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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 18.1907

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Vermischtes — Literatur

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det. Die Ausstellung wird Werke der Malerei und Plastik
und in beschränktem Maße auch Erzeugnisse der ange-
wandten Kunst umfassen.

VERMISCHTES

Stilblüten amüsantester Art hat Dr. S. Graf Pückler
aus der modernen Kunstliteratur zusammengestellt. Josef
Olbrich schrieb z. B. im Jahre 1901 im Katalog zur Aus-
stellung seines Hauses: »Das Wohnzimmer. Eine schwarz-
weiße Zeichnung. Dem Guten im Menschen eine Ver-
körperung im Raum zu geben, war Motiv für alles.....

Einem Vorhofe gleich, von dem aus man zur Ruhe geht.«
Daneben lag nämlich — nicht der Friedhof, sondern das
Schlafzimmer! So etwas war damals neu, ist aber inzwischen
längst überboten. Rainer Maria Rilke beginnt in seiner
Monographie »Worpswede« das Kapitel »Mackensen«:
»Irgendwo ist jeder Mensch geboren«; Meier-Gräfe schreibt
in seinem Menzelbuch über eines der friderizianischen Bilder:
»Die Perücken lächeln ebenso wie die Gesichter«. Alles
das überbietet aber Eßweins »Toulouse-Lautrec«; nur zwei
Proben mögen die vielen Schönheiten kennzeichnen. Ein
Frauenprofil wird geschildert ». . . und eine glatte öde
grinsende Fläche von Wange, die dem ganzen Kopf mit
dem angeleimten dünnen Haar und dem phantastischen
Hut einen Ausdruck gibt, als sei er von einem Deliranten
bei Whisky und unter den Klängen eines riesigen Orche-
strions aus lackiertem Blech ausgeschnitten worden«. Weiter,
im Schlußwort: »Wohlan, geben wir unsere Seelen in der
Garderobe ab und betreten wir den Schauplatz sinnver-
wirrender Ereignisse. Lassen wir uns behageln von allen
Sensationen und von allen Lüsten kreuzigen, deren Arm-
seligkeit wir wohl durchschauen.« Wahrlich, die abgrund-
tiefe Weisheit solcher Ergüsse stellt sich würdig neben den
bekannten Vers von Hoffmannsthal: »Das Salböl aus den
Händen — der toten alten Frau, — den Erben laßt ver-
schwenden — an Adler, Lamm und Pfau«!

Walter Iiiner führte im Treppenhaus des Justiz-
ministeriums in Dresden Wandgemälde von bedeutendem
Umfang aus, von deren Vollendung hiermit Kenntnis ge-
geben werden soll. Soweit wir aus den uns vorgelegten
Photographien zu urteilen in der Lage sind, hat der
Künstler seine Aufgabe mit Solidität, Geschmack und
tüchtigem Können gelöst. Iiiner hat übrigens soeben in
dem Wettbewerbe der Leipziger Handelskammer um ein
Meßplakat den ersten Preis bekommen.

Genua. Der Schatz an Bildern von Antony van Dyck,
den die alte Handelsstadt besitzt, ist plötzlich um ein Be-
trächtliches geschmälert worden. Aus Genua kommt näm-
lich die traurige Nachricht, daß die ganze Sammlung von
van Dyckschen Bildnissen, die im Besitz der Marchesi Cat-
taneo della Volla war, und ungefähr vierzehn Stücke ent-
hielt, nach dem Ausland verkauft worden ist und daß der
Käufer Pierpont Morgan ist. Die Sammlung bestand aus
den Bildern der Familie Cattaneo, welche sie im 18. Jahr-
hundert aus dem alten Palast bei der Kirche von San
Torpete nach dem Palast der Lomellini bei SS. Annunziata
gebracht und mit den Bildern von van Dyck, welche letzt-
genannte Familie besaß, bereichert hatte. ped. H.

LITERATUR

Grundriß der Kunstgeschichte von A. Bohnemann.
320 Seiten, gr. 8° mit 197 Textbildern und einer farbigen
Tafel. Zweite' Auflage. Leipzig, 1906. Ferdinand Hirt
Sohn. Preis geb. 4 M.

