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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 16.1905

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Hermanin, Federico: Die Ausstellung altabruzzesischer Kunst in Chieti
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5901#0249

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481 Nekrologe — Personalien 482

werk betrieben. Tesorone verspricht uns jetzt eine
vollständige historische Bearbeitung des in Chieti ge-
sammelten Materials, und wir können mit Freuden
dem sicher tüchtigen Werk entgegensehen. Höchst
interessant sind die zwei Sektionen der Eisensachen,
wo die wunderbarsten alten Schlösser und Gitter
ausgestellt sind, und diejenige der Teppiche. Pesco-
costanzo, das kleine Bergstädtchen, ist der Ort, wo
seit dem 15. Jahrhundert diese Kunstindustrie blüht,
für deren Wiederbelebung in unseren Tagen so
viel geschieht. Eine alte Sage erzählt, daß eine nach
Pescocostanzo verschlagene orientalische Sklavin den
Frauen das Teppichknüpfen gelehrt und so das Hand-
werk dort begründet habe. Jedenfalls ist es sicher,
daß die Technik dieser Teppiche orientalisch ist und
auch die Farben an den Osten gemahnen. Auf
dunkelblauem oder dunkelrotem Grund die weißen
Ornamente, die sich verschlingen und Quadrate und
Romben freilassen, in welchen man mit hellen Farben
die symbolischenTiere der alten mittelalterlichen Kirchen-
portale, deren es in Abruzzo so viele gibt, dargestellt sieht.
Webtechnik und Stickerei sind im gleichen Maße ange-
wendet, und es freut einen zu sehen, wie die heutigen
Bäuerinnen nach den alten Mustern arbeiten. Bei
diesen Teppichen hängt einer auch von abruzzesischer
Arbeit, aber in anderer Technik verfertigt. Durch
Aufnähen von Stoffstücken und Stickerei ist die
Einnahme Trojas dargestellt, und die Zeichnung
gehört einem Künstler des 16. Jahrhunderts an. An
diese Abteilung reiht sich die äußerst reiche der
Spitzen, deren Heimat speziell Aquila ist, wo jetzt eine
blühende Spitzenschule besteht, die schöne, geschmack-
volle Sachen hervorbringt und dadurch die gute
alte Technik mit neuen Mustern bereichert. Wenig
zahlreich sind leider die Holzstatuen, deren es in fast
jeder Kirche Abruzzos wunderschöne gibt, und deren
kunsthistorische Wichtigkeit äußerst groß ist, weil sie
dem Forscher bei dem seltenen Vorkommen von
Skulpturwerken helfen, die Einflüsse, die von anderen
Skulpturschulen nach Abruzzo eingedrungen sind, zu
kontrollieren und dadurch Erklärungen für das Wechseln
der Formen in der Goldschmiedekunst zu finden. So
habe ich leider eine von mir vor Jahren in Castel-
vecchio Subequo gefundene Madonna nicht ausgestellt
gesehen, die von einem feinen mittelalterlichen Künstler
im reinsten Stil des Giovanni Pisano gearbeitet war.
Von den ausgestellten waren am interessantesten eine
thronende Madonna mit dem Kind aus Chieti, auch
mit pisanischen Einflüssen, und ein heiliger Sebastian,
den ein Dominicas Antonii de Aquila im Jahre 1478
machen ließ, ganz im Geschmack zeitgenössischer
toskanischer Skulpturen. Vervollständigt wird die Aus-
stellung durch eine kleine Münzen- und Siegelsammlung,
sowie einige schöne Miniaturhandschriften aus der
Schule des Niccolö da Bologna aus der zweiten Hälfte
des 14. Jahrhunderts, und ein wunderschönes Meß-
buch aus der Kathedrale von Chieti, ursprünglich für
den Kardinal Ascanio Borgia gemalt und dann von
einem Ugo Medici, der im 16. Jahrhundert Bischof
von Chieti war, mit seinem Wappen versehen. Man wird
aus diesen Ausführungen ersehen, daß in dieser Aus-

stellung vieles zusammengebracht worden ist, was
bisher fast unbekannt und schwer zugänglich war,
daß man den Unternehmern Cesare De Laurentiis,
G. Tesorone, N. Piccirilli und A. Balzamo ein großes
Verdienst nicht absprechen kann und die Kunstgelehrten
ihnen Dank wissen werden für diese Gelegenheit,
einen zusammenfassenden Überblick über die kunst-
gewerbliche Tätigkeit dieses interessanten italienischen
Bergvolkes zu gewinnen.

