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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 23.1912

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Hellwag, Fritz: Etwas vom Bronzeguss
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https://doi.org/10.11588/diglit.4421#0199

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ETWAS VOM BRONZEGUSS

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O Um für den Sandguß die Mantelform zu nehmen, bettet
man das Modell oder dessen zu formenden Teil, in einen
halben Formkasten, der mit Sand gefüllt ist. Die obere
Hälfte des Modells muß frei aus dem glatt geschichteten
Sande herausragen und wird mit Likophon oder Holzkohlen-
staub, der das Ankleben des aufzulegenden Sandes verhindert,
bepudert und sorgfältig mit feinstem Fürstenwalder Sand
abgeformt. Das geschieht, indem man den Sand erst an
einen kleinen Teil des Modells andrückt und mit einem
Hämmerchen so lange klopft, bis er in sich genügend
Festigkeit bekommen hat. Dann löst man dies Sandstück
vorsichtig ab, schneidet es seitwärts glatt, bepudert es innen
und legt es genau wieder auf die entsprechende Stelle des
Modells. Dann formt man dessen anschließenden Teile
in gleicher Weise ab, wobei die einzelnen Sandstücke genau
aneinander passen müssen. Ist nun die ganze obere
Modellfläche mit solchen Sandteilformen bedeckt, so hinter-
gießt man diese von oben mit Gips, löst nach Erkalten
den äußeren Gipsmantel ab, legt ihn mit der Höhlung nach
oben beiseite und bettet dann in ihn wieder die einzelnen
Sandformteile, die man in sich und unter sich durch ein-
gesteckte dünne Stiftchen befestigt. Damit hat man die
eine Hälfte des negativen Gußmantels vollendet und verfährt
nun mit der anderen Hälfte des Originalmodells in gleicher
Weise. Sind dann beide negative Sandmantelhälften fertig,
so beginnt die Herstellung des Gußkernes. Mit leichter
Hand drückt und klopft man in den wiedervorher bepuderten
negativen Gußmantel, d. h. in seine hohle Sandform, eine zweite
dünne Sandschicht. Dann baut man in die verbleibende
Hohlform ein Draht- oder Eisengestell hinein, das dem
Kern den nötigen inneren Halt verleihen soll, und gießt
das Ganze mit Gips aus. Die erkaltete Gipsmasse (den
Kern), die sich mit der zweiten, innen nicht bepudert ge-
wesenen Sandschicht fest verbunden hat und sie als Decke
auf sich und das Drahtgestell in sich trägt, hebt man heraus
und schält von ihrer Sandschicht vorsichtig und gleichmäßig
genau so viel ab, wie die spätere Metallstärke (Dicke)
betragen soll. Paßt man diesen Kern, gehalten an den
aus ihm herausragenden Enden seines inneren Drahtge-
stelles wieder in den Gußmantel ein, schließt dessen beide
Hälften fest aneinander, so bleibt zwischen Kern und Mantel
überall ein kleiner Luftraum, bestimmt dazu, vom flüssigen
Metall erfüllt zu werden. Nun bohrt man in den Mantel
bis zur Luftschicht die Röhren für den Guß und solche
für die später entweichende Luft und stampft das Ganze
mit Erde in die ummauerte Dammgrube fest ein, so daß
nur noch die Gieß- und Luftlöcher über den Erdboden
herausragen. »Wohl, nun kann der Guß beginnen!« n
* *
*
a Beim Wachsaasschmelzverfahren, das übrigens in seiner
prinzipiellen Anwendungsform auf ein ehrwürdiges Alter
von 3500 Jahren zurückblicken kann, wird die erste negative
Mantelform gewonnen, indem man zuerst die obere Hälfte
des in den Sandkasten gebetteten Originalmodells mit einer
Tonschicht von der Dicke der gewünschten Metallstärke
belegt und diese mit einer Gipshülse umgießt. Dann wird
aus dieser abgehobenen Gipshülse der angeklebte Ton
wieder herausgekratzt und das Originalmodell in den Gips-
mantel eingebaut. Zwischen beiden bleibt der, früher von
der Tonschicht eingenommene Luftraum frei, der nun mit
flüssiger Gelatine ausgegossen wird. Die Gelatine hat die
Eigenschaft, daß sie in flüssigem Zustande alle, auch die
kleinsten Vertiefungen des Modells scharf ausfüllt und sich
nach Erkalten wie eine Kappe von jenem abziehen läßt,
ln dem abgehobenen negativen Gipsmantel wird diese
negative Gelatinekappe wieder eingepaßt und in der inneren

