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Personalien — Sammlungen
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Der Fall berührt in Hamburg sehr schmerzlich, weil As-
mussen für einen Mann von Talent galt.
PERSONALIEN
Adolf von Menzel hat am 8. Dezember in bekannter
Rüstigkeit seinen 89. Geburtstag gefeiert. Bei seinem Ein-
tritt in das 90. Lebensjahr haben ihn gewiß unzählige
stille Segenswünsche begleitet.
Carolus-Duran ist zum Nachfolger des jüngst ver-
storbenen Direktors der Ecole de France in Rom erwählt
worden.
Aus der von uns schon mitgeteilten simplen Tatsache,
daß an Stelle des in den Ruhestand tretenden Professors
Tautenhayn der Medailleur Rudolf Marschall zum Pro-
fessor an der Wiener Akademie ernannt worden ist, ist in
Wien ein ungeheurer Sturm entstanden, der vielleicht den
bisherigen Dezernenten der staatlichen österreichischen
Kunstverwaltung, Hofrat Ritter vonWiener, umreißen wird.
Zuerst heimlich, dann etwas lauter und schließlich im
Reichsrat in hitzigen Brandreden wurde nämlich folgendes
kund getan: Tautenhayn, der noch nicht das gesetzliche
Alter ganz erreicht hat, hat sich nicht freiwillig pensionieren
lassen, sondern die Akademie hat ihn dazu mehrmals und
dringend aufgefordert. Diese Aufforderung hat die Aka-
demie unter dem Zwange des genannten Dezernenten im
Ministerium erlassen. Zur Wiederbesetzung der Stelle hat
die Akademie Herrn Marschall nicht nur nicht vorgeschla-
gen, sondern wiederholt abgelehnt. Der Dezernent be-
stimmte aber trotzdem Marschall zum Professor. Eine
solche Protektionswirtschaft zugunsten seiner Freunde soll
aber, wie Herrn von Wiener vorgeworfen wird, bei ihm
nicht von heute und gestern an der Tagesordnung sein;
die einzelnen Fälle wurden im Reichsrat detailliert. Die
Erregung in Wien dauert noch fort und man kann auf
den Ausgang der Angelegenheit, in der viel persönlicher
Klatsch an die Oberfläche getreten ist, gespannt sein.
SAMMLUNGEN
Das Gebäude der neuen ungarischen National-
galerie in Budapest ist fast vollendet und man ist schon
mit den Umzugsarbeiten beschäftigt. Die Galerie der alten
Meister (die sogenannte Esterhazy-Galerie) ist noch in den
alten Akademieräumen verblieben und soll im März um-
ziehen. Dagegen lagern schon in dem neuen Gebäude
die ganze Abteilung der modernen Bilder und das Depot
der alten Gemälde. In diesem, meist aus jüngeren An-
käufen bestehenden, aus Platzmangel bisher noch nicht
gezeigten Vorrat befinden sich einige äußerst interessante
Stücke, z. B. zwei merkwürdige allegorische Frauengestalten
von Francesco Cossa. Im allgemeinen ist die Budapester
Galerie in Deutschland viel zu wenig bekannt und sie
pflegt, wenn von den großen Schatzkammern alter Meister
gesprochen wird, bei uns kaum erwähnt zu werden; wer
aber die Budapester Galerie öfters zu durchwandern Ge-
legenheit hatte, ist eines Besseren belehrt. — Das neue
Galeriegebäude liegt im Stadtwäldchen am Ende der groß-
artigen Andrassystraße. Eine breite Freitreppe teilt im
Innern den Flügel der alten Meister von dem der modernen.
