i67
Der Meister Anthoni des Heidelberger Kontrakts von 1558
168
als der Heidelberger Kontrakt von 1558, durch den
der anstelle des bislang beschäftigten Bildhauers Anthoni
getretene Alexander Colin aus Mecheln mit Arbeiten für
den Schloßbau betraut wird1). Noch heute hat man sich
nicht vollständig über alle Einzelheiten einigen können.
Aber es ist doch wenigstens gelungen, drei der in
dem Vortrag genannten Meister, Alexander Colin,
Kaspar Vischer und Jakob Heider, zu greifbaren
Künstlerpersönlichkeiten zu gestalten2). Vielleicht
nimmt sich nun einmal jemand auch des dort ebenfalls
erwähnten Hofmalers des Kurfürsten Otto Heinrich,
Hans Besser, an. Das eine oder das andere der
zahlreichen, mit H. B. signierten Gemälde, die jetzt
fast alle unter dem Namen des Hans Brosamer gehen,
wird ihm vielleicht zuzuteilen sein. Über den Meister
Anthoni, dessen Stelle Colin erhält, soll im folgenden
eine Aufklärung versucht werden.
Man hat lange genug hin und her geraten, wer
wohl dieser Anthoni sein könnte. Schließlich ist fast
jeder Künstler mit diesem Vornamen, wenn nur die
zeitlichen Verhältnisse halbwegs stimmten, irgend ein-
mal als der gesuchte Heidelberger vermutet worden.
Genannt seien hier vor allem zwei Theorien, diejenige
Oechelhäusers3), die den bekannten Erbauer des Brieger
Piastenschlosses, Antonio di Teodoro (um 1553), mit
unserem Meister identifiziert, und jene Huffschmids4),
der auf Anthoni van Helmont rät, der 1569 an der
Kanzel der Kirche zu Herzogenbusch arbeitete. Die
Untersuchungen Alts, der in seinem Aufsatz »Der
Meister des Otto Heinrichsbaues« eben diesen Meister
Anthoni direkt als Erbauer des Schlosses annimmt,
bringen über die Persönlichkeit des Künstlers keine
neuen Aufschlüsse; es wird nur angenommen, daß
er »ein Deutscher war, der in Oberitalien als Schüler
resp. Gehilfe in der plastischen Kunst beschäftigt ge-
wesen ist«5).
1) Erstmals veröffentlicht von Wirth im »Archiv für
Geschichte der Stadt Heidelberg, I, 1868, Seite 19. Neuer-
dings auch abgedruckt bei Haupt, Zur Baugeschichte des
Heidelberger Schlosses, Frankfurt a. M., 1902, Seite 9 und
Koßmann, Der Ostpalast, sogenannte »Otto Heinrichsbau«
zu Heidelberg, Studien zur deutschen Kunstgeschichte,
Heft 51, 1904, Seite 55.
2) Zu Alexander Colin vergleiche Schönherr, Alexander
Colin und seine Werke, Mitteilungen zur Geschichte des
Heidelberger Schlosses, 1887, II, Seite 53 ff. — Zu Kaspar
Vischer vergleiche meine Arbeiten: Die Kunst am Hofe der
Markgrafen von .Brandenburg, fränkische Linie, Studien
zur deutschen Kunstgeschichte, Heft 32, Straßburg, 1901,
Seite 15 ff.; und: Vom Ottheinrichsbau, Mitteilungen
zur Geschichte des Heidelberges Schlosses, 1902, IV,
Seite 139 ff. — Zu Jakob Heider vergleiche Zangemeister,
Ein Werkmeister des Kurfürsten Friedrich II., Mitteilungen,
1896, III, Seite 187 ff.; Koßmann a. a. O. Seite 53.
3) v. Oechelhäuser, Sebastian Götz, Mitteilungen, 1890,
II, Seite 220. Vergleiche auch Liibke, Geschichte der
Renaissance in Deutschland, Stuttgart, 1882, II, Seite 186.
