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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 4./​5.1922/​23

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1. Novemberheft
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Scherer, Christian: Braunschweigische Goldschmiedewerke und ihre Meister
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https://doi.org/10.11588/diglit.20303#0120

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Abb. 1. König Christian IV. als Ringrenner
Trinkgefäß von H. Beust

Kopenhagen, Rosenborg-Museum

haben. Er gehört sornit zu der großen Zahl ausländi-
scher, insbesondere deutscher Meister, die, wie wir
vor allcm aus den Forschungen Nyrops erfahren 8), für
den prunkliebenden Hof jenes dänischen Königs bc-
schäftigt waren, und zugleich auch zu jenen Braun-
schweigischen Goldschmieden, die, wie Johannes Kör-
ver, der Verfertiger des Rügenwalder Silberaltars, oder
wie Heyse Krage und Jacob Lauch den Ruf der einhei-
mischen Goldschmiedekunst weit über die Grenzen
ihrer engeren Heimat hinausgetragen haben. Hierauf
beruht in erster Linie Beusts Bedeutung. Daß er da-
neben auch ei'nen ausgedehnten Geschäftsbetrieb ge-
habt haben muß, beweist u. a. die Tatsache, daß er sich
zur Herstellung jener kunstvoll verzierten Trinkgefäße,
wie sie der Rat der Stadt bei Gelegenheit fürstlicher
Besuche zu verschenken pflegte !l), der Mithilfe anderer
Goldschmiede bedienen mußte. Unter ihnen wird be-
sonders Epiphanius Bardenwerper genannt, der z. B. im
Jahre 1597 an Beust „260 Dutzend Krebse, Greifen und
Löwen“ sowie 325 „Ritterschürzen“ (?) zu liefern hatte,
Dinge, die z. T. vermutlich bei der Verzierung solcher
Gefäße mit „Thierlein und Kräutlein“ Verwendung fan-
den. Beust scheint demnach nicht nur Meister, sondern
auch, wie das öfters vorkam, Lieferant und Unter-
nehmer größeren Stiles gewesen zu sein, der die Aus-
führung seiner Aufträge und Arbeiten zum guten Teil
an andere zu übertragen pflegte.

Wie dieser Reiter, so steht auch ein weiteres Gold-
schmiedewerk Braunschweigischer Herkunft, das sich
im Landesmuseum zu Cassel befindet, im engen Zu-
sammenhang mit einem Ringrennen, bei dem es als
Siegespreis diente. Es ist ein Trinkgefäß in Gestalt
eines Hahnes, dessen Körper ein Nautilus bildet, wäh-
rend alles Übrige aus Silber besteht (Abb. 2.). Dabei
sind die Federn des Tieres, das in einen niedrigen, von
Pfählen und Geflecht gebildeten runden Umhegung
steht, in sorgfältiger Weise durch feine Gravierung aus-
geführt, der Kopf aber ist abnehmbar. Dieser „Perle-
mutter Halm“ gehörte ursprünglich zum alten landgräf-
lich hessischen Silberschatz 10), in dessen Inventar dar-
über vermerkt ist „Hat Landtgraf Wilhelm der 5 te uff
seines Herrn Sohns Wilhelms Hertzog Carle von Sach-
sen-Lauenburg im Ringrennen abgewonnen“. Da es
sich hier vermutlich um eiu Ringrennen handelt, das
anläßlich der Taufe seines ältesten, 1625 geborenen,
aber schon im folgenden Jahre verstorbenen Sohnes
Wilhelm stattgefunden haben wird, wäre damit zugleich
ein Anhalt für die Entstehungszeit dieses Goldschmiede-
werkes gegeben, als die wir wohl den Anfang des
17. Jahrhunderts werden annehmen dürfen. Über seine
Herkunft aber geben auch hier wieder Beschau- und
Meistermarke ”) erwünschten Aufschluß. Danach ent-
stammt der Hahn der Werkstätte des Goldschmiedes
Samuel Becker zu Braunschweig, dessen Tätig-

10) Siehe A. von Drach, Ältere Silberarbeiten in d. Königl.
Sammlungen zu Cassel. Marburg 1888. Diesem Werke ist auch
die Abbildung entnommen.

“) Letztere ist bei Drach verkehrt wiedergegeben, auch
nicht gedeutet worden.

3) Dansk Goldsmedekunst, S. 41.

°) Vergl. „Braunschweig. Magazin“ 1858, 43 Stück, S. 420 ff.

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Abb. 2. Perlmutterhahn von S. Becker

Cassel, Landesmuseum. Nach Drach
 
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