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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 18.1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.5912#0152

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285

Literatur

286

Ruhm ihn ergänzt, eine Traube gehalten hat, ist sehr un-
wahrscheinlich; viel besser paßt der klingende Geldbeutel.
S. 47 Der Bogen in der linken Hand des Apollo vom
Belvedere ist von der Kritik längst aufgegeben. S. 68 Das
Amphitheater bedarf einer genaueren Beschreibung, ebenso
die Konstruktion der byzantinischen Kuppel auf S. 89.
S. 91 Die Tünche in der Sophienkirche ist nicht weiß,
sondern graugelb. S. 159 Leidenschaftliches Pathos liegt
Raffael keineswegs fern; das zeigen der Heliodor in den
Stanzen und mehrere von den Teppichkartons. S. 162 ist
das Opfer zu Lystra nicht richtig erklärt; der Verfasser
wende sich an Springers Raffael und Michelangelo.

Oeon> Warnecke.

Peter Cornelius, ein deutscher Maler, von David Koch.
Stuttgart 1905, Verlag von J. F. Steinkopf.

In einer Zeit, die der Kunst nicht nur in ihrem Ver-
hältnis zur Kirche, sondern zum Christentum selbst von
neuem ihre Aufmerksamkeit zu widmen beginnt, kann die
Tatsache, daß der Verfasser einer Künstlerbiographie ein-
mal nicht zur zünftigen Gruppe gehört, gewiß das Interesse
an seiner Arbeit nicht mindern. Pfarrer D. Koch hat als
Herausgeber des Christlichen Kunstblattes, als Verfasser
von Monographien über Ludwig Richter und Wilhelm
Steinhausen seine Stellung zu der Kunst der Gegenwart
schon mehrfach klarzustellen Gelegenheit gehabt. Auch
in seiner neuesten Arbeit kennzeichnet er sich als einer,
der nicht gewillt ist, beim Kampfe um ideale Güter müßig
zur Seite zu stehen, sondern der mit aller Energie und
mit allen Mitteln für das eintritt, was er einmal als recht
erkannt hat. »Deutsches Volk, erhebe dich um der heiligen
Ideale deiner Jugend willen gegen die moderne Pseudo-
kunst, die durch das Gemeine sich bändigen läßt!« So
schmettert es uns schon in der Einleitung entgegen, und
diese zornige Fanfare dröhnt durch das ganze Werk bis
zum Schluß. Cornelius ist ihm der dritte im Geistesbunde
der Goethe und Schiller; Faust und Helena, Deutschtum
und Antike in einer Person. Dieser Dualismus wird uns
aber mehr stofflich-biographisch vorgeführt als psycho-
logisch-künstlerisch begreiflich gemacht. Schon Fr. Nau-
mann hat nachgewiesen, daß man heute nicht mehr gleich-
zeitig am Born des antiken und des christlichen Geistes
trinken kann, daß die Synthese von Geist und Natur, wie
sie Koch fordert und wie sie Cornelius, nach des Ver-
fassers Urteil, erreicht hat, nach den Anschauungen der
Gegenwart nicht mehr am Endpunkt des künstlerischen
Schaffens steht. Je ernsthafter der Verfasser sich in das
religiös-politische Milieu seines Helden, in das Stoffliche
und das Philosophische seiner Arbeit vertieft, desto auf-
fälliger verliert er das unbefangene Urteil gegenüber den
künstlerischen Qualitäten dieser Werke. »Über die groß-
homerischen Linien der Zeichnung sind weitere Worte
nicht vonnöten«, so schließt er z. B. seine Schilderung der
Glyptothekfresken, und schneidet alle Debatte über das
malerische Problem mit der kurzen Bemerkung ab, daß
durch das hastige Drängen des Kronprinzen der Meister
gezwungen würde, sich mehr der Schülerhand zu be-
dienen, als ihm lieb war. Das eklektizistische Ideal, unter
dessen Zeichen Cornelius' frühestes Schaffen stand, hält
den Biographen unwiderstehlich in seinem Bann. Die
Geister von Phidias, Raffael, Dürer, Michelangelo werden
immer wieder wahllos heraufbeschworen und als hehre
Führer jeder Kunst den Epigonen vorgeführt. Aber was

