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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 23.1912

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Vorwort
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Hilig, Hugo: Der kunstgwerbliche Arbeiter, [8]: der Lithograph
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https://doi.org/10.11588/diglit.4421#0018

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BERLINER ARCHITEKTUR UND MÖBELKUNST

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Alfred Grenander

Schlafzimmer

der Photographie im Dienste des Steindrucks nicht nur
erspart, sondern auch in vielen Stücken ersetzt. Und
wenn bis jetzt die Chromolithographie noch sicher vor
der Ausschaltung durch photomechanische Verfahren war,
so änderte sich das mit einem Male, als der Dreifarben-
druck technisch so ausgebildet war, daß auch große Auf-
lagen nach diesem Verfahren hergestellt werden konnten.
In den Kunstdruckereien kamen diese neuen Techniken
obenauf und wenn man sich nur einigermaßen umsieht, so
gewahrt man, wie sehr diese neuen photomechanischen
Verfahren die alte Lithographie abgelöst haben. □
□ Unterdessen aber hatten sich auch die Exportverhält-
nisse geändert. Die Länder, die der deutsche Export
mit lithographischen Druckerzeugnissen versorgt hatte,
produzierten jetzt se'ber. Namentlich gilt das für Nord-
amerika, das den größten Teil der deutschen, vielleicht
auch der europäischen Steindruckerzeugnisse konsumiert
hatte, von dem die lithographische Industrie geradezu
abhing, es geht nun immer mehr zur eigenen Produktion
in diesen Dingen über. Man glaubt schon ganz genau zu
wissen, wann überhaupt Amerika aufhören wird, Kon-
sument unserer lithographischen Erzeugnisse zu sein und
man meint, es werde in einigen Jahren schon geschehen,
daß dieses große Absatzgebiet sich der deutschen Pro-
duktion endgültig verschließt. Damit wäre auch das Schick-
sal der Lithographie in ihrer jetzigen Form besiegelt, wenn
nicht im Inlande neue Absatzmöglichkeiten erschlossen
würden. Man kann zurzeit höchstens sagen, daß diese in

der Verbreitung billiger Originallithographien liegen könne,
aber damit sind auch schon wieder neue Grenzen gesteckt:
diese Originallithographien sind Sache des Künstlers, der
nicht einmal Lithograph von Fach zu sein braucht. Die
Lithographie als Kunstgewerbe wird kaum davon profitieren
und für den industriellen Bedarf, für merkantile Drucksachen,
Emballagen usw. sind eben die anderen modernen Druck-
verfahren schon über die Lithographie hinweggegangen und
auch der Buchdruck hat mit Riesenschritten den Vorsprung
eingeholt, den seinerzeit die Lithographie vor ihm gewonnen
hatte. Und mit der üblen Vermittlerrolle, die die Litho-
graphie zwischen der breiten Masse und einer Pseudokunst
übernommen hatte, wird es, so hofft man wenigstens, von
Jahr zu Jahr zweifelhafter. □
o Nach einer vom Verband der Lithographen, Steindrucker
und verwandten Berufe aufgenommenen Statistik, die zuver-
lässiger sein kann, als die Reichsstatistik, weil sie die Ver-
hältnisse genauer gliedert, und die vom Jahre 1908 stammt,
können die Zahlen der Branchefirmen überhaupt und der
darin beschäftigten Litographen und Steindrucker dartun,
daß es sich auch nicht um ein umfängliches Gewerbe han-
delt. Es wurden in Deutschland im ganzen gezählt 1201
Betriebe, die lithographische Arbeiten machten; ihnen stan-
den 768 Betriebe gegenüber, in denen die Lithographie
schon ausgeschaltet oder überhaupt gar nicht aufgenommen
worden war. Außerdem existierten 217 Privatlithographen,
Lithographen ohne Steindruckerei, die wie die Zeichner
zu bestimmten Druckereien in einem mehr oder weniger

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