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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 16.1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.5901#0188

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Sammlungen

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bleibt, mindestens im ganzen Querschiff durchgeführt war.
Haben sich doch bis heute in den Fensterleibungen des-
selben gleichartige Muster von gemaltem Steinmosaik er-
halten. Wie der Wandstreifen unterhalb der Fenster ge-
schmückt war, das läßt endlich die südliche Schmalwand
mit der Baroncellikapelle erkennen. Hier und am gegen-
überliegenden Ende des Querschiffes haben freilich schon
sehr früh einschneidende Änderungen des ursprünglichen
Bauplanes stattgefunden. Geplant war anscheinend auf
beiden Seiten eine von zwei kleinen Seitenbogen flankierte
hohe Bogenöffnung mit dahinter liegender großer, drei-
teiliger Kapelle. Die ersteren sollten durch vorgebaute
Orabmonumente geschmückt werden, denn so erklärt sich
am ungezwungensten das Vorhandensein je zweier sichtlich
als Gegenstücke gearbeiteter Gräber hier und dort. Von
diesen nehmen aber nur das eine Grab der großen Kapelle
Bardi am Nordende und das ihm gegenüber liegende
Baroncelligrab (von 1327) ihre richtige Stelle ein. Besitz-
streitigkeiten (mit der Compagnia della Laude?) haben es
vielleicht bewirkt, daß das zweite Bardigrab in die an-
stoßende kleine Bardikapelle verschoben worden ist, die
dann von dem sogenannten Giottino ausgemalt wurde.
Am Südende aber war vermutlich die in die dreißiger
Jahre fallende Erbauung der Sakristei schuld, daß das
zweite Baroncelligrab in die Kapelle selbst, und zwar auf
die Rückseite des ersten, versetzt worden ist. Außerdem
hat wohl der Wunsch, Wandfläche für Taddeo Gaddis
Fresken zu schaffen, die Abnahme der Giebelfiguren der
Verkündigung veranlaßt, welche statt dessen auf Konsolen
in die große Bogenöffnung eingemauert wurden. Jeden-
falls hat Taddeo Gaddi schon für diese ganze Anlage
gearbeitet und die Mauerflächen über dem ersten Baron-
celligrab und der (nachträglich durch Michelozzos Portal
ersetzten und mit einem Vorhang, den ein Engel zieht,
umkleideten) Sakristeitür mit den Bildern der Auferstehung
und des zwölfjährigen Jesus und darüber mit Propheten-
gestalten geschmückt. Oberhalb der letzteren läuft nun
ein mächtiger Konsolenfries hin, der gleichsam die Fenster-
bank trägt. Darin setzt sich aber wahrscheinlich nur die
Dekoration fort, die wir auch auf der Ostwand des Quer-
schiffes vermuten dürfen. Selbst bei der Erbauung der
Kapelle Castellani und ihrer Ausschmückung durch Agnolo
Gaddi hat man noch daneben nur in kleineren Verhält-
nissen dieses Motiv beibehalten. Einige Reste an der
Nordmauer des linken Seitenschiffes lassen endlich darauf
schließen, daß die Marmor- und Architekturmalerei auch
die Seitenmauern des Langhauses bedeckten, solange bis,
oder soweit nicht Wandbilder an ihre Stelle traten, auf
deren nachträgliche leichte Hinzufügung das ganze System
überhaupt von Anfang an zugeschnitten erscheint.

Herr Dr. Bombe macht unter Vorlage einer ihm freund-
lichst zur Verfügung gestellten Photographie auf die Ab-
bildung römischer Monumente in einem Fresko Spinello
Aretinos in SS. Francesco zu Arezzo aufmerksam. Ge-
legenheit zur Abbildung bot dem alten Maler die Er-
scheinung des Erzengels Michael, nach welcher die Engels-
burg den Namen erhielt. Der Schauplatz ist charakterisiert
durch drei Monumente: die durch Alexander VI. nieder-
gerissene Meta Romuli, die Engelsburg und die alte Peters-
kirche. Verglichen wurde die vorgelegte Ansicht mit den
verwandten auf alten Stadtplänen und einigen Darstellungen
der bildenden Kunst.

