KUNSTCHRONIK UND KUNSTMARKT
HERAUSGEBER: GUSTAV KIRSTEIN
BERLINER REDAKTION: CURT GLASER WIENER REDAKTION: HANS TIETZB
NR. 16 14. JANÜÀR 1921
FRANZ VON DEFREGGER î
VON HERMANN UHDE-BERNAyS
A LS noA in Tiro! die Erinnerung an den heiligen Kampf gegen den fremden
-^"^-Unterdrücker Napoleon in aller Herzen lebendig war, iß am 30. April
1835 dem Bergtande der liebenswürdigße SAilderer feiner Sitten, der beite
Illußrator feiner ßeghaften Vergangenheit gelAenkt worden. Ein Künßler,
dellen freundliche und bald allgemein gefällige Novellißik aus der Eigenart
feiner Bilder heraus typilAes Gepräge gewann, welches dem Volke, dem er
entflammt war, zu Nutz undAnfehen die von alters her in ihm gerühmten,
freiliA mehr diAterißh erfundenen als wahrheitsmäßig erlAauten Idealgeltalten
feiner Ralle in der ßhönßen Ausübung des viel fpäter erft erßandenen und
fo häufig mißbrauchten Begriffes einer »Heimatkunß« für die ganze Welt kenn-
bar und populär gemaAt hat. Die beßimmte Vorßellung des »Defreggerkopfes«,
jenes reizenden Ovals mit blauen Augen, fAelmilAer Miene und obligatem
GrübAen, von einem Kranze dunkler Zöpfe umfloAten, naA welAem wir
auf unieren Alpenwanderungen fehnfüAtig und leider fait immer vergebliA
auskhauen, ilt feit einem MenfAenalter aus der modilAen in die gemeinver^
ftändliAe AusdruAsweife übergegangen, und während der Name Defregger
urfprüngliA die Angehörigen eines beßimmten Bezirks, des Defereggentales,
fummarifA zufammenfaßte, bis der einzelne Mann ihn mit den Ehren des
allbekannten Meißers der Kunft für ßA gewann, verallgemeinerte ßA der eben
durA diefe Kunß neugefAaffene Typus zu einer volkstümliAen BezeiAnung.
Kann ßA ein Künßler, dem niAt ganz Großes zu wirken vergönnt war. Höheres
TvünfAen als einen auf folAe Weife geßAerten NaAruhm? Diefer Gedanke
vermag vieles von dem Negativen, was Defregger s Werk anhaftet, zu er-
Mären und zu entfAuldigen. Wo einmal neben der kulturhißorifAen, fehr hoA
zu wertenden Bedeutung diefes Malers fogar gleiAfam folklorißifAe Vorzüge
gewonnen werden mögen, ilt der Gradmeßfer feiner EinfAätzung wohl anders
zu rüAen, als dies gemeinigliA jetzt zu gefAehen pflegt. FreiliA iß auA das
gewiß, daß DefreggeFs urfprüngliAe Veranlagung weiter gereiAt hat, als ihm
zu fAaffen gelang, daß die rafAe Berühmtheit, die den gütigen MenfAen niAt
berührt hat, dem Künßler naAteilig geworden iß. Wir dürfen auf den mehr-
faA gefAehenen VergleiA mit Menzel weifen, delfen Jugendarbeiten, einßens
Tvenig bekannt und geaAtet, heute weit höher gepriefen werden als die ge-
HERAUSGEBER: GUSTAV KIRSTEIN
BERLINER REDAKTION: CURT GLASER WIENER REDAKTION: HANS TIETZB
NR. 16 14. JANÜÀR 1921
FRANZ VON DEFREGGER î
VON HERMANN UHDE-BERNAyS
A LS noA in Tiro! die Erinnerung an den heiligen Kampf gegen den fremden
-^"^-Unterdrücker Napoleon in aller Herzen lebendig war, iß am 30. April
1835 dem Bergtande der liebenswürdigße SAilderer feiner Sitten, der beite
Illußrator feiner ßeghaften Vergangenheit gelAenkt worden. Ein Künßler,
dellen freundliche und bald allgemein gefällige Novellißik aus der Eigenart
feiner Bilder heraus typilAes Gepräge gewann, welches dem Volke, dem er
entflammt war, zu Nutz undAnfehen die von alters her in ihm gerühmten,
freiliA mehr diAterißh erfundenen als wahrheitsmäßig erlAauten Idealgeltalten
feiner Ralle in der ßhönßen Ausübung des viel fpäter erft erßandenen und
fo häufig mißbrauchten Begriffes einer »Heimatkunß« für die ganze Welt kenn-
bar und populär gemaAt hat. Die beßimmte Vorßellung des »Defreggerkopfes«,
jenes reizenden Ovals mit blauen Augen, fAelmilAer Miene und obligatem
GrübAen, von einem Kranze dunkler Zöpfe umfloAten, naA welAem wir
auf unieren Alpenwanderungen fehnfüAtig und leider fait immer vergebliA
auskhauen, ilt feit einem MenfAenalter aus der modilAen in die gemeinver^
ftändliAe AusdruAsweife übergegangen, und während der Name Defregger
urfprüngliA die Angehörigen eines beßimmten Bezirks, des Defereggentales,
fummarifA zufammenfaßte, bis der einzelne Mann ihn mit den Ehren des
allbekannten Meißers der Kunft für ßA gewann, verallgemeinerte ßA der eben
durA diefe Kunß neugefAaffene Typus zu einer volkstümliAen BezeiAnung.
Kann ßA ein Künßler, dem niAt ganz Großes zu wirken vergönnt war. Höheres
TvünfAen als einen auf folAe Weife geßAerten NaAruhm? Diefer Gedanke
vermag vieles von dem Negativen, was Defregger s Werk anhaftet, zu er-
Mären und zu entfAuldigen. Wo einmal neben der kulturhißorifAen, fehr hoA
zu wertenden Bedeutung diefes Malers fogar gleiAfam folklorißifAe Vorzüge
gewonnen werden mögen, ilt der Gradmeßfer feiner EinfAätzung wohl anders
zu rüAen, als dies gemeinigliA jetzt zu gefAehen pflegt. FreiliA iß auA das
gewiß, daß DefreggeFs urfprüngliAe Veranlagung weiter gereiAt hat, als ihm
zu fAaffen gelang, daß die rafAe Berühmtheit, die den gütigen MenfAen niAt
berührt hat, dem Künßler naAteilig geworden iß. Wir dürfen auf den mehr-
faA gefAehenen VergleiA mit Menzel weifen, delfen Jugendarbeiten, einßens
Tvenig bekannt und geaAtet, heute weit höher gepriefen werden als die ge-