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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 18.1907

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Haupt, R.: Dänische Glockenkunde
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https://doi.org/10.11588/diglit.5912#0114

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

»OK»*

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig, Querstraße 13

Neue Folge. XVIII. Jahrgang 1906/1907 Nr. 14. 1. Februar

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kunstgewerbeblatt« monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfaßt 33 Nummern. Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende
Kunst« erhalten die Kunstchronik kostenfrei. — Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und
Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13. Anzeigen 30 Pf. für
die dreispaltige Petitzeile, nehmen außer der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Mosse usw. an.

DÄNISCHE GLOCKENKUNDE

Von Friedrich Uldall, Architekten zu Randers,
liegt nun das lang erwartete Werk vor über die alten
Glocken der dänischen Lande. Es füllt in jener
Ausstattung, durch welche die wissenschaftlichen
Werke der Dänen schon äußerlich unsere Hoch-
achtung erzwingen, einen mächtigen Quartband von
51 und 327 Seiten. Die Veröffentlichung geschieht
unter dem Schutze und mit der Unterstützung des
Kultusministeriums und der Karlsbergstiftung. Die
nordische Kritik hat das Buch als eine verdienstliche,
höchst fleißige Sammlung des unerwartet reichen
Stoffes begrüßt und anerkannt. Daß Uldall mit un-
säglichem Fleiße und eindringendster Hingabe viele
Jahre der Aufgabe gelebt hat, kann Schreiber dieses
bestätigen. Ihren Abschluß betrachten wir mit einer
gewissen Genugtuung; es ist von deutscher Seite so
viel Beistand und Hilfe geleistet als irgend möglich
war. Auch können wir uns des Dargebotenen um
der Sache willen erfreuen. Es werden j'a nicht nur
die im Gebiete des heutigen Dänemarks zu findenden
Glocken behandelt; vom Reichsgebiete gehört auch
Schleswig samt Fehmarn dahin. An vielen Stellen
dringt der Blick und die Behandlung auch noch
weiter. Ein Teil des Textes ist zugleich in deutscher
Sprache gegeben, freilich nur gerade der knappe all-
gemeine, dem gegenüber das, was in den Behand-
lungen des Einzelnen geboten wird, ungleich be-
deutungsvoller ist. Doch ist aus den vielen Abbil-
dungen — sie sind großenteils mit Hilfe von Papier-
abdrücken gefertigt — auch von dem des Dänischen
nicht Kundigen viel Wertvolles zu entnehmen. Ein
geschickt zusammengedrängter Auszug in deutscher
Sprache würde sich wohl verlohnen; der Stoff müßte
aber zu dem Zwecke gänzlich durchgearbeitet werden.

Das Werk, betitelt: Danmarks middelalderlige
Kirkeklokker (Kopenhagen 1906), behandelt alle im
Gebiete erhaltenen mittelalterlichen Glocken, sowie
auch die untergegangenen, von denen man etwas
weiß, zusammen 888. Der Gebrauch der Glocken
ist hier ebenso alt als das Christentum. Denn so-
gleich, als nach Anschars Auftreten zu Schleswig die
erste Kirche angelegt war (um 850), ertönte von
dieser auch der Glockenklang, »den Heiden ein
Greuel«; in der Schlacht bei Lürschau (1043) befeuerte
sich der Mut der streitbaren Normannen durch die

von den Lüften hergetragenen Töne der großen Glocke
Glöd auf dem Drontheimer Dome. Aber welche von
den vorhandenen Glocken in so entlegene Zeiten
zurückreichen mögen, darüber fehlt es an Antwort.
Die ältest datierte, von der man weiß, zu Rudköping,
soll von 1105 gewesen sein. Unter den vorhandenen
ist die älteste, welche eine vollständige Jahreszahl
trägt, von 1324, die aber, welche Uldall als älteste
an die Spitze seiner Behandlung stellt, wird nach
ihren Merkmalen von ihm der ersten Hälfte des
12. Jahrhunderts zugeschrieben. Sie ist zu Smollerup.
Sie zeigt ihre Majuskelinschrift in vertieften Zügen.
Uldall sieht als das am meisten charakteristische Zei-
chen der Altertümlichkeit die Behandlung des untersten
Abschnittes der Glocke an. Betrachten wir die Durch-
schnittszeichnung, so ist danach die Glocke um so
altertümlicher, je stumpfer der Winkel ist, der sich
am unteren Ende der äußeren Profillinie nach innen
hin ergibt. Die ältesten Glocken sind danach die,
welche, auf eine Ebene gestellt, mit der Außenkante
diese nicht berühren, weil der Winkel volle 90 Grad
beträgt. Doch darf nicht verschwiegen werden, daß
sich dies Kennzeichen des hohen Alters auch gelegent-
lich noch in noch recht später Zeit findet. Die zu
Smollerup ist übrigens in allem Wesentlichen gleich
der uralten zu Drohndorf (Schubart, Glocken im Her-
zogtum Anhalt 203). Uldall rechnet zu den aller-
ältesten nächst dieser noch vier. Der erste, noch
ganz vereinzelt auftretende Gießername Iskil steht
auf einer Glocke, die der Zeit um 1200 zugeschrieben
wird. Weiterhin weist Uldall dem Schlüsse der roma-
nischen (und dem Anfange der gotischen) Zeit, also
dem Räume bis zum Ende des 13. Jahrhunderts, zu-
nächst noch 103 Glocken zu, lauter einfache Arbeiten,
ohne Inschriften, und bis auf ganz wenige ohne
Zeichen. Elf davon im alten Herzogtum Schleswig.
Um die Zeit von 1300 herum aber haben bessere
Glocken mehrfach Verzierungen erhalten, und zwar
so, daß man Ornamente und Buchstaben und Marken
aus Wachsfäden bildete, und diese auf das Modell
auflegte. Solcher Glocken — in Deutschland ist die
zu Idensen1) typisch — werden darauf neun bespro-
chen, in Schleswig ist keine. Dann fließt der Strom
breiter und breiter. Es verbietet sich durchaus, hier
der Darstellung im einzelnen nachzugehen. Glocken

1) Schönermark, Altersbestimmung der Glocken 9.
 
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