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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 16.1973

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Nr. 4
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Plenio, Wolfgang: Colloquium Didactisum Classicum Quintum: vom 3.-7. September 1973 in Gent/Belgien
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https://doi.org/10.11588/diglit.33067#0106

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Colloquium Didacticum Classicum Quintum
vom 3.-7. September 1973 in GENT/Belgien
Tagungsort des 5. internationalen Colloquiums für Didaktik der Alten Sprachen
vom 3.-7. September 1973 war GENT, wo bereits vor 10 Jahren das erste Collo-
quium dieser Art stattgefunden hatte. Dank der ausgezeichneten Vorbereitung durch
das Organisationskomitee kam es zu einem fruchtbaren Austausch der leitenden Prin-
zipien im Altsprachenunterricht der neun in GENT vertretenen Länder. Von den
rund 200 Teilnehmern kam fast die Hälfte aus dem Gastlande; es folgten Österreich
(36), die Niederlande (28), die Bundesrepublik (20), England (13), Frankreich (2) und
Dänemark, Südafrika und Jugoslawien mit je einem Vertreter. Gute Unterkunft und
Verpflegung bot die Universität Gent, Vorträge und Diskussionen fanden im Akade-
mieraadzaal statt. Das Rahmenthema dieses Colloquiums lautete: „Aktuelle didak-
tische Probleme, die sich aus der Lektüre klassischer (= altsprachlicher) Texte ergeben
(Thematische Lektüre eingeschlossen)“.
Programmatischen Charakter trug der Vortrag von Mr. Kay, HM Inspector of
Schools (Great Britain): „Classical Literature in Schools — Topic and Genre“. In Eng-
land hat sich der Akzent von stilistischer Betrachtung verlagert auf das Studium lite-
rarischer Werke in ihrem kulturellen Zusammenhang. Das bedeutet Konzentration auf
eine Epoche mit besonders engen Wechselbeziehungen zwischen Literatur und Zeit-
umständen. Zugleich wächst das Interesse, an linearer Behandlung eines übergreifen-
den Themas; die Spannung zwischen synchronischer und diachronischer Lektüre be-
herrscht die didaktische Diskussion. Den Vorrang behauptet z. Zt. die synchronische
Methode, die im „Cambridge Latin Course“ bereits den Anfangsunterricht bestimmt.
Der Vorteil der Beschränkung auf eine Epoche wird immer mehr erkannt. Verschie-
dene Kurse (ab 18) für die Advanced Level Examination verfolgen das gleiche Ziel.
Auch Übersetzungen haben ihren legitimen Platz im Studiengang als extensive Er-
gänzung der intensiven Originallektüre. Grundsatz: Lieber ein Buch Aen. im Ori-
ginal und alles andere in Übersetzung als zwei Bücher im Original und sonst nichts! -
„Thematische Lektüre“ verfolgt und vergleicht z.B. einen Tragödienstoff von Sopho-
kles bis Sartre und Eliot. Wegweisend ist etwa Standford, der „The Ulysses Theme“
von Homer bis James Joyce durchführt; ähnlich behandelt Galinsky das Herakles-
thema. Hier öffnen sich Möglichkeiten einer fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen
Alten und Neuen Sprachen, wobei jenen archetypische Bedeutung und Funktion zufiele.
Das Zusammenwirken der bisher isolierten sprachlichen Fächer ist für die Wieder-
erweckung eines gesamteuropäischen Bewußtseins unerläßlich. „Till now we work too
much in our isolated boxes.“
Curriculum und grundlegende Lernziele (Fundamental Objectives)
Dr. D. Sieswerda, Berater der Curriculum-Reform für die Alten Sprachen in den
Niederlanden, umriß in seinem Referat Situation und Diskussionsstand. Die Curri-
culumziele für den altspr. Unterricht sollen die Objektivität gegenüber den Wert-
setzungen der Gegenwart fördern durch Konfrontation mit einer Kultur, die für uns
„das nächste Fremde“ ist. Diese Begegnung soll so direkt wie möglich erfolgen, d. h.
durch die Lektüre authentischer antiker Texte mit hohem literarischem Niveau und
Informationswert. Durch Strukturanalyse soll die tiefere Absicht des Autors rekon-
struiert werden. Textverständnis ist das Ziel, nicht grammatische Fertigkeit. Daher
das größere Gewicht der Zusatzfragen zum Text als hierzulande. Voraussetzung für
„verstehendes Lesen“ ist ein extensives Lesetraining. Methodische Konsequenzen: Basis
des' altspr. Unterrichts bleibt die Kenntnis der lateinischen und/oder griechischen

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