Das Buch ist eines der zahlreichen Hilfsmittel, die in
den letzten Jahrzehnten unter dem allgemeinen Drange,
unseren Schulen die Pforten des Reiches der Schönheit

und damit auch der bildenden Kunst zu eröffnen, entstanden
sind, und zeigt auch in seiner nunmehr vorliegenden zweiten
Auflage noch deutlich die Spuren jener ersten, heute schon
vielfach überwundenen Versuche, Werke der bildenden
Kunst in den Jugendunterricht einzuführen. Es will ein
Grundriß der Kunstgeschichte sein, es will auf wissen-
schaftlichem Wege eine Erkenntnis des Entwickelungsganges
der bildenden Künste vermitteln und verrät in seiner kom-
pendiösen Behandlungsart, in seinem starren Schematismus,
der die drei einzelnen Künste, Baukunst, Bildnerei und
Malerei, innerhalb der verschiedenen Epochen jedesmal
reinlich abgrenzt und auseinanderreißt, den Charakter seiner
Entstehung als eines Auszuges aus Lübke und ähnlichen
weitverbreiteten Werken mit ihrer glatten gefühlswarmen
Darstellung, ihren elegant formulierten Urteilen, ihren
Hunderten von Namen von Künstlern und deren Werken,
aber auch ihrer mangelhaften Anschauung der letzteren.
Von dieser ersten rohen Form eines kunstgeschichtlichen
Unterrichts ist inzwischen die moderne Pädagogik, die übri-
gens hier keineswegs etwas Neues gibt, sondern mit ihrer
Forderung der Anschaulichkeit jedes Unterrichts und der
Inanspruchnahme der Selbsttätigkeit des Schülers bis auf
Comenius zurückgeht, zu einem kunstgeschichtlichen An-
schauungsunterricht vorgeschritten, und daß der Verfasser
diesen Schritt mitgemacht hat, erkennt er in dem Vorwort
zur zweiten Auflage ausdrücklich an, indem er, »da die
Anschauung auf dem Gebiete der Kunst fast alles be-
deutet, sowohl auf die Auswahl als auf die technische
Vervollkommnung des Bildermaterials die größte Sorgfalt
verwendet « In der Tat entsprechen eine ganze Reihe der
neu eingeschalteten oder eingewechselten Bilder, manche
selbst in ihrer Kleinheit, dem verwöhntesten Geschmack,
so der Mark Aurel, der Dom zu Speier, Notre Dame zu
Florenz, RaffaelsSposalizio, Dürers Hieronymus, Rembrandts
Saskia, Gebhardts Abendmahl, Klingers Salome, Lieber-
manns Hanfspinnerinnen, und es bliebe nur zu wünschen,
daß eine Fortführung dieses Prinzips den Rest der ver-
alteten Holzschnitte, so den Zeus von Otricoli und die
Hera Ludovisi, durch neue Reproduktionen ersetzte. Aber
zugleich nimmt der Verfasser in dem Kampf des Neuen
gegen das Alte eine vermittelnde Stellung ein — »Der
Grundriß will kein Bilderbuch sein und will nicht die Ab-
bildungen im Vergleich zum Text überwiegen lassen« —
und so müssen Dutzende von Künstlern, z B. auf S. 210
Sassoferrato, Dolci, Guercino, Albani, Caravaggio, auf Ab-
bildungen verzichten, ohne daß Charakteristik und Be-
schreibung die fehlende Anschauung ersetzen könnten.
Solche Sterne zweiter und dritter Größe haben kein Da-
seinsrecht in einem kleinen Grundriß, der nur gewinnen
würde, wenn er solche Einzelheiten dem Studium von
Spezialwerken, wie ja das Vorwort andeutet, überließe und
dafür Raum und Kraft auf die ganz Großen konzentrierte.
Denn der Verfasser kennt die Großen — man vergleiche
die Charakteristik Michelangelos auf S. i38ff. — und ver-
steht es, ihr Wesen und Wirken dem Verständnis der
Laien zu erschließen; und so wird das Buch unter der
Leitung eines kundigen Lehrers, der über ein entsprechen-
des Anschauungsmaterial verfügt, gewiß seinen Zweck er-
füllen und darf bei seinem mäßigen Preise in der hübschen
Ausstattung den Schülern bestens empfohlen werden. Sehr
verdienstlich, namentlich für den Privatgebrauch, ist die
Bezeichnung der Aussprache im Künstlerverzeichnis. Zum
Schluß seien, weil der Verfasser selbst dazu auffordert,
einige verbesserungsbedürftige Punkte bemerkt. S. 23 Der
Hypäthraltempel ist bis jetzt eine mehr als zweifelhafte
Hypothese. S. 24 Größere Tempel, so der Parthenon,
besitzen an den Langseiten keine vollständige Rinnleiste
mit Tierköpfen. S. 46 Ob der Hermes des Praxiteles, wie
 
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