4) Zur Geschichte des Heidelberger Schlosses, Neues
Archiv für die Geschichte der Stadt Heidelberg und der
rheinischen Pfalz, III, 1895, Seite 72.
5) Zeitschrift für bildende Kunst, XIX. Band, 1884,
Seite 105 ff.
Huffschmid hatte nun allerdings für seine Theorie
kaum eine andere Stütze, als die Übereinstimmung
der Namen. Ein Vergleich der Bildhauerarbeiten am
Heidelberger Schloß mit denen der Kanzel in Herzogen-
busch war wohl außerordentlich schwierig, schon
wegen der großen Verschiedenheiten der künstlerischen
Aufgabe und weiterhin vor allem auch deshalb, weil
ja Anthonis Anteil an der Fassade des Otto Heinrichs-
baues im Detail überhaupt nicht feststeht. Zudem
hatte man ja auch nicht den geringsten Anhaltspunkt
dafür, daß und ob jener Anthoni van Helmont über-
haupt in Deutschland je einmal gearbeitet hat.
Für diesen letzteren Punkt allerdings glaube ich
nun einen Beweis beibringen zu können. Lübke
beschreibt in seiner Geschichte der Renaissance in
Deutschland1) mehrere in Kpln befindliche Grabsteine,
die mit einem Monogramm A. v. H. und einem etwas
ungewöhnlichen Steinmetzzeichen bezeichnet sind. So
das Epitaph des 1539 verstorbenen Anton Kreyfeld
im nördlichen Chorumgang des Domes mit einem
Relief der Auferstehung Christi, umrahmt von Kande-
labersäulchen mit hübschen Widderkopfkapitälen.
Weiterhin im Dom ein Epitaph, »reich mit Pflanzen-
schmuck in den Pilastern, als Abschluß ein Giebel
mit Muschelfüllung, krönendes Laubwerk und Engel
mit den Marterwerkzeugen, im Hauptfelde Christus
am Ölberg betend.«
Ob dieses Denkmal mit dem des 1541 verstor-
benen Domdechants Reinhard von Westerburg an der
Säule zwischen der Engelbertus- und der Maternus-
kapelle2) identisch ist, vermag ich nicht zu sagen.
Auffallend ist immerhin, daß das Kölnische Künster-
lexikon nur das »Merkzeichen« des Meisters angibt,
ohne die Buchstaben A. v. H., die man nach Lübkes
Text dort vorfinden möchte. Es dürfte sich also doch
um zwei verschiedene Denkmäler handeln. Schließ-
lich hat sich im Dom noch ein Epitaph von der
Hand unseres Meisters erhalten, das Denkmal des
Hans Scherrerbritzen, das Lübke »um 1540« datiert.
Die Behandlung der Pilaster ist dieselbe wie bei dem
Stein mit der Ölbergszene; »auf der Tafel das edel
behandelte Relief des Gekreuzigten, der von den hei-
ligen Frauen und Johannes betrauert wird.«
Auch in St. Gereon begegnen wir dem gleichen
Meister; sein Monogramm findet sich an dem »hübschen,
kleinen« Epitaphium, das dem 1547 gestorbenen
Grafen Thomas von Rieneck an der Südwand der
Vorhalle errichtet wurde. »Statt des figürlichen Reliefs
enthält die Tafel nur eine Inschrift, aber eingerahmt
rings von zierlich behandelten Wappen; darüber ein
Aufsatz mit einem größeren Wappen, wiederum be-
krönt von einem Giebel mit Muschelfüllung, auf
welchem, von Laubwerk eingefaßt, ein jetzt zerstörter
Putto zwei kleine Wappen hält; das Ganze poly-
chromiert und von dekorativem Reiz«3).
Es dürfte wohl kaum zu gewagt sein, das Mono-
1) II, Seite 451.
2) Kölnische Künstler in alter und neuer Zeit, neu-
bearbeitet von E. Firmenich, Richartz und Russen, Düssel-
dorf 1895, Sp. 1141.
3) Lübke a. a. O. II, Seite 451.
