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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 56.1920/​1921 (Oktober-März)

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Nr. 10
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Tietze, Hans: Nachwort zum Eisenacher Denkmaltag
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https://doi.org/10.11588/diglit.36986#0196

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Nadiwort zum Eifenadier Denkniattag

eine Jugend denken, die mit dem Vätererbe wuniAfos zufrieden iit und fidi
diefen ganzen Wartburg^MummeniAanz einiAfießiiA des »NiAtofhzieffen«
Bodo Bbhardt's in der verbaffhornten WartburgwirtiAait — ohne Wider-
fpruA gefaben ließ.
Die Wartburg a!s SAaupfatz der Tagung haff vermutfiA diefe trübe
Stimmung erzeugen,- iAwerer Seenebe! verbüßte die LandiAaft, die gerade
hier foni! wie ein StüA GeiAiAte, fandiAaftsgeborener GeiAiAte fpriAt, und
in den kaftén Räumen der Burg entpuppten hdh die Geifier der Vergangen^
heit vieifaA afs Gefpeniter. Bin Koßege, der unter dem gfeidien EindruA
itand, hat mir diefe Metamorphofe an einem draftifAen Exempe! ißuftriert.
Bei einer im Frühfing diefes Jahres auf derfefben Wartburg abgehaftenen
Vofksbifdungstagung war es unmögfich gewefen, den daran teifnebmenden
jugendfiAen Arbeitern den Sinn und die Ehrwürdigkeit der Burg zugängfiA
zu maAen. Sie fragten: »Warum hat man diefen Saaf in diefer gewiß fehr
koftfpiefigen Weife ausgeftattet?« Um die Erinnerung an die größte Zeit
unferer GefAiAte in greifbarer Form heraufzubefAwören. »Warum war das
die größte Zeit DeutfAfands?« »Wie iit es der großen Maße des Vofkes
damafs ergangen?« »Wenn die beifige Efifabetb genötigt war, Afmofen zu
verteifen, dann muß es doA um die Armenpßege fAfeAt beitefit gewefen fein!«
Gewiß iit in diefer Diafektik ein Efement rabufiftifAen WiderfpruAs
unverkennbar, aber die darin entbaftene Abfebnung jedweder Romantik trifft
doA mitten in den Kern der Denkmafpffegefrage. Deren romantiiAer Bin-
iAfag iit iAon dur A den hiftorifAen Urfprung fiAergeiteßt,- die Romantiker
affer Länder find die eriten Propheten des Denkmafkuftes gewefen. Die enge
und einfeitige Einfteßung auf bevorzugte Denkmäfergruppen — wie fie gegen-
über den Überreiten der Antike oder bei den Romantikern im engeren Sinne
des Wortes gegenüber den Erinnerungen der eigenen Nation beftand — weiAt
im Laufe des 19. Jahrhunderts einer weiteren Auffaffung, die den ganzen
von der Vergangenheit überkommenen Denkmäferbefitz afs das monumentate
Erbe der gefamten MeniAheit zu fAätzen und zu iAützen bereit iit. DurA-
gängige Pietät gegen affes Aite iit das Ziei diefer geiftigen Bewegung, deren
ethiiAe Wurzef Afois Riegf in feiner Formuiierung des »Aiterswertes« wohi
am iAärfiten bfoßgeiegt hat. Diefe AAtung vor dem Aften, weif es aft iit,
weif zahfreiAe, wertvoße und ehrwürdige Affoziationen daran haften und es
mit einer Lebendigkeit eigener Art erfüßen, iit keineswegs die einzige Trieb-
kraft diefer Bewegung,- aber ile fpieft auA innerhafb der hoAgeiteigerten Be-
wertung des Individueßen und Binmaiigen, fowie afs affoziativer Faktor des
äithetifAen Gefaffens an den unerfetzfiAen Überreifen vergangener Kufturen
eine bedeutende Roße und wird iie auA dann behaften, wenn andersfäuhge
Strömungen ihre beherriAende Steifung zu eriAüttern vermögen.
 
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