Die Säle der alten Meister sind etwas höher als beim
Berliner Kaiser Friedrich-Museum. Die bekannte An-
ordnung großer Oberlichtsäle im Innern und kleiner Kabi-
nette an den Fensterwänden ist beibehalten. Bemerkens-
wert bei den Kabinetten ist, daß man hier zwar ebenfalls
wie beim Berliner Museum die Ecken der dem Fenster
gegenüberliegenden Wand abgeschrägt hat und auf diesen
gegen die Lichtquelle im schrägen Winkel stehenden
Flächen die am besten beleuchteten Plätze für die Haupt-
stücke geschaffen hat. Aber man hat diese Abschrägung
wesentlich größer als in Berlin genommen, so groß, daß
die dem Fenster gegenüberliegende Rückwand überhaupt
nur noch für ein einziges kleines Bild Platz läßt. Da die
Rückwand der Kabinette immer am meisten spiegelt, so
wird auf diesen Platz das mindest wichtige Bild gehängt
werden. Die Kabinette haben auf diese Weise ein eigen-
tümlich zugespitztes Aussehen bekommen, das zunächst
überrascht, sich aber wahrscheinlich als sehr praktisch er-
weisen wird. Einschalten wollen wir hier, daß wir neu-
lich in der Bremer Kunsthalle sahen, wie dort die Seiten-
kabinette zwar glatt viereckig gebildet sind, daß aber die
beiden Seitenwände niemals rechteckig parallel stehen,
sondern in einem leisen spitzen Winkel gegen die Rück-
wand zulaufen. — Für die Wände hat man auch in Buda-
pest wie in Berlin zu einem schablonierten Leinenstoff ge-
griffen. Als Grundfarbe ist im wesentlichen ein warmes,
etwas ins Oliv gehendes Braun und ein sehr stumpfes Rot
gewählt. Die Muster wechseln in den einzelnen Sälen,
sind aber sehr diskret gehalten; man hat je nach der Epoche
der Kunstwerke, welche in den Sälen hängen, charakteri-
stische Ornamente aus Gemälden herausgezeichnet. Die
Verbindungsportale sämtlicher Säle sind in rotem Marmor
ausgeführt; diese Portale haben uns eigentlich am wenigsten,
sowohl in der Farbe, wie in der Form gefallen, etwas mehr
Kunst und Nüancierung wären hier vielleicht am Platze ge-
wesen (vergl. Berlin). — Die moderne Abteilung der Galerie
wird auch für Budapest eine vollständige Überraschung wer-
den, denn bisher war ein Raum für moderne Bilder im alten
Akademiegebäude nicht zur Verfügung und so hat die ganze
moderne Budapester Galerie bisher nur im Magazin gelagert.
Diese Galerie ist ihrem wesentlichen Gesichte nach eine
wirklich »moderne«; die Leiter des Museums haben es in
einer außerordentlich geschickten Weise verstanden, in aller
Stille in den letzten zehn Jahren auf allen Ausstellungen
und Versteigerungen planmäßig sehr gut einzukaufen (nach
einigen uns bekannt gewordenen Preisen zum Teil auch
recht billig), so daß die ungarische Hauptstadt nun eine voll-
ständige Übersicht über die internationale moderne Kunst
besitzt. Als uns besonderes interessierende Stücke wollen
wir hier aufzählen: Uhdes Bergpredigt, Böcklins Kentaur
in der Schmiede, Lenbachs Selbstbildnis mit seinem
jüngsten Töchterchen (hervorragend schönes Exemplar)
und Leibis Bildnis des Malers Sperl. Gleichzeitig mit der
im Sommer erfolgenden Eröffnung soll der neue Katalog
der Galerie erscheinen, mit dessen Bearbeitung Herr Dr.
von Terey augenblicklich beschäftigt ist.
Um das Neapeler Museum wird lustig weiter ge-
kämpft. Die neueste Phase ist, daß ein Professor Gargano
dem derzeitigen Leiter der Umgestaltung, Adolf Venturi,
nichts weiter vorwirft, als daß durch falsche Temperatur
die Gemälde bersten und sich biegen, daß er rechteckige
Bilder in runde Rahmen stecke, daß er ein wunderbares
plastisches Werk des 15. Jahrhunderts vollständig vernichtet
habe und eine große Menge von alten Meistern durch un-
fähige Restauratoren ganz ruiniert hätte. Professor Venturi
hat, woran in Deutschland wohl niemand zweifeln wird,
alle diese Angaben als pure Bosheit und Verleumdung er-
klärt. Hoffentlich hören die Zänkereien endlich einmal
auf, denn der leidende Teil ist das Publikum, das nun
immer noch nicht zum Genüsse der Bilder kommt. Bis
auf ein paar Dutzend ausgestellter Bilder ist auch jetzt
noch die Pinakothek des Neapeler Museums unzugänglich.
In Paris ist in dem Museum der Stadt, das sich im
Petit Palais befindet, dieser Tage ein neuer Saal eröffnet
worden, der ausschließlich einer Sammlung von Steingut
und Tonbildnereien des früh verstorbenen Carries gewidmet
ist; das Museum verdankt diese Schenkung dem Architekten
Hoentschel.
