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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 23.1912

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Geller, Johannes: Rudolf Bosselt
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https://doi.org/10.11588/diglit.4421#0071

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ARBEITEN VON RUDOLF BOSSELT



Relief von einem Grabmal
in Mülheim a. d. Ruhr

eines eigenen Wohnhauses
nicht ausgeführter Skizzen und aufgezeichneter Kon-
zeptionen. >Salvo errore et omissione,« sagt der
Bankier; Irrtum und Auslassung Vorbehalten; denn
das Aufgezählte sind nur die mir bekannten Werke.
Alles das entstanden in einer 13jährigen Schaffens-
periode, die damit begann, daß Bosselt im 28. Lebens-
jahre aus Paris vom Großherzog Ernst Ludwig von
Hessen in die Künstlerkolonie Darmstadt berufen
wurde, wo er mit Peter Behrens, Paul Bürck, Hans
Christiansen, Ludwig Habich, Patriz Huber und
Joseph Olbrich das Fähnlein der sieben Aufrechten
bildete, das die neue Bewegung in der Kunst erst
sichtbar gemacht hat. 1904 erfolgte dann die Be-
rufung an die Kunstgewerbeschule in Düsseldorf als
Lehrer der Bildhauerklasse, und April 1911 die Wahl
zum Direktor der Kunstgewerbe- und Handwerker-
schule in Magdeburg. □
□ Eigentlich populär wird ein Bildhauer erst durch

jungen Kräfte tun dies immer wieder — mit
den Dingen des täglichen Lebens, mit der Um-
gestaltung der Formen, die der Alltag erfordert;
als wahre Synthetiker in der Kunst führen sie
ihren Bau von sicheren Fundamenten nach oben
auf; aber sie verlassen fast alle kurz über lang
ihr erstes Arbeitsfeld und wenden sich der reinen
unangewandten Kunst zu. So werden aus Schrift-
zeichnern Architekten, aus Lithographen Maler,
aus Silberschmieden Plastiker. Sie können alles;
genau wie die Meister in der Zeit der Vasen-
malerei in Hellas oder in der Blüte der Re-
naissance in Italien oder in Japan, als die Kultur
unseres Westens dort noch nicht ihre verwüstende
Wirkung begonnen hatte; in solchen Kunst-
frühlingszeiten haben sie die Massen durch den
Gebrauch schöner veredelter Dinge der täglichen
Handreichung zu Liebhabern und Kennern heran-
gebildet; da kannte man aber auch keinen Unter-
schied zwischen freien und angewandten Künsten,
und es gab Kunstfreunde, die sich ruinierten,
um durch den Bau eines schönen Hauses sich
ein Denkmal zu setzen; und die bei ihren Auf-
trägen und Erwerbungen nicht erst überlegten,
ob das aufgewendete Kapital auch wohl gut
angelegt sei! □
□ Ein Künstler, dessen Lehrjahre ein absolut
typisches Erscheinungsbild für die skizzierte Ent-
wicklung der neuen Kunstbewegung bietet: sechs
Jahre Werkstattpraxis als Ziseleur in einer Bronze-
gießerei und in der Kgl. Porzellanmanufaktur
Berlin, darauf sechsjähriger Lehrgang in der
Kunstgewerbeschule und zum Teil im Städel-
schen Institut in Frankfurt und endlich zwei-
jähriges Studium an der freien Akademie Julian
in Paris, ist Bosselt. a
□ Seine Schaffenskraft ist unermüdlich. Selbst
seine näheren Freunde werden erstaunt sein zu
hören, daß das Gesamtwerk des jetzt vierzig-
jährigen Künstlers etwa 120 ausgeführte Ar-
beiten umfaßt; dazu kommen verschiedene Ent-
würfe zu Monumenten, Plan und Ausführung
und eine Reihe noch eine große Aufgabe, die ihn sozusagen jede Stunde
der Öffentlichkeit präsentiert. Dabei ist es gleich-
gültig, ob der Künstler die Aufgabe schlecht oder
gut löst. Es genügt der Hinweis auf Schilling:
Niederwalddenkmal, Begas: Kaiser-Wilhelm-Denkmal,
Lederer: Bismarckroland, allenfalls auch Hildebrand

Relief von einem Grabmal
in Mülheim a. d. Ruhr

mit verschiedenen größeren Monumenten. Eine solche
Popularität verschaffende Aufgabe hat Bosselt bis jetzt
leider, oder auch glücklicherweise gefehlt. Den
anderen Zugang zur Popularität schafft die Herstellung
von Kleinplastiken, die man in jedem guten Kunst-
laden erstehen und in allen gutgeleiteten Museen
finden kann; die Wrbasche Diana, der Stucksche
Athlet, Gauls Tiergestalten sind Beispiele, die jedem
bekannt sind. Hier versagt Bosselt nun aus äußer-
lichen Gründen. Denn man kann von seinen Ar-
beiten in Kunsthandlungen nichts erwerben. Und
Museumsdirektoren informieren sich selten da, wo die
Werte geschaffen werden; sie besuchen die Börsen,
 
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