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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 23.1912

DOI article:
Schumann, Paul: Dresdner Kunstgewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.4421#0049

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NEUE ARBEITEN DES DRESDENER KUNSTGEWERBEVEREINS

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KARL GROSS, POKAL DER DRESDNER GOLDSCHMIEDE-
INNUNG. AUSFÜHRUNG: H. EHRENLECHNER, GOLD-
SCHMIED, UND J. TH. HEINZE, JUWELIER

der des Kunsthandwerks. Entsprechend der Zeit-
strömung beherrschten auch das Dresdener Kunst-
gewerbe lange Zeit die Nachahmungen alter Stilarten,
bis auch hier ein Rückschlag eintrat. Verschiedene
Umstände und hervorragende künstlerische Persön-
lichkeiten führten ihn herbei. In der Architektur regte
sich zuerst die Sehnsucht, aus der Nachahmung der
alten Stile herauszukommen zu selbständigem persön-
lichem Schaffen aus Eigenem heraus. Renaissance,
Barock, Rokoko, Empire entstanden unter anderen
gesellschaftlichen Voraussetzungen als sie heute herr-
schen; wir haben andere Bedürfnisse, wir haben ganz
andere Möglichkeiten, sie zu befriedigen, als die zeit-
genössischen Träger jener Stile, wir haben neue Ma-
terialien, neue Konstruktionen, alles wandelt sich —
warum sollten wir nicht aus diesen neuen Bedürf-
nissen und Möglichkeiten heraus nach einem neuen
eigenen Stil streben dürfen? Jeder Architekt, jeder
Künstler, der etwas Eigenes an sich hat, wird das
als selbstverständlich empfinden. Für die Denkmal-
pflege vertrat diese Gedanken 1900 in Dresden zum
ersten Male Cornelius Gurlitt. Auf architektonischem
Gebiet nahm sie zuerst Julius Gräbner auf. Auch auf
kunstgewerblichem Gebiete regten sich diese Gedanken
■— nicht zuletzt in Dresden. Sie verdichteten sich
dann zu einer großen, epochemachenden Tat, zu der
Dritten Deutschen Kunstgewerbeausstellung Dresden
igoö. Diese Ausstellung mit ihren 142 vollständig
ausgestatteten Räumen faßte alles zusammen, was an
schöpferischem modernem Kunstgewerbe damals in
Deutschland vorhanden war und erregte vermöge
dieser Kühnheit das größte Aufsehen in allen künst-
lerischen Kreisen Deutschlands und weit über Deutsch-
lands Grenzen hinaus. Die künstlerischen Grundsätze,
unter denen diese Ausstellung zustande kam, gelten
durchaus noch heute: Echtes Material, keine minder-
wertigen Ersatzstoffe, keine Nachahmung, gediegene
Arbeit, Sachstil, d. h. die Formen aus dem Zweck der
Geräte und aus dem Material entwickelt. Auf dieser
Grundlage beruht die Schönheit, nicht aber auf auf-
geklebten Verzierungen, die in den meisten Fällen
überflüssig, oft sogar zweckwidrig und schädlich sind.
Die weitere Entwickelung dieser Grundsätze aber ergibt
sich aus dem persönlichen Empfinden der Künstler,
die Zweck, Material und Arbeitsweise durch ihre Aus-
bildung und durch eigene Arbeit im Material kennen
müssen und aus dem Empfinden unserer Zeit, das
ein Recht auf eigene Formen hat, so gut wie jede
andere voraufgehende Periode. Die neue Entwickelung
ist nicht ohne Kämpfe vor sich gegangen. Es war
so bequem, auf Grund der Hunderte und Tausende
von Abbildungen alter Werke sich ein neues zu kom-
binieren, wozu gar nicht allzuviel Phantasie gehörte.
Zum Schaffen im modernen Sinne aber gehört un-
bedingt ein Künstler mit schöpferischer Begabung.
Künstler und Kunsthandwerker müssen Zusammen-
gehen, wenn auf modernen Wegen etwas Einwand-
freies, echt Künstlerisches geschaffen werden soll.
Dieses Zusammengehen aber ist in den letzten Jahren
in Dresden erneut aus allen Kräften gepflegt worden.
Während die Führer des Kunstgewerbes in der vorauf-
 
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