Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 4./​5.1922/​23

DOI Heft:
2. Oktoberheft
DOI Artikel:
Werkstätten für Künstler / Aus der Museums- und Sammlerwelt / Kunstausstellungen / Kunstauktionen / Neue Kunstbücher / Jahresschau Deutscher Arbeit Dresden / Aus der Künstlerwelt
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.20303#0102

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
in der sich dies furchtbar rächt. Die Vernachlässigung von Kunst
und Wissenschaft und ihrer Vertreter ist stets einem Volke zum
Verhängnis geworden! Vor allem auch dann, wenn der Versuch
gemacht wird, beides dadurch zu profanieren, indem man es „so-
zialisiert“. Sozialisierungsbestrebungen mögen auf wirtschaft-
lichem Boden gedeihen und da auch manche gute Frucht hervor-
bringen, aber auf künstlerischem wie wissenschaftlichem Gebiete
wirken sie unheilvoll.

P. S—i.

Aus det? jYtufeumss utid Sammtet’toett,

Stuttgact.

Die schon seit Jahren recht ansehnliche Sammlung der
Broncebeschläge im Landesgewerbemuseum hat
in der letzten Zeit der Zahl und noch mehr dem Werte nach einen
so bedeutenden Zuwachs erfahren, daß nun diese Gruppe gewisser-
maßen einen Abschluß gefunden hat und ganz neu zusammenge-
faßt und angeordnet werden mußte. Dies ist in den letzten Wochen
geschehen, sodaß sich diese Sondersammlung, die wohl nicht so
bald von der eines anderen Museums übertroffen werdeu wird, in
ihrer Neuaufstellung, für die zwei weitere Schränke herangezogen
werden mußten, sehr gut präsentiert und die ganze Entwicklung der
Broncebeschläge von der Renaissance bis über den Anfang des
19. Jahrhunderts hinaus in hervorragenden Leistungen namentlich
aus Deutschland, Österreich und Frankreich zeigt. Dies wird für
viele alte Freunde des Museums, die wieder einmal nicht nur die
Ausstellungen, sondern auch die ständigen Sammlungen auf-
suchen, eine Überraschung sein. Namentlich aber unsere Möbel-
und Kleinmetallindustrie, die noch mit den Erzeugnissen in der
Richtung der historischen Stile zu tun hat und von hier aus auch
wesensverwandtes in alter Stimmung zu schaffen veranlaßt wird,
hat an den schönen Originalen vom 16. Jahrhundert bis tiber die
Empirezeit hinaus eine reiche Fundgrube von Vorbildern und An-
regungen.

100111X15.

Nach mehrmonatlicher Pause ist unsere S t ä d t i s c h e
Gemäldegalerie wiederum mit einer bedeutsamen Aus-
stellung eröffnet worden, die, wie so manche ihrer Vorgänge-
rinnen, in weiteren Kreisen Beachtung verdient. Sie bringt jeden-
falls etwas ganz Neues: Japanische Farbenholz-
schnitte und Simplicissimus-Zeichnungen zu
einem ebenso lehrreichen wie fesselnden Gesamtbild vereinigt.
Ein von der Galerieleitung sclion vor dem Kriege ersonnener Ge-
danke, den sie erst jetzt in die Tat umsetzen konnte, als Veran-
staltung des rührigen „Wormser Bundes zur Pflege der bildenden
Kunst“. Es soll damit der nachhaltige Einfluß gezeigt werden, den
die japanische Graphik auf unsere neue deutsche Illustrationskunst.
namentlich auf die Karikatur ausgeübt hat. Wenn diese Tatsache
auch längst bekannt war, so dürfte sie docii bisher wohl kaum ein-
mal so klar veranschaulicht worden sein, wie durch die hier unter-
nommene Gegentiberstellung. Sie bietet aber nicht nur Gelegen-
heit zu überraschenden stilkritischen Vergleichen und wirkt da-
durch besonders anziehend für den Kunstgeschichtler, sondern sie
muß wegen ihres hohen künstlerischen Wertes auch den unbefan-
genen Kunstfreund erfreuen. Die liebenswüdige leihweise Über-
lassung einer ausgezeichneten Wormser Privatsammlung japa-
nischer Farbenholzschnitte (aus dem Nachlaß des im Kriege ge-
fallenen Dr. Erich Frederkrug) und das freundliche Entgegen-
kommen des Simplicissimus-Verlages ermöglichten es nämlich, eine
geradezu glänzende Auswahl zu treffen. Unter den 120 vorgeführ-
ten Originalarbeiten sind die allerbesten Namen aus beiden Kunst-
gebieten vertreten. Es gewährt einen einzigartigen Genuß, etwa
zwei Geishas von Utamaro und eine humoristische Szene von
ßh. ßh. Heine, eines jener drastischen Schauspielerbildnisse von
S h a r a k u und eine markante kolorierte Zeichnung von Olaf
('iilbrausson, figtirliclie Darstellungen von Masanobu,
Fsunenobu, T oyokuni; Kuniyoshi und von Karl