Personalien — Sammlungen
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Der Fall berührt in Hamburg sehr schmerzlich, weil As-
mussen für einen Mann von Talent galt.
PERSONALIEN
Adolf von Menzel hat am 8. Dezember in bekannter
Rüstigkeit seinen 89. Geburtstag gefeiert. Bei seinem Ein-
tritt in das 90. Lebensjahr haben ihn gewiß unzählige
stille Segenswünsche begleitet.
Carolus-Duran ist zum Nachfolger des jüngst ver-
storbenen Direktors der Ecole de France in Rom erwählt
worden.
Aus der von uns schon mitgeteilten simplen Tatsache,
daß an Stelle des in den Ruhestand tretenden Professors
Tautenhayn der Medailleur Rudolf Marschall zum Pro-
fessor an der Wiener Akademie ernannt worden ist, ist in
Wien ein ungeheurer Sturm entstanden, der vielleicht den
bisherigen Dezernenten der staatlichen österreichischen
Kunstverwaltung, Hofrat Ritter vonWiener, umreißen wird.
Zuerst heimlich, dann etwas lauter und schließlich im
Reichsrat in hitzigen Brandreden wurde nämlich folgendes
kund getan: Tautenhayn, der noch nicht das gesetzliche
Alter ganz erreicht hat, hat sich nicht freiwillig pensionieren
lassen, sondern die Akademie hat ihn dazu mehrmals und
dringend aufgefordert. Diese Aufforderung hat die Aka-
demie unter dem Zwange des genannten Dezernenten im
Ministerium erlassen. Zur Wiederbesetzung der Stelle hat
die Akademie Herrn Marschall nicht nur nicht vorgeschla-
gen, sondern wiederholt abgelehnt. Der Dezernent be-
stimmte aber trotzdem Marschall zum Professor. Eine
solche Protektionswirtschaft zugunsten seiner Freunde soll
aber, wie Herrn von Wiener vorgeworfen wird, bei ihm
nicht von heute und gestern an der Tagesordnung sein;
die einzelnen Fälle wurden im Reichsrat detailliert. Die
Erregung in Wien dauert noch fort und man kann auf
den Ausgang der Angelegenheit, in der viel persönlicher
Klatsch an die Oberfläche getreten ist, gespannt sein.
SAMMLUNGEN
Das Gebäude der neuen ungarischen National-
galerie in Budapest ist fast vollendet und man ist schon
mit den Umzugsarbeiten beschäftigt. Die Galerie der alten
Meister (die sogenannte Esterhazy-Galerie) ist noch in den
alten Akademieräumen verblieben und soll im März um-
ziehen. Dagegen lagern schon in dem neuen Gebäude
die ganze Abteilung der modernen Bilder und das Depot
der alten Gemälde. In diesem, meist aus jüngeren An-
käufen bestehenden, aus Platzmangel bisher noch nicht
gezeigten Vorrat befinden sich einige äußerst interessante
Stücke, z. B. zwei merkwürdige allegorische Frauengestalten
von Francesco Cossa. Im allgemeinen ist die Budapester
Galerie in Deutschland viel zu wenig bekannt und sie
pflegt, wenn von den großen Schatzkammern alter Meister
gesprochen wird, bei uns kaum erwähnt zu werden; wer
aber die Budapester Galerie öfters zu durchwandern Ge-
legenheit hatte, ist eines Besseren belehrt. — Das neue
Galeriegebäude liegt im Stadtwäldchen am Ende der groß-
artigen Andrassystraße. Eine breite Freitreppe teilt im
Innern den Flügel der alten Meister von dem der modernen.