Der Meister Anthoni des Heidelberger Kontrakts von 1558
168
als der Heidelberger Kontrakt von 1558, durch den
der anstelle des bislang beschäftigten Bildhauers Anthoni
getretene Alexander Colin aus Mecheln mit Arbeiten für
den Schloßbau betraut wird1). Noch heute hat man sich
nicht vollständig über alle Einzelheiten einigen können.
Aber es ist doch wenigstens gelungen, drei der in
dem Vortrag genannten Meister, Alexander Colin,
Kaspar Vischer und Jakob Heider, zu greifbaren
Künstlerpersönlichkeiten zu gestalten2). Vielleicht
nimmt sich nun einmal jemand auch des dort ebenfalls
erwähnten Hofmalers des Kurfürsten Otto Heinrich,
Hans Besser, an. Das eine oder das andere der
zahlreichen, mit H. B. signierten Gemälde, die jetzt
fast alle unter dem Namen des Hans Brosamer gehen,
wird ihm vielleicht zuzuteilen sein. Über den Meister
Anthoni, dessen Stelle Colin erhält, soll im folgenden
eine Aufklärung versucht werden.
Man hat lange genug hin und her geraten, wer
wohl dieser Anthoni sein könnte. Schließlich ist fast
jeder Künstler mit diesem Vornamen, wenn nur die
zeitlichen Verhältnisse halbwegs stimmten, irgend ein-
mal als der gesuchte Heidelberger vermutet worden.
Genannt seien hier vor allem zwei Theorien, diejenige
Oechelhäusers3), die den bekannten Erbauer des Brieger
Piastenschlosses, Antonio di Teodoro (um 1553), mit
unserem Meister identifiziert, und jene Huffschmids4),
der auf Anthoni van Helmont rät, der 1569 an der
Kanzel der Kirche zu Herzogenbusch arbeitete. Die
Untersuchungen Alts, der in seinem Aufsatz »Der
Meister des Otto Heinrichsbaues« eben diesen Meister
Anthoni direkt als Erbauer des Schlosses annimmt,
bringen über die Persönlichkeit des Künstlers keine
neuen Aufschlüsse; es wird nur angenommen, daß
er »ein Deutscher war, der in Oberitalien als Schüler
resp. Gehilfe in der plastischen Kunst beschäftigt ge-
wesen ist«5).
1) Erstmals veröffentlicht von Wirth im »Archiv für
Geschichte der Stadt Heidelberg, I, 1868, Seite 19. Neuer-
dings auch abgedruckt bei Haupt, Zur Baugeschichte des
Heidelberger Schlosses, Frankfurt a. M., 1902, Seite 9 und
Koßmann, Der Ostpalast, sogenannte »Otto Heinrichsbau«
zu Heidelberg, Studien zur deutschen Kunstgeschichte,
Heft 51, 1904, Seite 55.
2) Zu Alexander Colin vergleiche Schönherr, Alexander
Colin und seine Werke, Mitteilungen zur Geschichte des
Heidelberger Schlosses, 1887, II, Seite 53 ff. — Zu Kaspar
Vischer vergleiche meine Arbeiten: Die Kunst am Hofe der
Markgrafen von .Brandenburg, fränkische Linie, Studien
zur deutschen Kunstgeschichte, Heft 32, Straßburg, 1901,
Seite 15 ff.; und: Vom Ottheinrichsbau, Mitteilungen
zur Geschichte des Heidelberges Schlosses, 1902, IV,
Seite 139 ff. — Zu Jakob Heider vergleiche Zangemeister,
Ein Werkmeister des Kurfürsten Friedrich II., Mitteilungen,
1896, III, Seite 187 ff.; Koßmann a. a. O. Seite 53.
3) v. Oechelhäuser, Sebastian Götz, Mitteilungen, 1890,
II, Seite 220. Vergleiche auch Liibke, Geschichte der
Renaissance in Deutschland, Stuttgart, 1882, II, Seite 186.