Höhlung ganz gleichmäßig mit Wachs bestrichen. Nun
wird wie beim Sandguß in die Hohlform ein, das Rückgrat
des Kernes bildendes Drahtgestell eingelegt und das Ganze
mit einer Mischung von Gips und hitzebeständigem Ziegel-
mehl ausgegossen. Nach Erkalten wird vom Gipskern,
an dem die Wachsschicht fest haftet, die Gelatinekappe
abgezogen. n
□ Man hat so ein mit Wachs bedecktes Kernstück ge-
wonnen, das in Form und Größe dem Original genau ent-
spricht. Allerdings sind bei diesem zweiten Negativ manche
Feinheiten verloren gegangen, die nun aber vom Künstler
selbst im Wachs nachmodelliert werden können. Darin besteht
also der große Vorzug des Wachsformverfahrens, daß der
Künstler das zweite Modell, von dem ja der Guß genommen
werden soll, noch einmal durcharbeiten, ja, sogar ihm noch
Wachsteile ansetzen kann, was alles beim Sandformver-
fahren nicht möglich ist. Allerdings setzt das Wachsform-
verfahren dieses künstlerische Nacharbeiten des Wachs-
kernes unbedingt voraus. Aber leider nehmen nur wenige
Künstler die Gelegenheit, so die letzte Hand an ihr Werk
legen zu dürfen, wirklich wahr! Desto mehr sind sie
nachher erstaunt, wenn das vielgerühmte Wachsausschmelz-
verfahren ihnen einen stumpfen ungenauen Guß geliefert
hat; sie geben dem Gießer die Schuld, die doch allein bei
ihnen liegt. Diejenigen Künstler also, die ihre Nacharbeit
in diesem Stadium nicht ausführen können oder wollen,
tun immer besser, schon den Original-Gipsabguß aufs ge-
naueste und schärfste nachzumodellieren, damit nicht auf
dem langen Wege bis zum Bronzeguß alle Feinheiten
ihrer Werke verloren gehen. Wer es aber versteht, ein
Wachsmodell sachgemäß zu bearbeiten, der wird nach dem
Guß seine helle Freude erleben, wenn er im Bronzeabguß
die allerfeinsten Abdrücke seiner Hand und seines Werk-
zeuges wiederfindet. Ein solcher durch das Wachsaus-
schmelzverfahren gewonnener guter Bronzeabguß kann
einem künstlerischen Originalwerk unbedingt gleich ge-
wertet werden! — Kehren wir zu der überarbeiteten Wachs-
kernfom zurück. Sie wird in mehrfacher feinster Bepinse-
lung mit einer Tonschicht mantelartig bedeckt. Dann muß
man durch dieseTonschicht hindurch mehrere Guß- und Luft-
röhren, die bis auf die auszuschmelzende Wachsschicht hin-
unterreichen, einsetzen und das Ganze noch mit einer dichten
Tonrinde umgeben, die sich auch fest um die aus der
Kernform herausragenden Teile des Drahtgestells schließt
und hiermit der, später (nach Ausschmelzen des Wachses)
freischwebenden Kernform den bleibenden Halt innerhalb
des Gußmantels gewährt. Die so ummantelte Form wird
langsam erhitzt, bis das Wachs vollständig ausgeschmolzen
ist, und noch zum Glühen gebracht, damit sie Festigkeit
erhält und nicht etwa durch das einströmende, glühende
Metall zersprengt werde. Darauf wird sie, ebenso wie
die Sandgußform in der Dammgrube fest eingestampft.
Das Metall wird entweder aus Schmelztiegeln in die frei-
liegenden Röhren gegossen oder aus dem Flammofen durch
Rinnen zu ihnen geleitet. — 0
□ »Stoßt den Zapfen aus! Gott bewahr das Haus! Rau-
chend in des Henkels Bogen, schießt’s mit feuerbraunen
Wogen!« Das in die Form geflossene Metall ist kalt ge-
worden. »Nun zerbrecht mir das Gebäude, seine Absicht
hats erfüllt, daß sich Herz und Auge weide an dem wohl-
gelungnen Bild. Schwingt den Hammer, schwingt, bis
der Mantel springt! Wenn die Glock’ soll auferstehen,
muß die Form in Stücke gehen . . . Aus der Hülse blank
und eben, schält sich der metallne Kern. Von dem Helm
zum Kranz, spielt’s wie Sonnenglanz!« °
□ Die Arbeit des Gießers ist geschehen und in den Hän-
den der Ziseleure vollendet sich das gelungene Werk, n
 
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