FEDERICO HERMAN1N.

NEKROLOGE
In Dresden starb am 2. Juli nach langem schweren
Leiden, 30 Jahre alt, der Landschaftsmaler Wilhelm Ulmer.
Er stammte aus Bayern und bildete sich an der Dresdener
Kunstakademie aus. Er entnahm seine Stoffe mit Vorliebe
der Sächsischen Schweiz, die er in großzügiger Vereinfachung
und in kräftigen Farben darzustellen strebte. Die irdischen
Überreste des hoffnungsvollen Künstlers wurden in Gotha
verbrannt.

Im Alter von 47 Jahren verstarb in Wien der Kunst-
historiker Alois Riegl. Seine Bedeutung für die kunst-
geschichtliche Forschung liegt in seinen zahlreichen Einzel-
studien über alte Textilkunst, antike Stickereien, aus denen
sein größeres Werk »Stilfragen, Grundlegungen zu einer
Geschichte der Ornamentik« erwuchs. Spätere Werke aus
den letzten Jahren waren »die spätrömische Kunst-
industrie nach den Funden in Ostreich-Ungarn« und »das
holländische Gruppenporträt«. Als Lehrer hatte der Ver-
storbene eine Professur an der Universität Wien inne.

In München verstarb, beinahe 90 Jahre alt, der Land-
schafter Joh. Gottfr. Steffan, dessen Kunst der Hoch-
gebirgswelt gewidmet war. Sein Ruhm liegt fünfzig Jahre
zurück, als fast jede deutsche Galerie ein Werk seiner
Hand erwarb, trotz einer gewissen Eintönigkeit seiner Schöp-
fungen.

In Düsseldorf verstarb im Alter von 75 Jahren der
Maler Professor Emil Volkers, der ein Schüler der be-
rühmten Pferdemaler Albrecht und Franz Adam war.

In Wien starb, 73 Jahre alt, der Historien- und Porträt-
maler Karl Löffler sen.

Am 6. Juli verstarb in Cronberg bei Frankfurt der
Maler Anton Burger, der als sonderlich frankfurterischer
Meister in seiner Vaterstadt großes Ansehen genoß. Er
war am 26. September 1824 geboren, nahm seine Aus-
bildung auf dem Städteischen Institut unter Veit und
Becker und wandte sich zuerst der Historienmalerei zu.
Bald aber brach ein kräftiger und gesunder Realismus
bei ihm durch, der sich meist die Höfe und Straßen
Frankfurts zum Vorbilde nahm. Seine Bilder aus den
sechziger Jahren zeigen bereits eine gewissermaßen moderne
Helligkeit.

PERSONALIEN

An Stelle des im Mai verstorbenen Bildhauers
Heinrich Epler ist zum Vorsteher des Aktsaales an der
Königlichen Kunstakademie zu Dresden August Hudler
berufen worden. Hudler wurde am 12. Dezember
1868 zu Odelzhausen in Oberbayern geboren. Mit 17
Jahren bezog er die Kunstgewerbeschule zu München,
dann ging er zur Kunstakademie daselbst über, wo er
Rümanns und Hackeis Unterricht genoß, endlich malte er
1883—96 im Atelier von Wilhelm Diez. Nebenbei mo-
dellierte er mehrere seiner Studiengenossen — diese
vortrefflichen Arbeiten, die mehr nebenbei entstanden,
befinden sich jetzt im Albertinum zu Dresden. Eine
 
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