4) Zur Geschichte des Heidelberger Schlosses, Neues
Archiv für die Geschichte der Stadt Heidelberg und der
rheinischen Pfalz, III, 1895, Seite 72.
5) Zeitschrift für bildende Kunst, XIX. Band, 1884,
Seite 105 ff.
Huffschmid hatte nun allerdings für seine Theorie
kaum eine andere Stütze, als die Übereinstimmung
der Namen. Ein Vergleich der Bildhauerarbeiten am
Heidelberger Schloß mit denen der Kanzel in Herzogen-
busch war wohl außerordentlich schwierig, schon
wegen der großen Verschiedenheiten der künstlerischen
Aufgabe und weiterhin vor allem auch deshalb, weil
ja Anthonis Anteil an der Fassade des Otto Heinrichs-
baues im Detail überhaupt nicht feststeht. Zudem
hatte man ja auch nicht den geringsten Anhaltspunkt
dafür, daß und ob jener Anthoni van Helmont über-
haupt in Deutschland je einmal gearbeitet hat.
Für diesen letzteren Punkt allerdings glaube ich
nun einen Beweis beibringen zu können. Lübke
beschreibt in seiner Geschichte der Renaissance in
Deutschland1) mehrere in Kpln befindliche Grabsteine,
die mit einem Monogramm A. v. H. und einem etwas
ungewöhnlichen Steinmetzzeichen bezeichnet sind. So
das Epitaph des 1539 verstorbenen Anton Kreyfeld
im nördlichen Chorumgang des Domes mit einem
Relief der Auferstehung Christi, umrahmt von Kande-
labersäulchen mit hübschen Widderkopfkapitälen.
Weiterhin im Dom ein Epitaph, »reich mit Pflanzen-
schmuck in den Pilastern, als Abschluß ein Giebel
mit Muschelfüllung, krönendes Laubwerk und Engel
mit den Marterwerkzeugen, im Hauptfelde Christus
am Ölberg betend.«
Ob dieses Denkmal mit dem des 1541 verstor-
benen Domdechants Reinhard von Westerburg an der
Säule zwischen der Engelbertus- und der Maternus-
kapelle2) identisch ist, vermag ich nicht zu sagen.
Auffallend ist immerhin, daß das Kölnische Künster-
lexikon nur das »Merkzeichen« des Meisters angibt,
ohne die Buchstaben A. v. H., die man nach Lübkes
Text dort vorfinden möchte. Es dürfte sich also doch
um zwei verschiedene Denkmäler handeln. Schließ-
lich hat sich im Dom noch ein Epitaph von der
Hand unseres Meisters erhalten, das Denkmal des
Hans Scherrerbritzen, das Lübke »um 1540« datiert.
Die Behandlung der Pilaster ist dieselbe wie bei dem
Stein mit der Ölbergszene; »auf der Tafel das edel
behandelte Relief des Gekreuzigten, der von den hei-
ligen Frauen und Johannes betrauert wird.«
Auch in St. Gereon begegnen wir dem gleichen
Meister; sein Monogramm findet sich an dem »hübschen,
kleinen« Epitaphium, das dem 1547 gestorbenen
Grafen Thomas von Rieneck an der Südwand der
Vorhalle errichtet wurde. »Statt des figürlichen Reliefs
enthält die Tafel nur eine Inschrift, aber eingerahmt
rings von zierlich behandelten Wappen; darüber ein
Aufsatz mit einem größeren Wappen, wiederum be-
krönt von einem Giebel mit Muschelfüllung, auf
welchem, von Laubwerk eingefaßt, ein jetzt zerstörter
Putto zwei kleine Wappen hält; das Ganze poly-
chromiert und von dekorativem Reiz«3).
Es dürfte wohl kaum zu gewagt sein, das Mono-
1) II, Seite 451.
2) Kölnische Künstler in alter und neuer Zeit, neu-
bearbeitet von E. Firmenich, Richartz und Russen, Düssel-
dorf 1895, Sp. 1141.
3) Lübke a. a. O. II, Seite 451.