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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 4./​5.1922/​23

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1. Novemberheft
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Scherer, Christian: Braunschweigische Goldschmiedewerke und ihre Meister
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https://doi.org/10.11588/diglit.20303#0121

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keit hier für die Jalire 1566—1601 aktenmäßig naclige-
wiesen ist.

Becker hat aucli nocli ein zweites ähnliches Werk
geschaffen, das heute im Griinen Gewölbe zu Dresden
aufbewahrt wird ]2). Auch hier besteht der Körper des
Hahns aus einer „mit chinesischen Reliefs“ verzierten
Nautilusmuschel und die Montierung aus vergoldetem
Silber; das Gefieder ist ebenfalls fein graviert, auf dem
ovalen Sockcl aber sind eine Eidechse und Pflanzen aus
oxydiertem Silbcr angebracht. Daß Becker außer sol-
chen Werken profanen Charakters, mögen sie nun eine
Spezialität des Künstlers gewesen sein oder nicht, auch
kirchliche Goldschmiedewerke gefertigt hat, beweist
u. a. ein 1589 von Katharina Gastmeister, der Witwe
Ludolph Schraders, gestifteter Kelch in der Katharinen-
kirche zu Braunschweig, der, in einfachen spätgotischen
Formen gehalten und am Fuß mit drei emaillierten
Wappen geschmückt, eine gute handwerkliche Durch-
schnittsleistung darstellt.

Während Beckers Tätigkeit zu ihrem größten Teil
noch in das 16. Jahrhundert fällt, gehört ein anderer
Braunschweiger Meister, von dessen Hand uns nocli
mehrere Werke erhalten s'ind, schon ganz dem 17. Jahr-
hundert an. Es ist der Goldschmied Adam Wag-
n e r, ein etwas älterer Zeitgenosse und vermutlich
naher Verwandter des ebenfalls durch eine Reihe von
Werken uns näher bekannten Meisters Johann Wagner.
Ja, es scheint sogar, daß beide auch in einem engen
werkstattlichen Verhältnis zu einander gestanden haben
und daß der letztere, worauf gewisse formale Überein-
stimmungen in den Arbeiten beider Meister hinweisen,
der unmittelbare Nachfolger Adam Wagners in der Lei-
tung der Werkstätte gewesen ist.

Von der Hand des Meisters Adam Wagner, der
urkundlich und aus seinen Arbeiten von 1644 bis 1681
nachgewiesen werden kann, rühren u. a. zwei Kelche
iu den Kirchen zu Vorsfelde und Königslutter her, die
sich jedoch in nichts von anderen älmlichen Arbeiten
unterscheiden. Origineller ist dagegen eine weitere
Arbeit dieses Künstlers, nämlich ein silberner Pokal
in Gestalt einer Eule mit abnehmbaren Kopfe, der 1661
im Auftrage des Rates der Stadt Peine angefertigt
wurde und sich jetzt im Welfenmuseum zu Hannover
befindet (Abb. 3). Solche Eulenpokale waren ja in der
deutschen Goldschmiedekunst der Renaissance nicht
gerade selten13); sie bilden hier vielmehr eine ziem-
lich häufige Erscheinung, die zunächst wohl der Freude

12) Sponsel, Führer durch das Königl. Grüne Gewölbe.
Dresden 1915, S. 96.

13) Eine Zusammenstellung und Entwicklungsgeschichte der
bekannteren Pokale dieser Art gibt E. Redslob im „Jahrbuch der
bremischen Sammlungen“ V (1912), S. 30 ff.

Abb. 3. Eulenpokal von A. Wagner, 1661

Hannover, Wclfenmuseun:

Mit Genehmigung Seiner Königl. Hoheit des Herzogs von Cumberland,
Herzogs zu Braunschweig und Liineburg

an allerlei merkwürdigen Trinkgefäßen überhaupt ihre
Entstehung zu verdanken hatte, in diesem Falle aber
noch besonders begründet war. Die Eule war nämlich
das Wappentier von Peine und spielte als solches u. a.
auch in der Hildesheimschen Stiftsfehde vom Jahre 1522
und in der hier bekanntlich viermal vergeblich unter-
nommenen Bestürmung der Burg Peine durch Herzog
Heinrich d. j. von Braunschweig eine Rolle, auf die auch
ein damals entstandener Vers „Peine war gemacht so
feste daß die Eule blieb im Neste“ Bezug nimmt. Diese
Peiner Eule nun, über deren Herkunft und Bestimmung
auch noch eine Aktenaufzeichnung 14) erhalten ist, steht
auf einem flachen, halbkugeligen Sockel und unter-
scheidet sich nicht nur durcli ihre Größe (24 cm h.),
sondern auch durcli die sorgfältige, fast realistische
Ausführung, die sicli vor allem in der feinen Gravierung
der Federn zeigt, vorteilhaft von manchen anderen Eu-
lenpokalen, wie sie damals überall, in besonders großer
Zahl aber und meist auf Bestellung auch gerade in
Braunschweiger Goldschmiedewerkstätten entstanden
sind, unter denen diejenigen von Adam Wagner und
Luthard Redensens (Redessens) an erster Stelle ge-
nannt werden.

14) Angeführt in Redslobs Aufsatz, S. 37.

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