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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 56.1920/​1921 (Oktober-März)

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Nr. 18
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Kuhn, Alfred: Adolf von Hildebrand
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https://doi.org/10.11588/diglit.36986#0351

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KUNSTCHRONIK UND KÜNSTMARKT
HERAUSGEBER: GUSTAV KIRSTEIN
BERLINER REDAKTION; CURT GLASER WIENER REDAKTION: HANS TIETZE
NR. 18 28. JANUAR 1921

ADOLF VON HILDEBRAND'i
VON ALFRED KUHN
TM Jahre 1884, in einer Zeit, als in Deutichland und Frankreich das Neu-
I baroA in volter Blüte hand, im leiben Jahre, ais Rodin feine Bürger von
Caíais begann, hellte Adoif Hiidebrand bei Guriitt in Beriin einen nackten
Mann aus, der heute in der Nationaigaierie zu fehen ih. Ein lebensgroßer
Jüngiing, das linke Bein leiAt vorgefetzt, doA ohne Knickung. Der Kopf iit wenig
naA iinks geneigt, der re Ate Arm hängt frei herab, wobei die Hand iiA
ihrem natüriiAen Trieb foigend ieiAt krümmt. Der iinke Arm iit auf die
Hüfte geftützt, das Haar in Zufammennehmen der TeAnik nur angedeutet.
Ruhige Exiitenz wie die Piaitik eines Thorwaidfen. Im GeiiAt hnd aiie tiefen
Einkerbungen vermieden. Die Arbeit des LiAtes iit fait ausgeiAaitet. Die
Augen hnd ais farbiofe Äpfei gegeben. Beim Körper iit die Proportion deutiiA
gegliedert, niAt ohne gewiife Erinnerungen an die grieAiiAe Skulptur phi-
diahiAen Stiles in der Behandiung der Infkriptionen und der Leihenkurve.
Von jeder weitgehenden Muskeimodeilierarbeit iit Abhand genommen. Die
Silhouette iit klar und einfaA. Der BeiAauer wird vor die Figur gezwungen.
Von hier aus kann er he ganz überiAauen. Jedes Giied iit für ihn iiAtbar,
ÜberiAneidungen gibt es niAt, ja feibit Verkürzungen hnd wie bei den Händen
auf das UnumgängiiAe reduziert.
Bringt man den EindruA auf eine Formei, fo fagt man unwiiiküriiA:
Klafhzismus/ denn was hA hier darhellt, iit genau denfelben Tendenzen er-
waAfen, denen jene eines Goethe, Humboldt, Niebuhr, Thorwaidfen und
RauA ihre Entitehung verdankten. Wiederum hnd es diefelben fozialen
Kreife, aus deren SAoß die neue Bewegung hervorgeht. Gehobenes Bürger-
tum, Profeiforenföhne, Gelehrte, die in Italien ihr zerquältes Nordländertum
vergehen wollen. Anfelm FeuerbaA, der Freiburger ArAäologenfohn und
einhedleriiAe Geiitesariitokrat, Hans von Marees aus altem in DeutlAland
anfäfhg gewordenen HugenottengelAleAt, mütterliAerfeits durA jüdilAes Blut
kompliziert (eine Parallele zu Philipp Veit und Wilhelm SAadow>, Dr. Konrad
Fiedler, ein begüterter Gelehrter, und Adolf Hildebrand, ein Marburger
Profelforenfohn. Dies die Gruppe, die den Neuklafhzismus gebar. Alles

1) Zum Tode Adolf von Hildebrands, geltorben am 17. januar 1921.
 
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