KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU
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In den Schlaf- und Fremdenzimmern, den Wohnbezirken
der Kinder und der Dienstboten läßt er das Zweckbedürfnis
herrschen. Doch überall so, daß er durch ein bißchen
Malerei, durch eine schablonierte Borde, eine Kurve an
den Holzgeräten, einen Beleuchtungskörper oder einen
Metallbeschlag die eigene Nuance hervorblitzen läßt. Mag
es nur wie in einem Schlafzimmer das sinnliche Spiel von
vielerlei abgestuften roten und weißen Flächen sein. Mag
es wie in einem Vorraum des ersten Geschosses ein Wand-
anstrich, spitzig grün glänzend wie ein Biedermeier-Buch-
deckel sein. Man ist überrascht über eine so weise Zurück-
haltung, die sich mit wenigen, aber eigenen Mitteln, starken
Eindruck zu erzwingen versteht, die an besonderer Stelle
den ganzen Reichtum einer einzig kühnen Phantasie zu
verschwenden weiß und aus diesem Nebeneinander von
Notwendigkeit und Überfluß, von realem Zwang und
tiefster Schöpferlust ein bleibendes Kunstwerk organisiert
hat. Dieses Haus Rosenfeld, in dem es von fremder Hand
nichts als ein Herrenzimmer von Haustein gibt, ist in der
Tat ein Meisterwerk, ein modernes Milieu, wie wir es gern
öfter einmal entdecken möchten. Paul Westheim.
□ Paris. Über den vor kurzem geschlossenen »Quatrieme
Salon des Industries du Mobilier« ist der »Ständigen Aus-
stellungskommission für die Deutsche Industrie« von her-
vorragend sachverständiger Seite ein in vieler Beziehung
höchst beachtenswerter Bericht zugegangen, dem das Nach-
stehende entnommen sei. □
□ Die in der gesamten französischen Presse überschweng-
lich und nicht ohne einige kritische Zensuren über die
»nachbarlichen« Wettbewerbe als ein unbestreitbarer Be-
weis der bestehenden Überlegenheit des französischen Ge-
schmacks auf dem Gebiete der Möbelindustrie und der
Raumkunst gefeierte Ausstellung bot sehr Gutes, aller-
dings betrachtet vom Standpunkt des in seinem Geschmack
und in seinen Lebensgewohnheiten sehr konservativen
französischen Durchschnittskäufers, der an seinen alten
Stil in Bauweise und Einrichtung gewöhnt, jeder Neu-
einrichtung auf diesem Gebiete mit größter Voreingenom-
menheit entgegentritt. Die große Halle des »Grand Palais
des Champs Elysees«, in die sechs Reihen offener Stände
eingebaut waren, sowie ein großer Teil der Nebenräume
des Erdgeschosses umfaßten eine Fülle mustergültiger Er-
zeugnisse der Möbel- und verwandter, bez. benachbarter
Industrien, wie der Weberei, der Töpferei, der Keramik
und Kunstbronze, deren Chambres syndicales die Aus-
stellung unter dem Patronat verschiedener Minister und
anderer hoher Staatsbeamten veranstaltet hatten. Was
Material, gediegene Arbeit und Ausführung anlangt, so
legten die ausgestellten Gegenstände Zeugnis ab für die
hohe Stufe, auf der die genannten Industrien stehen. Je-
doch wirkte die fortwährende Wiederkehr von mehr oder
minder getreuer Verwendung der Stile Louis XV., Louis XVI.
