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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 16.1973

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Buchbesprechungen
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Schießer, H.: [Rezension von: Viktor Pöschl, Römische Geschichtsschreibung]
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https://doi.org/10.11588/diglit.33067#0068

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Ganz von selbst reiht sich in diesen Zusammenhang die berühmte Arbeit Momm-
sens über die Coriolangeschichte (Die Erzählung von Cn. Marcius Coriolanus, S. 31-
58, erschienen in: Hermes 4, 1870). Der Kern der Erzählung ist nach Ansicht des gro-
ßen Gelehrten in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts entstanden. Mommsen hält die
Erzählung für ein Zeugnis für das Bestreben der plebejischen Nobilität, die Plebs zu
verherrlichen und zugleich die Anlehnung an den alten Geschlechteradel zu suchen.
Pöschl selbst hält die späte Entstehung für problematisch.
Eine Arbeit von Franz Altheim (Naevius und die Annalistik, S. 340-366, erschienen
in: Festschrift für Joh. Friedrich, 1959; erweiterter Nachdruck in: Romanitas 3, 1961
und in: Franz Altheim, Untersuchungen zur römischen Geschichte, Frankfurt; 1, 1961)
setzt sich auseinander mit den kärglichen Fragmenten des frühesten historischen römi-
schen Epos, des Bellum Poenicum, und untersucht diese auf ihren geschichtlichen Gehalt
hin. Altheim will den Nachweis erbringen, daß Naevius nicht Fabius Pictor benutzte,
sondern eine uns nicht mehr faßbare annalistische Tradition (vgl. dazu den oben zitier-
ten Aufsatz Mommsens!). Der ebenfalls bei Pöschl abgedruckte Aufsatz Krister Hanells
(Zur Problematik der älteren römischen Geschichtsschreibung, S. 292—311, erschienen
in: Entretiens sur l’Antiquite Classique IV, Fondation Hardt 1956) vermutet dagegen
im Werk des Naevius die Hauptquelle des Fabius Pictor (vgl. S. 302). Pöschl glaubt,
daß der „imperialistische Stil“ der historischen Partien des Naevius den Schluß zu-
läßt, „daß er nicht die dürren, unveränderten Auffassungen der Pontifikalannaltafeln,
sondern auch schon gestalteten Stoff benutzte, der in einem ähnlichen Stil abgefaßt
war“ (vgl. XII f.).
Der längst als Meisterwerk wissenschaftlicher Arbeitsweise bekannte Aufsatz von
Matthias Geizer, Römische Politik bei Fabius Pictor, S. 77-129 (erschienen zuerst in:
Hermes 68, 1933) ist nicht nur ein wichtiger Beitrag zur römischen Geschichtsschreibung,
sondern gewährt darüber hinaus auch Einblicke in das Wesen römischer Politik über-
haupt. Geizer, der zwischen der pragmatischen, früheren und der annalistischen, spä-
teren Geschichtsschreibung eine strenge Trennungslinie ziehen wollte, hat seine Theo-
rie 1954 selbst aufgegeben (Vgl. S. 144 ff.). Gegen seine Auffassung hatten sich be-
sonders gewandt J. Vogt (Rezension von: Franz Altheim, Epochen der römischen Ge-
schichte, S. 198-200, erschienen in: Gnomon 12, 1936) und F. W. Walbank (Polybios,
Philinos und der erste punische Krieg, S. 272—279, erschienen in: Classical Quarterly 39,
1945). Pöschl möchte durch den Abdruck der beiden Beiträge von Vogt und Walbank
dem Leser „ein Stück wissenschaftlicher Diskussion über eine wichtige Frage“ bieten.
Für die Frage, welche Quellen von Livius herangezogen wurden,„wählt Pöschl be-
wußt nur eine Arbeit aus (M. Geizer, Die Glaubwürdigkeit der bei Livius überliefer-
ten Senatsbeschlüsse über römische Truppenaufgebote, S. 154-197, zuerst erschienen in:
Hermes 70, 1935), da der eingangs erwähnte Extraband zu Livius genügend Material
bietet. Dagegen wird in Pöschls Buch dem „heiklen Problem“ der römischen Quellen
Diodors breiter Raum gegeben. Die Arbeiten von Alfred Klotz (Diodors römische An-
nalen, S. 201-221, erschienen in: Rheinisches Museum 86, 1937) und Franz Altheim
(Diodors römische Annalen, S. 280-291, erschienen in Rh. M. 93, 1950) führen in das
schwierige Problem gut ein.
Zur Frage der römischen Geschichtsauffassung bietet Pöschl einen Aufsatz von Ul-
rich Knoche (Das historische Geschehen in der Auffassung der älteren römischen Ge-
schichtsschreiber, S. 241-255, erschienen in: N. Jb. 2, 1939). Pöschl stimmt mit Knoche
in den wesentlichen Punkten überein. Sowohl Knoches Ergebnisse als auch die Ergän-
zungen Pöschls (vgl. S.XVII-f.) liefern eine Fülle von Material, das auch dem Latein-
unterricht auf der Oberstufe des Gymnasiums zugute kommen kann. Pöschls Buch wird
abgeschlossen durch einen Aufsatz von E. Gjerstad (Legenden und Fakten der frühen
römischen Geschichte, S. 367-458, erschienen in: Scripta Minora Regiae Societatis

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