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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 4./​5.1922/​23

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2. Aprilheft
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Zülch, Walther Karl: Kunsttransport und Kunsthandel: Beiträge aus der mittelalterlichen Messestadt Frankfurt a. M.
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https://doi.org/10.11588/diglit.20303#0416

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sowohl eine zweite Erklärungsmöglichkeit begründen,
als auch im Besonderen Einiges zum Kapitel des frühen
Kunsthandels und Kunsttransportes beitragen.

Die großen Beispiele des auf dem Wasserwege er-
folgten Exportes niederländischer Kunst (Der Memling
in Danzig!), italienischer Plastik. (Michelangelo in
Brügge) und des Dürerschen Helleraltares von Niirn-
berg nach Frankfurt sind bekannt. Aber auch auf dem
Landwege hatten die großen Handelsgesellschaften des
fiinfzehnten Jahrhunderts, trotz der durch Zoll- und Ge-
leitsrechte iiberlasteten, durch dauernde Fehden ge-
störten Handelsstraßen, ein festes Transportsystem
ausgebildet. Gegenstände von bedeutendem Gewichte
wurden auf riesige Entfernungen verfrachtet uud er-
reichten ihr Ziel. Dahin gehört jene Schwergewichts-
wage, die Frankfurt im Jahre 1442 aus Venedig
kommen ließ:

„40 pfunt 13 schilling han wir bezalt Wolf Blumen
fiir den Wagenbalken, als im der Rad befolen
hatte zu Venedige lassen zu machen, domyde man
Furwerg wigen und iiberslagen sal und swere ge-
wichte, mit laden, furlon und allen sachen bis in diese
Stad.“ (Frankfurter Rechenbuch 1442 folio 47 b).

Unter dem Wagenbalken hat man eine Fuhrwerks-
wage größten Formates, eine Venezianer Maschiuerie,
zu verstehen, die auf der Achse ihren Weg iiber die
Alpen fand. Weit miiheloser als dieses mechanische
Kunstwerk waren Bildwerke der Plastik und Malerei
zu transportieren. Soweit Wasserwege zur Verftigung
standen, wurden diese benutzt und in eiuem wohlgeord-
neten System mit den Landfuhrmannsunternehmen
verbunden. Kiinstler werden wohl kaum selbständig
ihre Kunst versandt, sondern sich den großen Wagen-
ziigen der Handelsherrn angeschlossen haben. Das gilt
vor allem in den Messefahrten. Dann aber steht nichts
im Wege, daß der Bildhauer Veit Stoß oder der von
1480 bis 1505 regelmäßig auf der Frankfurter Messe
vertretene Bildhauer Michel Dratze von Wiirzburg aus
Speyer mit größeren Formaten ihrer Kunst erschienen.
In seiner grundlegenden Arbeit iiber deutsche Alaba-
sterplastik des fiinfzehnten Jahrhunderts hat Georg
Swarzenski (Städeljahrbuch 1921) das Auftauchen stil-
gleicher Elemente an weitentlegenen Orten nachge-
wiesen und einen intensiven Kunsttransport greifbar
nahegelegt. Wenn dort fiir die Feinplastik der Ala-
basterkunst in Köln utn 1435 die bliihende Werkstatt des
„rheinisch-italischen Meisters“ nachgewiesen wird, so
gewinnt eine Frankfurter Kunstbestellung in Köln um
diese Zeit besondere Beachtung. Merkwiirdig deshalb,
weil in allen Testamenten dieses Jahrhunderts ein älni-
licher Kunstauftrag nach außerhalb nicht vorkommt,
und besonders, weil gerade in diesen Jahren auffälliger-
weise die Stadt Frankfurt in Köln Goldschmiedcar-
beiten anfertigen liißt. Hier ist anzumerken, daß in den
Jahren 1434—1442 das große, vielfigurige Terrakotta-
werk des Mariaschlafaltars im Kaiserdom Frankfurts
entstand, die bedeutendste Plastik Frankfurts in der
ersten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts, ausgeführt

durch einen fremden, nicht bekannten Kiinstler, der aus
dem mittelrheinischen Kreise kam. In Köln muß also
um diese Zeit kiinstlerisch etwas Außerordentliches zu
liolen gewesen sein. Ich zögere in diesem Zusammen-
hang mit Swarzenskis Forschung nicht, unter detn fol-
genden Marienbilde zu dem fiir eine Malerei zu geringen
Preis eine Alabasterstatue zu vermuten.

E i n e K ö 1 n e r P 1 a s t i k i n Frankfurt.

Der Frankfurter Patrizier Hans Bleichenbach setzt
in seinem Testament 1445 auswärtigen uud Frankfurter
Kirchen Legate aus, ordnet Wallfahrten nach Rom.
Aachen, Wiltzenau, Einsiedel und macht seinen Schwie-
gersohn Steffan Smit zum Universalerben. Dabei stelit:
„unser frauwenbilde, das ich zu Cölne han
lassen machen, und 18 Gulden kostet, sal man
brengen und das setzen (!) zun Barfiissen (heute Pauls-
kirche) an die want zur rechten hant, als man in die
santgassen geet, und myn grab mit eyn lichstein dar-
under, darzu sollen myn cleider werden und dieneti.“
(Stadtarchiv Frkft. Min. Wärschb. 5. 1445. f. 25).

Die Altertafel des Bernt Notke von
L ü b e c k 1472.

Das Bild wurde in Lübeck gemalt und nach Frank-
furt a. M. verschickt, eine Erdbeermadonna, die irn
Motiv etwa der Kirschenmadonna Dünwegges in der
Probsteikirche zu Dortmund entsprach. (E. Heidrich,
Altniederländische Malerei, Tafel 198). Professor A.
Goldschmidt hat in seiner Studie über die Liibecker
Malerei aus dem Testament des aus Frankfurt gebiirti-
gen Liibecker Biirgers Johann Bisse mitgeteilt, daß
dieser 1471 eine Altartafel bei Bernt Notke in Liibeck
malen ließ und der Heiliggeistkirche in Frankfurt stif-
tete. (Zeitschrift fiir bild. Kunst, N. F. XII. 31.). Johann
Bisse stand in Geschäftsverbindung mit dem Frank-
furter Kaufmann Johann Griinewald und den Mainzer
Buchdruckern Schöffer und Henkus zum Zwecke des
Biicherexportes nach den nordischen Ländern. (Ziilch,
Urkundenbuch 1920). Eine Beschreibung der heute
verschwunden Kirche des Heiliggeistspitals durch v.
Stalburg erwähnt folgende Altartafel: Monumenta im
Spital. Capelle, itzo anno 1607, ein Holtzkammer. üben
auff einer kammer (sc. befinden sich die Wappen) an
einer sehr schönen taffel, darauff Maria Mater Christi,
hinter ihr iltre Mutter Anna, zu den Fiißen daz Knäblein
Christus mit einem Vöglein spielendt, gemahlt ist, helt
sie in iltrem Schoß ein Körblein voll schöner Erbern,
sehen sie zu beyden seyten an die beyde fundatores,
Heiln und Johann Bissen gebriider. Unten an ihrer
Sockeney stehet: Maria mater dei, zu beyden seyten:
St. Agneta und St. Vitus darunter: annis M. CCCL
altare sublocatum, tabulaque praesens M. CCCLXXII
per Heil et Johannem Biss perficiuntur. forin auf der
taffel stehet Hans Biss, sein Weib bei ihm und beige-
setzt den Wappen.“

Diese Wappen gibt v. Stalburg (Manuskript im
Stadtarchiv) in einer Kopie wieder, die für die etwaige

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