Die Säle der alten Meister sind etwas höher als beim
Berliner Kaiser Friedrich-Museum. Die bekannte An-
ordnung großer Oberlichtsäle im Innern und kleiner Kabi-
nette an den Fensterwänden ist beibehalten. Bemerkens-
wert bei den Kabinetten ist, daß man hier zwar ebenfalls
wie beim Berliner Museum die Ecken der dem Fenster
gegenüberliegenden Wand abgeschrägt hat und auf diesen
gegen die Lichtquelle im schrägen Winkel stehenden
Flächen die am besten beleuchteten Plätze für die Haupt-
stücke geschaffen hat. Aber man hat diese Abschrägung
wesentlich größer als in Berlin genommen, so groß, daß
die dem Fenster gegenüberliegende Rückwand überhaupt
nur noch für ein einziges kleines Bild Platz läßt. Da die
Rückwand der Kabinette immer am meisten spiegelt, so
wird auf diesen Platz das mindest wichtige Bild gehängt
werden. Die Kabinette haben auf diese Weise ein eigen-
tümlich zugespitztes Aussehen bekommen, das zunächst
überrascht, sich aber wahrscheinlich als sehr praktisch er-
weisen wird. Einschalten wollen wir hier, daß wir neu-
lich in der Bremer Kunsthalle sahen, wie dort die Seiten-
kabinette zwar glatt viereckig gebildet sind, daß aber die
beiden Seitenwände niemals rechteckig parallel stehen,
sondern in einem leisen spitzen Winkel gegen die Rück-
wand zulaufen. — Für die Wände hat man auch in Buda-
pest wie in Berlin zu einem schablonierten Leinenstoff ge-
griffen. Als Grundfarbe ist im wesentlichen ein warmes,
etwas ins Oliv gehendes Braun und ein sehr stumpfes Rot
gewählt. Die Muster wechseln in den einzelnen Sälen,
sind aber sehr diskret gehalten; man hat je nach der Epoche
der Kunstwerke, welche in den Sälen hängen, charakteri-
stische Ornamente aus Gemälden herausgezeichnet. Die
Verbindungsportale sämtlicher Säle sind in rotem Marmor
ausgeführt; diese Portale haben uns eigentlich am wenigsten,
sowohl in der Farbe, wie in der Form gefallen, etwas mehr
Kunst und Nüancierung wären hier vielleicht am Platze ge-
wesen (vergl. Berlin). — Die moderne Abteilung der Galerie
wird auch für Budapest eine vollständige Überraschung wer-
den, denn bisher war ein Raum für moderne Bilder im alten
Akademiegebäude nicht zur Verfügung und so hat die ganze
moderne Budapester Galerie bisher nur im Magazin gelagert.
Diese Galerie ist ihrem wesentlichen Gesichte nach eine
wirklich »moderne«; die Leiter des Museums haben es in
einer außerordentlich geschickten Weise verstanden, in aller
Stille in den letzten zehn Jahren auf allen Ausstellungen
und Versteigerungen planmäßig sehr gut einzukaufen (nach
einigen uns bekannt gewordenen Preisen zum Teil auch
recht billig), so daß die ungarische Hauptstadt nun eine voll-
ständige Übersicht über die internationale moderne Kunst
besitzt. Als uns besonderes interessierende Stücke wollen
wir hier aufzählen: Uhdes Bergpredigt, Böcklins Kentaur
in der Schmiede, Lenbachs Selbstbildnis mit seinem
jüngsten Töchterchen (hervorragend schönes Exemplar)
und Leibis Bildnis des Malers Sperl. Gleichzeitig mit der
im Sommer erfolgenden Eröffnung soll der neue Katalog
der Galerie erscheinen, mit dessen Bearbeitung Herr Dr.
von Terey augenblicklich beschäftigt ist.
Um das Neapeler Museum wird lustig weiter ge-
kämpft. Die neueste Phase ist, daß ein Professor Gargano
dem derzeitigen Leiter der Umgestaltung, Adolf Venturi,
nichts weiter vorwirft, als daß durch falsche Temperatur
die Gemälde bersten und sich biegen, daß er rechteckige
Bilder in runde Rahmen stecke, daß er ein wunderbares
plastisches Werk des 15. Jahrhunderts vollständig vernichtet
habe und eine große Menge von alten Meistern durch un-
fähige Restauratoren ganz ruiniert hätte. Professor Venturi
hat, woran in Deutschland wohl niemand zweifeln wird,
alle diese Angaben als pure Bosheit und Verleumdung er-
klärt. Hoffentlich hören die Zänkereien endlich einmal
auf, denn der leidende Teil ist das Publikum, das nun
immer noch nicht zum Genüsse der Bilder kommt. Bis
auf ein paar Dutzend ausgestellter Bilder ist auch jetzt
noch die Pinakothek des Neapeler Museums unzugänglich.
In Paris ist in dem Museum der Stadt, das sich im
Petit Palais befindet, dieser Tage ein neuer Saal eröffnet
worden, der ausschließlich einer Sammlung von Steingut
und Tonbildnereien des früh verstorbenen Carries gewidmet
ist; das Museum verdankt diese Schenkung dem Architekten
Hoentschel.