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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 56.1920/​1921 (Oktober-März)

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Nr. 12
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Hübner, Friedrich Markus: Neues von George Minne
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Literatur / [Notizen] / Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.36986#0233

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Neues von Georg Minne — Literatur

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den Füßen waffenden, Gewandes, wie ein Tier das Junge in feine BauA^
fatten einhüfft,- fie formen beide ein einziges Wefen, und beide, mit der idiwe-
benden, ichräggteitenden Haftung der Mutter, wirken von weit gefehen wie eine
einzige dunkfe Wofke, bis der Befdiauer die Figuren zu unterfdieiden vermag.
War es ehedem die fymboftítiíA gemeinte, vief verfdmörkefte Linie, mit der
G. Minne feine Geitaften oft rein dekorativ, jugenditifförmig anfegte, fo fit
die Linie jetzt völfig in den Hintergrund getreten,- die Modeffierungen, die
nicht naturafiftifch, aber doA Körperkraft Aarakterifterend anwefend find, werden
durch zart ineinanderfpiefendes Heff und Dunkef mit dem KohfewtfAer erreiAt.
War das Temperament Minne's fAon ftets zur Grübefei und Weft-
entäußerung geneigt, fo zeugen diefe neuen Arbeiten zwar naA der itifiitL
fAen Seite von einem wundervoffen anfAweffenden Kraftgefühf, aber naA
der feefifAen Seite von fangen und fAwermutsvoffen Bedrüdcungen,- der Krieg
im affgemeinen, das Mitkämpfen eines feiner Söhne im befonderen haben dem
Künftfer, fagt man, in Engfand fAwer zugefetzt, wohinzu das naA feiner
Vaterftadt Gent geriAtete Heimweh noA obendrein kam. A Æ TV/cA/i?/-

LITERATUR
Hermann Voss, Die Maferei der
Spätrenaiffance in Rom und Ffo -
renz. Mit247Abbi)dungen. 2 Bände.
Berfin, G. Grote, 1920.
Wir woffen diefes voranßeffen: Kein
anderer hätte die wißenfAaßfiAe Arbeit
diefer zwei Bände zu feißen vermoAt,
afs H. Voss. Eine niAt gewöhnfiAe Ma-
teriafkenntnis, fi Aeres Erinnerungsver^
Mögen und niAt zufetzt befondererWage<*
Mut waren die Vorbedingung des Untere
nehmens. Daß Voss die Energie, diefe
Arbeit zu führen, aufgebraAt hat, dafür
'ft ihm der Dank der FaAgenoßen unter
affen Umßänden fiAer.
Die Bedenken, die gegen das BuA ge-
äußert wurden, find mir bekannt. Die
darin befofgte Methode ift niAt mehr mo-
dem, es find mehr einzefbiographifAe Ver-
fuAe aneinandergereiht, afs daß die große
Linie der Entwi&fung gezogen wäre: oder,
Mn dies einzufAränken, der vorgebraAten
Einzefheiten find fo viete, daß es niAt
feiAt fäfft, den EntwiAfungsfaden überaf)
herauszußnden. Gewiß hätte ßA der Stoff
anders gfiedern taffen,- mit anderen würde
¡A gewünfAt haben, daß Verfaßer den

darßeffenden Tei) von viefen ZufArei-
bungen freigemaAt und diefe in einem
Oeuvrekatafog am SAfuß vereinigt hätte.
IA gtaube den Grund zu vermuten, war-
um diefer an ßA nahefiegende Gedanke
niAt befofgt wurde, weif nämfiA Verfaffer
dann die PßiAt naA annähernder Voff-
ßändigkeit der Bifderfißen gefühft hätte,
und diefe wäre natürfiA bei dem gegen-
wärtigen Stand der ForfAung auA nur
fern niAt zu erreiAen gewefen. So ver-
arbeitete er die EinzefbeobaAtungen in
den Text. Das nötigte ihn dann freifiA,
neben den führenden PerfönfiAkeiten auA
die SAar kfeiner und kteinßer Trabanten
im Text zu behandefn, beim beßen Wißen
fieß es ßA niAt vermeiden, daß die Cha-
rakterißik hier und da müde wurde. Unfere
Diktion fäßt ßA bedeutend geßaften, wenn
der Gegenßand den Anfporn gibt, wer
aber würde imßande fein, die um Baroccio
oder um Zuccari febendig zu maAen?
Daß es vieffaA der Stoff iß, der ein ßär-
keres fntereffe niAt zu weAen vermag,
ßeht man aus der Überfegenheit des erßen
Bandes über den zweiten, und innerhatb
des zweiten Bandes wiederum bei den-
jenigen Partien, in denen PerfönfiAkeiten
zu behandefn waren.
 
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