werden! Vergebliche Neugier, das Geheimnis zu erfahren!
Nur ein bauernschlaues, durch den langen blonden Bart
kaum verdecktes Lächeln würdet ihr auf eine Frage zur
Antwort erhalten. So bewahrte wohl ein alter Maler das
Geheimnis mühselig gefundener Materialmischungen, die
seinen Bildern Jahrhunderte dauernden Glanz verliehen, o
n Dann, eines Tages stehen sie knisternd da, der glühen-
den Muffel entnommen: Vasen, sich brüstend, und feine
Schalen, aus dem Innern leuchtend; eine neben der anderen
in sich von wertvoller Schönheit, aber viel schönen Dingen
noch zu vergleichen: Hier ist ein metallisches, weitbauchig
und hohes Gefäß im dunklen Rot der Blutbuche, durch-
zogen von zerfließenden grünen Adern; daneben eines mit
dem milden, verhaltenen Fluß perlblassen Halbedelsteins;
wie man ohnehin oft an edle Steine denken muß, wenn
Augen und Hände diese Gefäße betastend umfassen. Eine
Schale ist fleckig-braungelb getigert wie Schlangenhaut und
eine faltet sich vom Tisch auf, mattbleich, ähnlich dem
Blütenblatt einer seltenen Pflanze und so dünn, als könnte
man sie sachte biegen. Und aus manchen von ihnen
bricht es in fein schimmernder Lüstrierung wie Sonne aus
algenfarbenem Wasser. □
□ Denn' Seidler erschaut sich die Mehrzahl seiner Motive
am Ufer des heimatlichen Bodensees. Diesem, es ist nicht
zu viel behauptet, seinen unzählbaren Farben, der Vielfalt
von täglich mit der intensiven Erlebnisfähigkeit des Künst-
lers gesehenen Stimmungen, verdanken die köstlichsten
Stücke ihre Eigenheit. Nirgendwo sonst zeigen sich wohl
die Spiele des Spektrums mannigfaltiger als im Wasser der
großen Seen — und der Bodensee zeichnet sich darin
im besonderen aus. — Sie wechseln nach Jahreszeit, nach
Tag und Stunde: Ob im Sommer die kleinen schilf-
umstandenen Buchten irisieren vom Gase faulenden See-
krautes, oder ob, während klare Wolken stehen, Bäume
am Ufer breitblättrig herüberschatten und dem Wasser
diesen kühlenden Ton geben, ob es im Herbst von rötlich
welkenden Buchen einen Schein erhält, ob an verhüllten
Wintertagen von sandiger Bräune aus Untiefen und vom
schneeigen Ufer unter engem Himmel — stets erfassen
den Sinn überraschende, neue Färbungsreize, die den
idiosynkratisch reagierenden Künstler zu der Gestaltung
drängen, die seinen Zielen entspricht. o
□ Seidlers Vasen wollen als Schmuckstücke in erster Linie
Bestandteile des Raumes sein, nicht Kleinodien im Raum,
ohne inneren Zusammenklang mit ihm. Sie haben teil
an der einheitlichen Wirkung eines sie umgebenden Ganzen.
Und in diesem Verfolg kommen wir auf ein anderes: Sie
sollen auch mit den Blumen, mit den Gezweigen, denen
sie als Umhüllung dienen, wiederum eine Einheit bilden.
Es gibt heute Kunsttöpfer — gegen deren ernstes Streben
nichts zu sagen ist — die den Zweck ihres Schaffens im
Entferntesten nicht erreichen, weil sie mißverständlich ihre
Gefäße derart mit pflanzlichen oder irgendwelchen anderen
Motiven bedecken, daß fast nie voll wohltuende Wirkungen
ausgehen. Einmal sind diese Motive sehr selten ganz zum
Ornament so verarbeitet, als daß nicht das gewöhnlich
überbliebene Zufällige an sich schon störte; dann aber
wirken sie auf feine Sinne im Zusammenhalt mit der
frischen Natürlichkeit der echten Zweige oder Blüten oft
peinlich stillos und unausgeglichen. Schon deswegen auch,
weil nicht jede Pflanze als Folie für jede beliebige andere
dienen kann. — All das wird bei Seidler vermieden, weil
eben nur koloristische Werte mit ebensolchen in Beziehung
zu setzen sind. Man muß einmal weiße Chrysanthemen
oder violette Iris in einer der hohen seegrünen, silber-
geäderten Gefäße gesehen haben, um dies recht zu be-
greifen. Sie bieten sich in Einheit dar mit der sicheren
Frische organischer Gebilde. — Ja, ich wage zu behaupten,
daß diese Art Vasen die einzige ist, die recht eigentlich
dem Bedürfnis der modernen kultiviert bürgerlichen