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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 16.1973

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Nr. 2
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Buchbesprechungen
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Kytzler, Bernhard: [Rezension von: Hans Oppermann (Hrsg.), Humanismus]
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https://doi.org/10.11588/diglit.33067#0039

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mierte und profilierte Persönlichkeit. Nun der Band vorliegt, sind diese Denker nur
an einer Stelle zu finden und nur indirekt zu vernehmen: in den Anmerkungen des
kurzen, aber nicht zu Unrecht in der Mitte des Buches placierten, vorbildlich infor-
mierenden Referates von Walter Rüegg „Die Humanismusdiskussion“ (S. 310-321).
Hier wird einmal die Weite und Breite des Problems zwar nicht ausgeschöpft, denn
dazu reichen die wenigen Seiten nicht, aber doch unbeschränkt anvisiert, mit einem
Blick, der über die geographischen und sprachlichen Grenzen ebenso hinausgeht wie
über die der altertumswissenschaftlichen Disziplin (vgl. auch W. Rüegg, Humanistische
Bildung in der demokratischen Gesellschaft, Gymn. 76, 1969, 217-232). Mustert man
dagegen die insgesamt 27 Beiträge der Kollektion, die sich hier chronologisch geordnet
aus dem Zeitraum von 1914 bis 1965 darbieten, so zeigt sich, daß der hochausgreifende
Titel „Humanismus“ hier viel enger gefaßt worden ist: die Sammlung sollte über-
schrieben sein „Der sog. ,Dritte Humanismus' in der deutschsprachigen Diskussion der
Altertumskundler“. Erst damit wären die Beschränkungen, denen sich diese Anthologie
unterstellt, erkennbar angedeutet.
Denn zum einen zeigt sich hier eine Art Gegenposition zu jenem anderen Extrem,
das der vielleicht in etwa vergleichbare Wege-der-Forschung-Band 204 „Zu Begriff und
Problem der Renaissance“ darstellt (herausgegeben von August Buck, Darmstadt 1969).
Von den dort vereinigten 15 Aufsätzen sind nämlich nicht weniger als 12 aus einer
Fremdsprache ins Deutsche übertragen worden, ein weiterer ist im Ausland erschienen;
d. h. daß nur 2 deutsche Publikationen Aufnahme fanden. Das mag vom deutschen
Standpunkt aus ein wenig ungleichgewichtig erscheinen; doch erhebt sich dieses Be-
denken bei dem Humanismus-Band erst recht, wo nun umgekehrt rein gar nicht mehr
über die Grenzpfähle hinausgeschaut wird. Ist der Humanismus eine innerdeutsche
Angelegenheit? Haben unsere europäischen Nachbarn, unsere überseeischen Freunde,
unsere Mitmenschen in der sog. Dritten Welt nichts dazu zu sagen? Die beschriebene
Beschränkung des Bandes bleibt bedenklich. Vielleicht sogar bestürzend.
In Paranthese sei gesagt, daß der Beitrag des (m.W. nicht in Polen lebenden) Polen
Bronislaw Bilinski auf deutsch veröffentlicht vorlag und daß er auch seiner Rolle, in
dieser Sammlung die Ansichten, Absichten und Aussichten eines marxistisch orientier-
ten, sich humanistisch nennenden Denkens zu dokumentieren, kaum gerecht zu werden
vermag. Das ist nicht mehr als ein schlecht sitzendes Feigenblatt.
Hiermit ist aber auch schon die andere Beschränkung der Kollektion angesprochen:
die Auseinandersetzung ist um das Phänomen des sog. Dritten Humanismus zentriert,
sie wird eröffnet von zwei frühen Arbeiten Jaegers, sie nimmt immer wieder Bezug
auf seine Thesen, Wirkungen, Probleme. Das alles steht aber für die Gegenwart nicht
mehr im Mittelpunkt der Humanismus-Diskussion; es auch und unter anderem zu Ge-
hör zu bringen, wäre richtig gewesen, es als einzig der Diskussion würdiges Thema
einzuführen, war einseitig. Und darum vielleicht sogar schädlich.
Welche Blickpunkte bietet der Band nun, bleibt man sich seiner Beschränkungen
bewußt? Innerhalb seiner Begrenzungen ist das Buch brillant, die Auswahl so kundig
und kompetent, die Anlage so klar und klug, wie man sie sich nur wünschen konnte.
Hier ist in der Tat eine Dokumentation eines deutschen Denkversuches entstanden,
der vielen der Besten in dem jüngst vergangenen halben Jahrhundert wichtige und
vielleicht wichtigste Lebensorientierung gewesen ist. Man wird darum die Anthologie
jedem empfehlen, der sich Gedanken über die Antikenrezeption in Deutschland, über
Bildungsprogramme und Erziehungsmethoden in unserem Lande seit dem 1. Weltkrieg
macht und der gesammelte Information wünscht. Dieses unbestreitbare Verdienst des
vorliegenden Sammelbandes wird durch das Fehlen der Belege aus der außerdeutschen
Diskussion nicht geschmälert.
Mustert man die Titel, so fällt ein Typ auf, der auf einer Konfrontation beruht:

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