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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 4./​5.1922/​23

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1./2. Augustheft
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Donath, Adolph: Kunstwanderungen in Baden: Besuch bei Hans Thoma in Karlsruhe. - Rund um Heidelberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.20303#0578

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die altdeutschenBilder, dieer unendlich liebt,
ausgesehen haben. „Von manchen Bildern hingen die
Fetzen herunter und ich habe da sofort begonnen, Ord-
nung zu machen. Jetzt gibt sich damit Direktor Dr.
S t o r c k die allergrößte Mühe.“

Ein kleines Stündchen war schon vergangen, als ich
mich von Thoma verabschiedete. Ich hatte das Gefühl
eines großen Erlebnisses. Und als ich wenige Minuten
später in den Sälen der Badischen Kunsthalle
stand, schienen mir die Räume wie geweiht von dem
Genius des Meisters, der hier die Kunstschätze liebevoll
gepflegt hatte. Und der jetzige Direktor der Kunstballe
weiß wohl, was er Thoma schuldet. Die N e u o r d -
nung der Säle, von der im „Kunstwanderer“ seiner-
zeit schon die Rede war, ist mit so außerordentlichem
Verständnis und Geschmack durchgeführt, daß man sie
vorbildlich nennen kann. Die Säle, in denen die Alt-
deutschen hängen (die Grünewald, Baldung, Holbein,

gewidmet — völlig neu geordnet. Er ging bei seiner
Arbeit, die aller Achtung wert ist, entwicklungsge-
schichtlich vor, wie auch künstlerisch sichtend, mit dem
Scharfblick für die Qualitäten, die er unaufdringlich,
aber doch wirksam in den Vordergrund schob. So
schuf er hier nicht reine Bildersäle, sondern gediegene
Interieurs der Zeit mit allen den Produkten der Künste,
die für die einzelnen Stilepochen ihre Bedeutung haben.
Ein kleines Juwel ist da der mit brokatseidenen Kir-
chengewändern geschmückte Raum, wo der Apostel-
altar von R i e m e n s c h n e i d e r steht und ein Bild-
nis des Hausbuch-Meisters hängt, oder der
Raum mit dem gotischen Chorgestühl vom Kloster
Schönau, der kleinen Ahnengalerie der Heidelberger
und Speyerer Patrizierfamilie zum Lamm sowie dem
Selbstporträt von Hans S t r a u c h d. Ä. (um 1550).
Ganz einzigartig ist dann der weiße Stucksaal mit den
Frankentaler Porzellanen, aus deren Reihe das Kur-
pfälzische Museum in Heidelberg, speziell an G e -

Cranach), präsentieren sich in wohltuender Abge-

stimmtheit. Und daß Dr. S t o r c k , unterstützt von

seinen Assistenten Dr. E b e r 1 e i n und Dr. C u r j e 1,

da und dort Plastiken in die Säle stellte, erhöht nocli die

Harmonie der Räume. Doch nicht nur die Altdeutschen,

sondern auch die Holländer und Franzosen sind hier

sorgsam plaziert. Freilich, in der modernen Ab-

teilung wird noch viel Arbeit zu leisten sein; aber Dr.

Storck ist der richtige Mann, um auch dies durchführen

zu können. Übrigens hat auch Direktor Dr. R o 11 im

Badischen Landesmuseum, das im Karls-

ruher Schlosse untergebracht ist, sehr ersprießliches ge-

leistet. In den köstlichen Rokokoräumen nehmen sich

besonders die reichen Sammlungen von Fayencen und

Porzellanen (Frankental, Höchst) ganz vortrefflich aus.

Vielleicht spreche ich noch ein andermal ausführlich

hierüber; ebenso über die Sammlungen in Mann-

h e i m , die ich diesmal leider nicht besuchen konnte.

*

Dafür habe ich jetzt ein wenig die Kunstschätze
von Heidelberg genossen, das in seinem K u r -
pfälzischen Museum eine Attraktion von Rang
hat. Dr. Karl Lohmeyer hat die 37 Räume — das
obere Geschoß ist z. Z. der Romantikerfamilie Schmitt

s c h i r r e n wohl das Beste besitzt, was man überhaupt
in einem deutschen Museum sehen kann.

Auch die Ausstellung der Romantiker-Fa-
m i 1 i e S c h m i 11 — die Ausstellung bleibt bis zum
15. Oktober geöffnet — ist Lohmeyers Verdienst. Sie
bietet einen Überblick über „Ein Jahrhundert Heidel-
berger Kunst“, indem sie mit Recht Georg Philipp
Schmitt, den Schüler von Christian Xeller, Cornelius
und Schnorr von Carolsfeld, an die Spitze stellt und
seinen Sohn G u i d o , der in England groß geworden
ist,'in seine Nähe rückt. Georg Philipps Bruder F r a n z
war ein geachteter Restaurator und — Kunstsammler,
den übrigens auch der alte Georg Philipp besonders
hervorkehrte. Der zweite Sohn Georg Philipps war der
Maler N a t h a n a e 1, der für Rom geschwärmt hat.
Doch der Stolz der Familie und der Stolz von Heidel-
berg ist der 1808 geborene Georg Philipp Schmitt ge-
wesen: Porträtist bis in die Fingerspitzen, maltechnisch
von subtilster Kultiviertheit, künstlerisch der leibhaftige
Romantiker, dabei ein fabelhafter Zeichner (die Galerie
der Bildnisse der Heidelberger Universitätsprofessoren
bezeugt dies), dabei ein Miniaturmaler von Klasse (das
Kinderbild ist nicht mit Gold aufzuwiegen). In der Pe-

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