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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 4./​5.1922/​23

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2. Novemberheft
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Pazaurek, Gustav Edmund: Glasschneider des Iser- und Riesengebirges in der Empire- und Biedermeierzeit, [3]: eine Studie
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https://doi.org/10.11588/diglit.20303#0147

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Metropolitankirche zu St. Veit in Prag“ oder mit der
„prager Brücke“ (1829, N. 1247 und 1248 zu 4 fl. 48 Kr.)
oder ein Pokal „mit gravierter Siegesdevise und Schild“
(1829, N. 1246 um 9 fl„ 12 Kr.), sondern auch figurale
Arbeiten, wie ein „Lichtschirm von platirtem Beinglas
mit auf Lytophanie-Art (!) eingeschliffenem Brustbilde
des Tirolers Andreas Hofer, nebst Säulenposta-
ment und Bronce-Einfassung“ (1831, N. 932 um 20 fl.
48 Kr.) oder ein ebensolcher Lichtschirm mit dem böh-
mischen Löwen (1831, N. 933 um 22 fl. 22 Kr.) — Nur
einige wenige Glasschneider treten aus dem Dunkel
einigermaßen hervor, zunächst der auch als Glashänd-
ler tätige F r a n z P o h 1 (geb. 28. Februar 1788, gestor-
ben 2. Mai 1856), der Vater des später als Inspektor der
schlesischen Josephinenhütte besonders verdienstvollen
Franz Pohl (1813—1884) 24); aber schon dessen Vater,
ebenfalls F r a n z P o h 1 (t 15. August 1834) war Glas-
und Steinsclmeider, hauptsächlich Petschaftschneider
in Neuwelt, wo einer seiner Brüder Johann über ein
halbes Jahrhundert die gräfliCh Harrach’sche Glasfabrik
mit bestem Erfolge leitete, während ein dritter Bruder
J o s e p h P o h 1 als Glasschneider im Badeort Lieb-
werda bei Haindorf im Isergebirge in den zwanziger
Jahren jung gestorben sein soll 2S). Nachweisbare Glä-
ser dieses Glasschneiders, der — neben anderen —
wohl nur die üblichen Panoramengläser von Liebwerda
oder Haindorf geschnitten liaben wird, sind ebenso
wenig bekannt, wie solche seines Bruders, sofern die-
ser überhaupt auch Hohlglas bearbeitet hat, oder seines
Neffen, der auch sein Schiiler gewesen sein soll. —
Andererseits bewahrt das Museum von Haida einige

2I1) Geh. Sanitätsrat Prof. Dr. Carl Partsch: Franz Polil, in
der Breslauer Zeitschrift „Schlesien“; ergänzt durch weitere,
briefliche Mitteilungen.

25) Die Liebwerdaer Sterbematriken im Kloster Haindorf,
II und III zwischen den Jahren 1807 und 1838, enthaiten den Namen
Pohl nicht, wie ich mich selbst überzeugt habe. Da es sich bei
den Glasschneidern in Badeorten um Saisonarbeit handelte, mag
Joseph Pohl während der Wintermonate auch anderswo gestor-
ben sein.

Arbeiten, allerdings erst aus der Mitte des 19. Jahr-
hunderts, die auf Neuwelt zurückgeführt werden, näm-
lich auf J o s e p h P f o h 1 (ein rosa Teller mit milch-
weißem Überfang, in den ein großer, matter Weinlaub-
kranz geschnitten ist) und auf A1 e x a n d e r P f o h 1,
von dem ein schöner Becher mit Fußwulst und doppel-
tem Überfang, nämlich dunkelblau und weiß auf
Krystall, herrührt, in den selir sauber in mattem Schnitt
das Rechteckpanorama „Neubad“ von 1864 eingeschnit-
ten ist. Es sind dies aber keine Tiefschnitte, sondern
Übcrfang-Hochschnitte. —

Abgesehen von den neuen Familienbeziehungen
des Verwalters von Neuwelt mit dem Gründer der
Josephinenhütte wäre die Pflege des Glasschnittes
auch auf der preußisch-schlesischen Seite
d e s R i e s e n g e b i r g e s, nämlich in der Gegend
von Warmbrunn-Schreiberhau, durch die alte, rühm-
liche Tradition dieses Gebietes selbstverständlich.

So iiberaus glücklich die Entfaltung der Glaserzeu-
gung und -veredlung in Schlesien während der Barock-
und Rokokozeit gewesen ist. so tief sinken beide gegen
F.nde des 18. jahrhunderts. Der Hubertusburger Friede
1763, der Schlesien von Böhmen und damit aucli von
den Hauptzentren des Glashandels endgültig abschnitt,
und zehn Jahre später der Tod des größten schlesi-
schen Meisters im Glasschnitt, Christian C.ottfried
Schneider (1710—1773), der keine ebenbürtigen Schüler
zurückgelassen hatte, waren harte Schicksalsschläge.
Die Glaskiinstler von Warmbrunn-Schreiberhau waren
Preußen geworden, durften sich aber gegen die über-
mächtige Konkurrenz von Potsdam nicht wehren. Die
Hiitte von Schreiberhau sank jäh hinab, sodaß 1792 so-
gar Rohglas von Friedrichsgrund in der Grafschaft
Glatz herbeigeführt werden mußte, und der Stein- und
Glasschneider Johann Friedrich M e c k e, der Warm-
brunn verläßt, um in Berlin seine Landschaften und
IJrospekte weiter zu schneiden, klagt schon 1787 über
den Niedergang seines Gewerbes im Hirschberger Tal.

(Schluß folgt).

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