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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 23.1912

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Hellwag, Fritz: Die Anfänge einer neuen Grabmal- und Friedhofkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.4421#0239

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232

EINE FRIEDHOFKUNSTAUSSTELLUNG IN HAMBURG


Entwurf: H. Klugt, Material: Föhrenholz mit Eisenbeschlag

Entwurf u. Bemalung: G. Doren, Tischlerarbeit: Carl Janssen

Friedhofkunstausstellung in Hamburg

mals sei es gesagt: diese kirchlichen Bestimmungen
sind hervorgegangen aus dem gemeinsamen Geiste
der Kirche, und sind eben darum mehr zu achten,
als alle Bestimmungen einer Ästhetik, die etwa da-
gegen sprechen möchte«. Die zweite Auflage des
Werkes wurde, wie im Vorwort gesagt ist, ausdrück-
lich nach der geschichtlichen Seite hin bedeutend ver-
größert. »Arbeitet ja gerade jetzt die moderne, so-
genannte Ästhetik mit einer ganz raffinierten Konse-
quenz, um auch dieses Gebiet von allem Übernatür-
lichen gründlich zu purifizieren, und die Entwicklung
der Kunst in jedem ihrer Zweige aus der Bahn der
Kirche geschichtlich und praktisch hinauszudrängen.«
Die dritte, erst 1880 erschienene Auflage richtet sich
mit noch viel mehr verstärkter Energie gegen die
»Moderne Kunst«, die das »non serviam« so un-
gescheut als Losungswort nehme. »Was bleibt da
übrig, als diese „Kunst“, wenn auch zu unserem Be-
dauern, eine Zeitlang frei ihre Wege laufen zu lassen,
bis die Früchte es zeigen werden, welches das Ende
einer solchen Freiheit sein müsse?« . . . »Die kirch-
liche Kunst muß ferner vor dem Sicheindrängen welt-
licher Kunstübung, insoweit sie ihr Gefahr bringend
ist, möglichst gesichert werden. Also 1. Die Phrase
„Befreiung des Individuums von der hemmenden
Fessel“ werde in der Kirche nicht gehört . . . Der

Individualismus der modernen Kunst ist ein arger
Feind jeder kirchlichen Kunst.« Dann folgen ein paar
sehr vernünftige Sätze: »2. . . . Der moderne Industria-
alisnrus, diese Ausartung einer gesunden Industrie, ist
der zweite Feind der kirchlichen Kunst. Künstler
und Kunst vor ihm zu beschützen, sollte Gewissenssache
der Kirchenvorstände werden. 3. Ihm eng verbunden
ist das Surrogatwesen! . . . Mögen die Priester diesen
dritten Feind standhaft abwehren von der kirchlichen
Kunst!« — Wenn man sich vor Augen hält, daß die
ganze Polemik gegen jegliche weltliche und individu-
alistische Kunstübung gerichtet ist, so kann man sich
denken, wie die auf Grabmäler bezügliche Vorschrift
(Instr. past. Eystettens. pag. 121) »Lächerliche, un-
passende und geschmacklose Epitaphien sollen von
den Seelsorgern nicht zugelassen, oder entfernt wer-
den, wo sie gesetzt wurden« ausgeübt werden soll.
Die entwicklungsfeindlichen Tendenzen der Kirche
sprechen sich sogar in den Bestimmungen über die
Anlage der Friedhöfe aus. »Die Grabdenkmale mit
Blumen zu umpflanzen, ist gewiß sinnig und lobens-
wert; aber weniger stimmt es mit den kirchlichen
Anschauungen überein, den ganzen Gottesacker einem
Garten ähnlich zu gestalten.« (Conc. Vienn. 1858
tit. IV, Cap. 15: »Ut in horti modum componatur,
non toleretur.«) n
 
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