und Empire auf die Dauer einförmig. o
□ Für das deutsche Kunstgewerbe ein ehrendes Zeugnis,
aber auch gleichzeitig eine Mahnung, seine Stellung zu
wahren, ist die auch in der französischen Presse bereits
zum Ausdruck gebrachte Tatsache, daß man in Frankreich
immer mehr zu der Einsicht gelangt, wie notwendig es
sei, sich endlich von den alten überlieferten Formen zu
emanzipieren, und daß man andererseits die Befürchtung
nicht unterdrücken kann, daß das in dieser Beziehung vor-
geschrittene Ausland dem sich regenden Bedürfnis früher
entgegenkommen und ein Absatzgebiet in Frankreich ge-
winnen könne, ehe sich nur die französische Möbelindustrie
den neuen Forderungen angepaßt habe. □
□ Solche Erwägungen und Strömungen hatten bereits in
diesem Jahre dazu geführt, einen besonderen Wettbewerb
zum Zwecke der Entdeckung und Schaffung eines neuen
Stils in der Möbelindustrie und Raumkunst zu veranstalten,
dessen Ergebnis allerdings im Vergleich zur Hauptaus-
stellung, was Zahl und Qualität der Teilnehmer und ihre
Leistungen anlangt, gleich unbedeutend war. Dabei war
bezeichnend die Tatsache, daß nur wenige der bedeuten-
deren Pariser Möbelfabrikanten sich daran beteiligt hatten
und die in einem Teil des Obergeschosses des Grand
Palais untergebrachten Zimmereinrichtungen vielmehr nur
von den Firmen zweiten Ranges ausgestellt waren. □
□ Der Besuch war, dank einer ausgiebigen Propaganda
und unterstützt von durch gute Kräfte ausgeführten Frei-
konzerten, recht lebhaft und betrug z. B. an den letzten
Sonntagen je über 30000 Personen. □
□ Der Ausstellungskatalog und einige Berichte über die
Veranstaltung aus französischen Fachblättern können an
der Geschäftsstelle der Ständigen Ausstellungskommission
(Berlin NW., Roonstraße 1) eingesehen werden. □
□ Paris. Im Jahre 1915 sollte in Paris eine internationale
kunstgewerbliche Ausstellung stattfinden. Die »Union cen-
trale des arts decoratifs«, die »Societe d’encouragement
ä l’art et ä l’industrie« und die »Societe des artistes deco-
rateurs« hatten gemeinsam an den französischen Kunst-
minister Dujardin-Beaumetz das Gesuch um die Veran-
staltung dieser Ausstellung gerichtet. Auch haben einige
Deputierte einen entsprechenden Gesetzesantrag vor die
Kammer gebracht. Andere aber wollten, wie wir aus guter
Quelle erfahren, die geplante Ausstellung verschieben, wahr-
scheinlich auf das Jahr 1920, weil sich die französischen
Künstler und Kunstgewerbler noch nicht sicher genug fühlten,
der Konkurrenz des ausländischen, insbesondere des deutschen
Kunstgewerbes gegenüber zu treten. Nun hat der Handels-
minister eine Kommission eingesetzt, deren Gutachten erst
in einigen Monaten zu erwarten ist. □
SRAM
Dauerhafte und best-
bewährte Glühlampe ^
70 " o Stromersparnis
Grand Prix
Brüssel 1910
Zu beziehen durch die Elektri-
zitätswerke und Installateure.
Auergesellschaft
Berlin 0.17 .
Für die Redaktion des Kunstgewerbeblattes verantwortlich: Fritz Hellwag, Berlin-Zehlendorf
Verlag von E. A. Seemann in Leipzig. — Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h. in Leipzig
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In den Schlaf- und Fremdenzimmern, den Wohnbezirken
der Kinder und der Dienstboten läßt er das Zweckbedürfnis
herrschen. Doch überall so, daß er durch ein bißchen
Malerei, durch eine schablonierte Borde, eine Kurve an
den Holzgeräten, einen Beleuchtungskörper oder einen
Metallbeschlag die eigene Nuance hervorblitzen läßt. Mag
es nur wie in einem Schlafzimmer das sinnliche Spiel von
vielerlei abgestuften roten und weißen Flächen sein. Mag
es wie in einem Vorraum des ersten Geschosses ein Wand-
anstrich, spitzig grün glänzend wie ein Biedermeier-Buch-
deckel sein. Man ist überrascht über eine so weise Zurück-
haltung, die sich mit wenigen, aber eigenen Mitteln, starken
Eindruck zu erzwingen versteht, die an besonderer Stelle
den ganzen Reichtum einer einzig kühnen Phantasie zu
verschwenden weiß und aus diesem Nebeneinander von
Notwendigkeit und Überfluß, von realem Zwang und
tiefster Schöpferlust ein bleibendes Kunstwerk organisiert
hat. Dieses Haus Rosenfeld, in dem es von fremder Hand
nichts als ein Herrenzimmer von Haustein gibt, ist in der
Tat ein Meisterwerk, ein modernes Milieu, wie wir es gern
öfter einmal entdecken möchten. Paul Westheim.