Arnold, Erich Schilling, Eduard Thöny, Rudolf
Wilke, oder Landschaften von Hokusai, Hiroshige und
Wilhelm S c h u 1 z an der gleichen Wand unmittelbar nebenein-
ander hängen zu sehen. Und zu beobachten, wie sich dann bei den
letztgenannten Japanern, oder auf den Tierbildern von S e k k o
und Koho, mit dein fortschreitenden 19. Jahrhundert umgekehrt
der europäische Einfluß immer deutlicher bemerkbar macht —
allerdings zu deren Schaden, während sich die Bekanntschaft mit
der Blüte ostasiatischer Kunst fiir die abendländische Stilentwick-
lung als ungemein fruchtbringend erwies, sowohl im Rokoko, wo
China tonangebend wurde, wie für Manet oder Whistler und in der
jüngsten Vergangenheit, von der unsere Ausstellung erzählt, wo die
Japaner in die Erscheinung traten. Vor allem deshalb, weil echte
Künstler, mögen sie sich immerhin von auswärts mancherlei An-
regung holen, doch niemals in Nachahmung des Fremden ver-
fallen. — Ganz im Gegensatz zu jenen Anhängern einer gewissen
modernen Richtung, die da glaubten, einen neuen Stil zu schaffen,
indem sie die primitiven Erzeugnisse von Negern, Südseeinsulanern,
kleinen Kindern oder Geisteskranken getreulich kopierten! Unsere
Simplizissimuszeichner haben sich vielmehr ihre Vorbilder unter
den künstlerischen Höchstleistungen eines anderen Kulturvolkes
gesucht und sie erst geistig verarbeitet, in die eigene Sprache
übersetzt. Daraus entstanden dann Ausdrucksformen, die zwar,
weder ihre gemeinsame japanische Abkunft, noch ihre Verwandt-
schaft untereinander verleugnen und die trotzdem neu und von
selbständigster, starker künstlerischer Prägung sind.

E. G.

*

Wie im verflossenen Winter finden auch an den kommenden
Sonntagen vormittags 91/2—11 Uhr Führungen durch die Staat-
lichen Museen in Berlin unter der Leitung wissenschaft-
licher Beamten statt. Die Reihe begann Sonntag, den 15. Oktober
im Kaiser Friedrich Museum (Kunst von Byzanz) und in der neu
eröffneten Vorgeschichtlichen Abteilung im Alten Kunstgewerbe
Museum (Übersicht über die vorgeschichtliche Kultur-Entwicklung
Europas). — Einlaßkarten am Eingang der gen. Museen erhältlich.

Kunftausftcttungcn.

Beclm.

Es war ein glücklicher Einfall Dr. Erwin Rosenthals,
in seinem Salon in der Bendlerstraße die Handzeichnungen und
Aquarelle von Lovis C 0 r i n t h zu sammeln. Die Ausstellung
ist bedeutend, zeigt den Entwicklungsgang des Meisters in wun-
dervoller Kiarheit. Imponierend sind schon die Anfänge, die in
das Jahr 1876 zurückreichen, von den Studien in Thüringen bis
zu Corinths Reise nach Fontainebleau von 1886. In den neunziger
Jahren häufen sich dann die Akte und Tierstudien, in der zweiten
Hälfte der neunziger Jahre die Bildnisse, unter denen der
Joseph Ruederer das Kabinettstück ist. Von 1900 bis 1918, da
Corinth seinen sechzigsten Geburtstag beging, reiht sich wieder
Komposition an Komposition: der Odysseus, die Kreuzabnahme,
das Paradies. Blätter voll vehementer Bewegung. Und da-
zwischen mengen sich die köstlichsten Tierstudien. Hunde und
Schweine zeichnet ihm übrigens kein zweiter nach. Aber das
Jahr 1918 bringt einen Wendepunkt im Lebenswerk Lovis
Corinths. Am Walchensee erneuert sich seine Farbe, wird glühen-
der, wird fesselloser. Sieht man die feinen, zarten Schwarzwälder
Aquarelle von 1885 neben den farbengliihenden Walchensee-
Stimmungen oder den aparten Klopstockstrasse-Ausschnitt, dann
fiihlt man ,,das Rembrandthafte“, von dem Meier-Gräfe in
der Einleitung zum Katalog spricht. „Die Breite“, sagt er, „ist
Weisheit. Dies das Rembrandthafte. Auch andern zittern die
Hände im Alter. Auch andere sehen gelassener auf die Welt, die
ihnen nur noch geistige Freuden reicht. Deshalb ergibt die Natur
noch niclit das Wundcr der Verjügung, das sicli in Corinth wie in
kaum einem andern Maler volizieht. Er ist heute viel jünger als
vor einem Viertel-Jahrhundert in Mtinchen . . .“

82
 
Annotationen