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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 16.1973

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Nr. 2
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Buchbesprechungen
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Schöner, G.: [Rezension von: O. Werner (Hrsg.), Simonides und Bacchylides. Gedichte]
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Erb, I.: [Rezension von: Bruno Snell, Szenen aus griechischen Dramen]
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https://doi.org/10.11588/diglit.33067#0077

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Unechtes unter seinem Namen tradiert wurde. Während seines 90jährigen Lebens
wurde er in die politischen Ereignisse mannigfach verwickelt, hielt sich in Athen bei
Hipparchos auf und erlebte wohl dessen Ermordung mit (514), war in Thessalien, trug
danach in Athen mit seiner Elegie auf die Marathon-Gefallenen den Sieg über Aischy-
los davon, hielt sich in Sizilien bei Hieron auf und starb dort. In den Siegesliedern
werden Wettkämpfer gepriesen, in den Götterliedern wird Mythisches vergegenwärtigt;
in den Fragmenten steht das gefühlstiefe Danae-Gedicht an der Spitze, unter den Lie-
dern für Menschen geben sich die Trauergesänge besonders nachdenklich, Lyrisches
wird von starken visuellen Eindrücken und rhythmischem Formsinn beherrscht, die
Distichen glänzen durch Prägnanz. — Bacchylides erlernte die dichterische Kunst durch
seinen Onkel Simonides, lebte auf Aigina, in Athen, in Sizilien, zeitweise als Ver-
bannter auf der Peloponnes und starb um 450 auf seiner Heimatinsel Keos. Aus dem
Jahr 485 stammt das älteste erhaltene Siegeslied auf Pytheas von Aigina, den auch
Pindar besungen hat. Drei Siegeslieder feiern Hieron von Syrakus. Der Aufbau der
Gesänge entspricht weithin dem der pindarischen Epinikien; eine Ausnahme bildet der
10. Siegesgesang, wo die Schilderung des Laufwettkampfes in die Gebetssprache her-
eingenommen ist! Die Dithyramben erzählen anmutig Geschehnisse des Mythos und
bringen manche gedankliche und formale Neuprägung. G. Schöner

Bruno Snell: Szenen aus griechischen Dramen. Berlin de Gruyter 1971. Kart. 19,80 DM.
Bruno Snell stellt hier seine im Oktober/November 1963 gehaltenen Sather Lectures,
in der deutschen Ausgabe ergänzt durch drei Vorlesungen vom März 1966 im Institute
of Classical Studies in London, vor und gewährt einen aufschlußreichen Einblick in sein
erfolgreiches Bemühen um die Erhellung griechischer Dramenfragmente.
Den Leser besticht die bei Snell so geschätzte Tugend der Klarheit in Zielsetzung
und Ausführungen. Snells Darlegungen tragen ihren Wert in sich; von der Schul-
praxis her mögen die angeführten Dramen weniger interessant erscheinen, doch läßt die
darin angesprochene Problematik (etwa der bewußten Entscheidung des Einzelnen
oder der Vita activa und contemplativa bzw. des Konflikts zwischen Leidenschaft und
Erkenntnis) aufhorchen. Es ist gut vorstellbar, daß man im Gymnasium dem Achilleus
Homers den Achill des Aischylos gegenüberstellt, dessen Handeln dadurch „zum Sich-
Entscheiden wird, daß der Mensch die divergierenden Ansprüche reflektiert, die an ihn
herantreten. . . . Der Mensch steht vor einer Alternative und muß wählen.“ Was den
Menschen allgemein der Fortschritt in Denken und Handeln kostet, läßt sich dabei im
Vergleich mit Homer verdeutlichen. Ähnliches mag mit dem Hektor des Astydamas
gelingen.
Mit der Sokratischen Maxime, daß Tugend Wissen sei, die bei der Platonlektüre
begegnet, kann man den Konflikt zwischen Leidenschaft und Erkenntnis der Phädra
bzw. Medea des Euripides und deren Feststellung „Wir wissen das Gute, aber wir tun
es nicht“ konfrontieren. Damit ist das Problem der „moralischen Ohnmacht des Wis-
sens“ angesprochen. In die Platonlektüre läßt sich ebenso zwanglos die Behandlung des
immer aktuellen Themas der vita activa und contemplativa in der Antiope des Euri-
pides einplanen. Vorstellbar wäre auch eine Behandlung dieser Probleme im fächer-
übergreifenden Unterricht mit Deutsch, Gemeinschaftskunde und Religion oder in Form
eines Studientages auf der Grundlage der Ausführungen Snells.
Aus dem Themenkreis, den der klassische Philologe gemeinhin erwartet, bricht das
hellenistische Moses-Drama des Ezechiel aus. Snell vergleicht mit Recht das wohl eher
als Lesedrama angelegte Stück über den Auszug Israels aus Ägypten mit den Persern
des Aischylos, da „beide den Sieg eines kleinen Volkes gegen eine gewaltige Übermacht
darstellen . . . Völker, die auf die weitere Entwicklung des geistigen Lebens den größten

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