Kaiserl. deutsches archäologisches", Institut in
Rom. Sitzung vom 31. März 1905. Herr Boddley be-
richtete über einen Ruinenkomplex, der auf den Colli di
S. Stefano südlich von der Villa Adriana liegt. Pirro Ligorio,
Nibby und andere Altertumsforscher haben ihn Prytaneum
betitelt und zu Villa Adriana gerechnet. Daß dies falsch

ist, und die Bauten vielmehr einer Privatvilla aus früherer
Kaiserzeit (der Plancii Vari?) angehören, hat zuerst Lan-
ciani auf Anlaß des Fundes mehrerer Inschriftenfragmente
ausgesprochen, und es wird durch mehrere von Herrn
Boddley gemachte Funde bestätigt. Ein kleines ziemlich
wohl erhaltenes Gebäude aus Reticulat erweist sich als
ländliches Heiligtum: eine dabei gefundene Marmortafel
mit der Inschrift Lucus sanctus wurde im Original vor-
gelegt. Professor Petersen, welcher zum letztenmale vor
seinem Abgang die Institutsversammlung präsidierte, sprach
über die Relief-Trias: Orpheus, Eurydike, Hermes aus
Villa Albani; Medea und die Niobiden aus dem Lateran;
Herakles, Peirithoos, Theseus im Museo Torlonia. Er be-
hauptete, alle drei hätten im Originale, das von keinem
erhalten sei, zu einem Werke gehört, dem Weihgeschenk
eines tragischen Dichters. Nach diesen Ausführungen
verabschiedete er sich mit bewegten Worten von der Stätte
seiner langjährigen Tätigkeit. Se. Exzellenz, der deutsche
Botschafter überreichte Professor Petersen darauf im Namen
Seiner Majestät des deutschen Kaisers den roten Adler-
orden II. Klasse. Ihm schloß sich Herr Geh. Rat Professor
Conze an, der eine Liste von Freunden und Verehrern
des Scheidenden brachte, die eine Sammlung veranstaltet
hatten, mittels der man sein Reliefbildnis ausführen lassen
will, das einstmals, die Zustimmung des Dargestellten
vorausgesetzt, dem römischen Institut überwiesen werden
soll. Professor Petersen schloß, nachdem er abermals
gedankt hatte, die Sitzung. Federico Hermanin.

SAMMLUNGEN

Galerie-Ankäufe. Für die Dresdener Galerie ist so-
eben noch ein dritter Menzel angekauft worden, das be-
rühmte Bild des Marktplatzes zu Verona, so daß nunmehr
auch dieses bedeutende Werk des jüngst verstorbenen
Berliner Meisters eine bleibende Stätte gefunden hat.
Menzel ist in den Jahren 1881—83 dreimal in Italien ge-
wesen, aber nur bis Verona gekommen; dort hat ihn das
lebendige Treiben auf der Piazza d'Erbe so "gefesselt, daß
er beschloß, es im Bilde wiederzugeben, und sich um das
übrige Italien, um die alte Kunst, Raffael und Michelangelo
überhaupt gar nicht weiter bemüht hat. Das Bild vereinigt
auf verhältnismäßig kleinem Räume eine solche Fülle von
Szenen und charakteristisch erfaßten Gestalten in äußerster
Lebendigkeit, daß man stundenlang immer neue Ent-
deckungen darauf machen kann. Die Hauptszenen sind
rechts ein Gemüsewagen mit einer vergnügten Verkäufer-
gesellschaft, links eine englische Familie, die durch kopf-
stehende Jungen und Verkäufer von lebenden Raubvögeln
inmitten des dichtesten Marktverkehrs so in die Enge ge-
raten sind, daß sie verzweiflungsvoll nach einem Ausweg
suchen. Diese Szene streift scharf an die Karikatur. Trotz
der Fülle scharf charakteristischer Einzelheiten besitzt das
Gemälde vermöge des einfallenden Lichtes auch malerische
Haltung, und auch als Architekturbild ist es nicht zu unter-
schätzen. Erworben wurde dieses Gemälde durch die
Pröll-Heuer-Stiftung für 110000 Mark; der Beschluß wurde
schon im vorigen Herbste gefaßt, als Menzel noch lebte
(die Pröll-Heuer-Stiftung darf nur Werke lebender Maler
kaufen), der Beschluß konnte erst jetzt ausgeführt werden,
nachdem ein ungenannter Kunstfreund der Pröll-Heuer-
Stiftung einen großen Teil der Kaufsumme zugeschenkt
hatte. Die Dresdener Galerie besitzt nunmehr drei aus-
gezeichnete Bilder von Menzel: die Predigt in der Berliner
Klosterkirche, 1847, den Marktplatz zu Verona, 1884 und
den Kissinger Biergarten, 1891.

Auch sonst ist die Galerie soeben noch in bedeut-
samer Weise bereichert worden. Aus Staatsmitteln wurde
ein bekanntes hervorragendes Werk, eine große Dünen-
 
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