□ Paris. Über den vor kurzem geschlossenen »Quatrieme
Salon des Industries du Mobilier« ist der »Ständigen Aus-
stellungskommission für die Deutsche Industrie« von her-
vorragend sachverständiger Seite ein in vieler Beziehung
höchst beachtenswerter Bericht zugegangen, dem das Nach-
stehende entnommen sei. □
□ Die in der gesamten französischen Presse überschweng-
lich und nicht ohne einige kritische Zensuren über die
»nachbarlichen« Wettbewerbe als ein unbestreitbarer Be-
weis der bestehenden Überlegenheit des französischen Ge-
schmacks auf dem Gebiete der Möbelindustrie und der
Raumkunst gefeierte Ausstellung bot sehr Gutes, aller-
dings betrachtet vom Standpunkt des in seinem Geschmack
und in seinen Lebensgewohnheiten sehr konservativen
französischen Durchschnittskäufers, der an seinen alten
Stil in Bauweise und Einrichtung gewöhnt, jeder Neu-
einrichtung auf diesem Gebiete mit größter Voreingenom-
menheit entgegentritt. Die große Halle des »Grand Palais
des Champs Elysees«, in die sechs Reihen offener Stände
eingebaut waren, sowie ein großer Teil der Nebenräume
des Erdgeschosses umfaßten eine Fülle mustergültiger Er-
zeugnisse der Möbel- und verwandter, bez. benachbarter
Industrien, wie der Weberei, der Töpferei, der Keramik
und Kunstbronze, deren Chambres syndicales die Aus-
stellung unter dem Patronat verschiedener Minister und
anderer hoher Staatsbeamten veranstaltet hatten. Was
Material, gediegene Arbeit und Ausführung anlangt, so
legten die ausgestellten Gegenstände Zeugnis ab für die
hohe Stufe, auf der die genannten Industrien stehen. Je-
doch wirkte die fortwährende Wiederkehr von mehr oder
minder getreuer Verwendung der Stile Louis XV., Louis XVI.
und Empire auf die Dauer einförmig. o
□ Für das deutsche Kunstgewerbe ein ehrendes Zeugnis,
aber auch gleichzeitig eine Mahnung, seine Stellung zu
wahren, ist die auch in der französischen Presse bereits
zum Ausdruck gebrachte Tatsache, daß man in Frankreich
immer mehr zu der Einsicht gelangt, wie notwendig es
sei, sich endlich von den alten überlieferten Formen zu
emanzipieren, und daß man andererseits die Befürchtung
nicht unterdrücken kann, daß das in dieser Beziehung vor-
geschrittene Ausland dem sich regenden Bedürfnis früher
entgegenkommen und ein Absatzgebiet in Frankreich ge-
winnen könne, ehe sich nur die französische Möbelindustrie
den neuen Forderungen angepaßt habe. □
□ Solche Erwägungen und Strömungen hatten bereits in
diesem Jahre dazu geführt, einen besonderen Wettbewerb
zum Zwecke der Entdeckung und Schaffung eines neuen
Stils in der Möbelindustrie und Raumkunst zu veranstalten,
dessen Ergebnis allerdings im Vergleich zur Hauptaus-
stellung, was Zahl und Qualität der Teilnehmer und ihre
Leistungen anlangt, gleich unbedeutend war. Dabei war
bezeichnend die Tatsache, daß nur wenige der bedeuten-
deren Pariser Möbelfabrikanten sich daran beteiligt hatten
und die in einem Teil des Obergeschosses des Grand
Palais untergebrachten Zimmereinrichtungen vielmehr nur
von den Firmen zweiten Ranges ausgestellt waren. □
□ Der Besuch war, dank einer ausgiebigen Propaganda
und unterstützt von durch gute Kräfte ausgeführten Frei-
konzerten, recht lebhaft und betrug z. B. an den letzten
Sonntagen je über 30000 Personen. □
□ Der Ausstellungskatalog und einige Berichte über die
Veranstaltung aus französischen Fachblättern können an
der Geschäftsstelle der Ständigen Ausstellungskommission
(Berlin NW., Roonstraße 1) eingesehen werden. □
□ Paris. Im Jahre 1915 sollte in Paris eine internationale
kunstgewerbliche Ausstellung stattfinden. Die »Union cen-
trale des arts decoratifs«, die »Societe d’encouragement
ä l’art et ä l’industrie« und die »Societe des artistes deco-
rateurs« hatten gemeinsam an den französischen Kunst-
minister Dujardin-Beaumetz das Gesuch um die Veran-
staltung dieser Ausstellung gerichtet. Auch haben einige
Deputierte einen entsprechenden Gesetzesantrag vor die
Kammer gebracht. Andere aber wollten, wie wir aus guter
Quelle erfahren, die geplante Ausstellung verschieben, wahr-
scheinlich auf das Jahr 1920, weil sich die französischen
Künstler und Kunstgewerbler noch nicht sicher genug fühlten,
der Konkurrenz des ausländischen, insbesondere des deutschen
Kunstgewerbes gegenüber zu treten. Nun hat der Handels-
minister eine Kommission eingesetzt, deren Gutachten erst
in einigen Monaten zu erwarten ist. □
SRAM
Dauerhafte und best-
bewährte Glühlampe ^
70 " o Stromersparnis
Grand Prix
Brüssel 1910
Zu beziehen durch die Elektri-
zitätswerke und Installateure.
Auergesellschaft
Berlin 0.17 .
Für die Redaktion des Kunstgewerbeblattes verantwortlich: Fritz Hellwag, Berlin-Zehlendorf
Verlag von E. A. Seemann in Leipzig. — Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h. in Leipzig