? Kurz nachher
wird Rembrandt »Barockmaler« genannt. Was hat Rem-
brandt mit dem Barock zu tun, fragen wir erstaunt. Wohl
kaum stand ein Meister dem Barock ferner als Rembrandt!

Besonders gerne weilt der Verfasser bei dem Ge-
schlechtsleben des Künstlers. Gleich bei seiner endgültigen
Niederlassung in Amsterdam sagt er: »Stark sinnlich und
jung, stürzte er sich wollüstig in den Strudel. Eine Anzahl
von Radierungen . . . geben von seinem Geschlechtsleben
in fast rüpelhafter Weise Kunde.« Wenn man einigermaßen
vertraut ist mit dem holländischen Leben des 17. Jahr-
hunderts, mit der Malerei und besonders der Literatur
jener Tage, kann man sich über die paar mehr oder weniger
obszönen Blätter Rembrandts nicht so entrüsten. Und wir
haben nicht einen einzigen Beweis für Rembrandts lockeres
Leben, als er sich in Amsterdam niederließ. Im Gegenteil,
er hätte kaum die vornehme Saskia van Ulenborch heim-
führen können, wenn er es damals so toll getrieben. Und
ist es nicht unwürdig, dabei zu schreiben: »faire fortune
war der Wahlspruch, der sein Tun beherrschte«. Kaum
 
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