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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 23.1912

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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4421#0169

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KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU

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□ Drittens. Auch das Gelände zwischen dem Ettlinger
Torplatz und der Festhalle soll zu einem geschlossenen
Platz ausgebaut werden. Dieser Platz soll im Charakter
eines Festplatzes mit gärtnerischem Schmuck der künst-
lerische Höhepunkt im Gesamtbild der Stadterweiterung
werden. Auf ihn sollen darum die öffentlichen Monumental-
bauten konzentriert werden: seine Nordfront wird die
Rückfassade des Landesgewerbeamts bilden; zu beiden
Seiden schließen ihn das Landesmuseum (östlich) und die
Städtische Ausstellungshalle (westlich) ein. Den südlichen
Abschluß bilden die (Durnische) Festhalle und das Städtische
Theater. q
o Ein besonderer Vorzug des Projekts, das hier in seinen
Grundgedanken wiedergegeben ist, liegt darin, daß es auch
pekuniär der Stadt keinen besonderen Aufwand verursacht.
Die künstlerischen und praktischen Probleme sind durchaus
einheitlich gelöst und der Stadt ist damit eine hervor-
ragende Verschönerung ihres Gesamtbildes eröffnet, die


sich lediglich aus einer sachgemäßen und künstlerisch
würdigen aber einfachen Behandlung an sich notwendiger
Bauaufgaben ergibt. Die Entscheidung über die Annahme
des Projekts ist in unmittelbare Nähe gerückt. So steht
Karlsruhe gegenwärtig in einem so entscheidenden Wende-
punkt seiner architektonischen Entwicklung, wie seit
Jahrzehnten nicht mehr. Sollte diesmal die Gelegenheit,
frühere Fehler wieder gut zu machen und die Stadterweite-
rung wieder in die Bahnen der großen Weinbrennerschen
Tradition einzulenken, verpaßt werden, so würde sie in
absehbarer Zeit nicht wieder kommen. Wie die Entschei-
dung aber auch fallen möge: vorbildliche Lösung einer
großen Aufgabe des Städtebaues behält der Mosersche
Stadterweiterungsplan auch seinen Wert in sich. □
Karl Widmer.
□ Magdeburg. Der Kunstgewerbeverein zeigte im Februar
zwei Wanderausstellungen: die des Leipziger Buchgewerbe-
museums von Buchkunst und Illustration und Exotische
Flechtarbeiten vom Deutschen Museum in Hagen i. W.
Die Buchkunstausstellung ist so vielfach gezeigt und be-
sprochen worden, daß es sich erübrigt, über diese aus-
gezeichnete Sammlung etwas zu sagen. Dagegen sind die
von Osthaus gesammelten Flechtarbeiten hier in ihrer Ge-
samtheit zum erstenmal vorgeführt worden. Durchweg
sind es mustergültige Stücke; Volkskunst in dem besten
Sinne, daß die Kunst sich mit der Einfachheit und Selbst-
verständlichkeit gibt, mit der die Natur selber ihre Produkte
schmückt. Die Muster ergaben sich so vollkommen aus
der verschieden gehandhabten Technik, daß Stück für
Stück unserem Kunstgewerbe vorbildlich sein könnte; von
der schlichten und zweckentsprechenden Schönheit der
Gebrauchsform gar nicht zu reden. Die vorzüglichsten
Muster stammen aus Java, Sumatra, Japan; die prächtigsten
Farbenzusammenstellungen aus dem Sudan (der wohl die
glänzendsten Arbeiten lieferte), Mexiko, Java. Die Gegen-
stände beschränkten sich auf mannigfaltige Körbe und
Körbchen, flache Teller, Schachteln, Schalen, Zigarrenetuis,
Hüte. a
d Im März folgte die zum erstenmal vollständige Wander-
ausstellung des Deutschen Museums: Glasmalerei und
Glasmosaik. Man hat namentlich bei Gelegenheit der
ersten Vorführung der Heinersdorffschen Glasbilder in
Berlin viel Rühmliches davon gelesen; aber die Wirklich-
keit übertrifft nun noch alle Erwartungen. Heinersdorff
in Berlin bedeutet für die Erneuerung der alten schönen
Glasfensterkunst etwa das, was Karl Klingspor für die
Buchkunst bei uns ist. Auf seine eigenste Initiative ist
der Zusammenschluß seiner und der Glasmosaikfirma Puhl
& Wagner mit einer Anzahl moderner Künstler zu einem
»Künstlerbunde für Glasmalerei und Mosaik*: zurückzu-
führen. Durch das ständigeZusammenarbeitenvonKünstlern
und Ausführenden ist erst die allseitige Vollendung der
Glasmalerei ermöglicht worden; und vor allem durch die
Heranziehung junger revolutionärer Maler ist ein ganz
neuer Geist in den lange vernachlässigten Zweig des Kunst-
gewerbes gekommen. Gerade die Fenster von Malern der
Neuen Sezession, vor allem Pechstein, Ce'sar Klein, Beugen
sind die schönsten und materialgerechtesten. Bei ihnen
lebt der alte Glanz der mittelalterlichen Kirchenfenster
wieder auf; die Bleistege bilden die Grundlinien der
Zeichnung, und der Eindruck des Ganzen ist rein koloristisch,
flächenhaft und ohne Spur von Perspektive, so wie es die
echten alten Fenster sind. Daneben finden sich noch sehr
gute lineare Stücke, bei denen die Farbe mehr zurücktritt.
Namentlich ist das Fenster, das Thorn-Prikker für den
Hagener Bahnhof schuf, von gewaltiger strengerStilisierung;
ein Ritter von August Unger überrascht durch großen
monumentalen Wurf. o
 
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