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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 56.1920/​1921 (Oktober-März)

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Nr. 18
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Literatur / [Notizen] / Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.36986#0358

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348

J. Baum : Baukunß und dekorative Piaitik der Frührenaiffance in Itafien

Kanzetn, Grabmäfern und Chorgeßühten,
Decken und Fußböden — überatt macht
ftch das gteiAe Stitgefetz bemerkbar. Bis
in die feinßen Veräßtungen der Formen-
wett hinein wirkt der Geiß, der die Er-
neuerung der Architektur beßimmt, der
Geiit der Renaißance.
Diefen Geiit zu Aarakterißeren, hat
Baum feinem Bitderbande einen gehatt-
votien Eilay: ^Fortteben oder Wieder-
gebürt der Antike?« vorangeßefft; in
knapper, fait aphoriftifcher Form verbucht
er den Stitbegriff der Renaißance von ver-
wirrenden Mißdeutungen zu befreien und
ktar zu umreißen. Befonders wohftuend
ßnd dabei die verßändige Ruhe und Ein-
faAheit, die von der bei der Behandtung
fotcher Themen häufig wahrnehmbaren
Verlegenheit und Spitzfindigkeit erfreutich
abßeAen,- indem Baum atlerhand, was im
Lauf der Zeit in den mehr einer initink-
tiven Setbiterkenntnis afs einer fyßema-
tifAen Wefensbeßimmung entfproßenen
Begriff hineingezwängt worden war, ats
Baitaft über Bord wirk, getangt er zu einer
Formet, die nicht nur durch ihre Durchs
ilchtigkeit und Faßtichkeit dem Begriff ent-
fpricht, den fie deuten fot!, fondern die
auch im WefentfiAen das trifft, was einer
unverbitdeten und unvoreingenommenen
Auffaffung ftets afs der Kern der Re-
naiilance erfAienen iß.
Die negative Vorarbeit bewegt ßA in
zwei Richtungen, gegenüber Worringer's
gewattfamen Doktrinarismus wird der N aA-
weis des ßändigen Nachtebens der An-
tike durch das Mittetatter geführt, deflen
Kunß dadurch wieder von der erfchredcen-
den ßhematißhen Formethaßigkeit ertöß
wird, die ihr durch die GteiAfetzung von
gotifch mit germanifA, nordißh, abßrakt
auferfegt worden ift; gegenüber den Ver-
fuchen Courajocfs und feiner franzößßhen
und deutßhen Nachfotge, die Urfprünge
der Renaiffancebewegung immer weiter
zurüA und in ganz heterogene Geißes-
gebiete zu verfotgen, wird daran feftge-
hatten, daß att diefen Proto- und Pfeudo-
renaiffancen Wefenszüge fehfen, die für
den eAten Begriff unentbehrtich ßnd. So
wenig die mitte!a!tertiAe Kunft — und
fpeziett die Gotik — durA das Antiantike
erfAöpfend definiert ift, fo wenig bedeuten

die verßreuten Vorboten des Renaiilance^
regißers — natürtiAe SturmzeiAen einer
werdenden Geißesbewegung — die Re-
naißance fefbft,- erft die Summe der Merk-
mate und ihre Zufammenfaffung durA eine
einheittiAe Gründorientierung ergibt die
Gettung des neuen Stifs.
».Renaißance beginnt, wenn der ftarke,
bewußte Spirituatismus und Transzendenz
tatismus des Mitteiatters von einem ebenfo
bewußten und bewußt antikifierenden Sen-
fuatismus abgetöß wird.« Die antiken
Überbteibfet, die die mittetatteriiAe Kunft
verwendet und aus denen fie eine Reihe
formater Anregungen ßhöpß, werden ats
Etemente einer geifiig geriAteten Wett-
antAauung verwertet,- trotz der attgemeinen
Berufung auf Dvorak's Ideatismus und
Naturatismus hätte diefe grundfätztiA
andersartige Bedeutung des mittetatterfiAen
Antikißerens — im Verhättnis zur att-
gemeinen Kuttur, zur Baukunß, zur Bitd-
nerei — in den diefen Fragen gewidmeten
Paragraphen vietteicht noA eine fAärfere
Heraushebung finden können. Die Antike
überhaupt und die antike Einzetform be-
ßtzen für das Mittetatter eine geiftige Leben-
digkeit, die ßA bis zum Zauberhaften ßeigert
und jenen erft ihren unvertierbaren Pfatz
im mittetatterfiAen Wettgebäude ßAert,-
in ftoßweifer Konzentration (Aafft diefes
vergeißigte NaAteben die Vorausfetzung
für jene infethaßen und doA durA feßen
unterirdißhen Grund zufammenhängenden
Protorenaißancen — von der karotingifAen
angefangen.
NaAdem Baum die verßhwommenen
Grenzen feines Gebietes durA ktare
SAeidetinien erfetzt hat, geht er zu
der poßtiven Arbeit über, eine auf
einer anthropozentrißhen Grundtendenz
baßerte, auf verfAiedene Erßheinungs-
formen anwendbare Erktärung der Re-
naiilance zu geben. »Die niAt nur füht-
bare, fondern ßAt- und meßbare Gefetz-
tiAkeit der Maßverhättniße und der Ge-
wiAtsverteitung feines Körperbaues, der
ihm innewohnenden Kräße überträgt der
MenfA der Renaißance bewußt in teine
SAöpfungen.« Die Auswirkung diefer
GefetztiAkeit in die bitdnerifAe Formen-
gebung verantaßt die Kfarheit der An-
ßAten, die VerdeutliAung der wefentiiAen
 
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