helfen uns all die verschwommenen Superlative, wenn
wir nirgends auf die allerkleinste Spur wirklich kritischer
Analytik stoßen? Man wird keinem Biographen Liebe
und Bewunderung für seinen Helden verargen, aber ein
Künstler hat schließlich doch das Recht, auch künst-
lerisch genommen zu werden. Dieser breitrollende Strom
rückhaltloser Glorifizierung legt die Wurzeln der künst-
lerischen Wesenheiten nirgends bloß. Der Mensch, der
Akademiedirektor, der konfessionelle Denker, der Pre-
diger, alle werden sie aufs eingehendste behandelt —
der Künstler tritt niemals aus dem Dämmerkreis allge-
meiner Eulogismen heraus. Bezeichnend für die Ver-
worrenheit der ästhetischen Anschauungen ist es, wenn
der Verfasser des Meisters sonderbares Lob: »Was wäre
erst aus Dürer geworden, wenn der die Antike gekannt
hätte!« als das schönste Wort bezeichnet, das je über
Dürers Genialität gesprochen wurde. So bleibt am Schluß
nur eine Empfindung aufrichtigen Bedauerns, daß aller
Fleiß und alle Begeisterung, die der Verfasser für seine
Arbeit aufgewendet hat, durch den einseitigen Doktrinaris-
mus der Generaltendenz verdunkelt werden. In vierzig
Jahren, so rief Hermann Grimm 1866 aus, wird Cornelius
uns geschichtlich geworden sein, in ganz anderer Gestalt
der Nation vor Augen stehen, als ein Lebendiger, der die
Geschichte in jugendlicher, echter Kraft aufsteigen läßt
und dessen gesamte Tätigkeit eine glänzende, jedem ver-
ständliche Seite in dem Buch bildet, in dem der Ruhm
deutschen Geistes zu lesen ist! Die vierzig Jahre sind heute
um, aber auch Kochs Buch wird dieser Prophezeiung nicht
zur Erfüllung verhelfen. Haentl.

BERICHTIGUNG
Der Kunsthistoriker, welcher über die famose Galerie
Suminsky ein Gutachten abgegeben und sie auf mindestens
eine halbe Million geschätzt und zum Ankauf empfohlen
hatte, war Professor Dr. Richard Muther, nicht wie es in
unserem Berichte der vorigen Nummer verdruckt war
»Mäther«.

Kürzlich erschien:

MEISTER DER FARBE

FEBRUAR 1907
FARBIGE REPRODUKTIONEN:

Casp. Dav. Friedrich, Am Fenster
George Pierie, Spielende Terrier
Th. Alt, Siebenschläfer
J.J. Gabriel, Morgen auf dem Lande
F. A. Kaulbach, Bacchantinnen
E. Rüdisühli, Am heiligen Wasser

Einzelpreis des Heftes 3 Mk. -

Inhalt: Erweiterungs- und Neubauten bei den Königlichen Museen in Berlin. Von Richard Qraul. — Zwei unbekannte Bilder Grünewalds. Von
Christian Rauch. — Ein Brief. — Wilhelm von Diez fi Julius Zielke t- — Personalnachrichten. — Mosaikplattenfund in der lohanneskirche
zu Mainz. — Bedrohung der ägyptischen Kunstdenkmäler. — Wettbewerb für die Große Kunstausstellung in Dresden 1908. — Rom, Kais,
archäologisches Institut. — Düsseldorf, Bilderverfall; London, National Gallery. — Ausstellung in Krefeld. — Stilblüten amüsantester Art;
Wandgemälde von Walter Iiiner; Verkauf van Dyckscher Bildnisse nach Amerika. — Grundriß der Kunstgeschichte; Peter Cornelius, ein
deutscher Maler. — Berichtigung. — Anzeigen.
 
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