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I. Petrus. Ein Corpus, zwei Körper, viele Korporationen
zusätzlich noch von einem Schwert gekreuzt - dergestalt, wie es in barocken
Bildprogrammen für die fürstbischöfliche Verbindung von Krummstab und
Schwert üblich werden sollte.* * * * * * 313 In Naumburg liegt aber im Unterschied zum
Gedanken der geistlichen und weltlichen Gewalt die Verbindung des petrini-
schen Schlüssels mit dem paulinischen Schwert zugrunde. Dem Stadtadel Roms
und dem Kaisertum des Reiches gegenüber dienten Schlüssel, Schwerter und
Schädel als emblematische Zeichen päpstlicher Distinktion. Außerhalb der
Ewigen Stadt und ihren symbolischen königlich-kaiserlichen Adaptionsformen
blieben hingegen allein die apostolischen Schädelreliquien dem Papst Vorbe-
halten, während Schlüssel und Schwerter in verschiedenen Deutungszusam-
menhängen von Patronaten der Apostelfürsten begegnen konnten.
7. Kurie - Kapelle - Kanzlei. Papst, Kaiser und Bischöfe
zwischen Regnum und Sacerdotium
Angesichts dieses emblematischen Befundes stellt sich die Frage, wie sphragis-
tische, numismatische und heraldische Zeichen entwickelt, organisiert und
eingesetzt wurden - in Rom wie im Reich, besonders im Sachsen der Salierzeit.
Dem Papsttum stand dazu bekanntlich ein einzigartiger Verwaltungsapparat
zur Verfügung.314 Dessen zentrale behördenartige Institutionen verdankt es
maßgeblich den Neuerungen der zur Salierzeit amtierenden Reformpäpste. Die
neu geschaffenen Korporationen übernahmen die Pontifices zum einen vom
fränkisch begründeten Königtum und ottonisch erneuerten Kaisertum, zum
anderen von den aufstrebenden, ihrerseits in Wechselwirkung mit dem Kaiser-
tum stehenden bischöflichen Kanzleien.315 Zugleich wandten sie sich zuneh-
mend ab von den verbliebenen Resten der ins oströmische Byzanz transferierten
antiken Kaisertradition einerseits und dem römischen Stadtadel andererseits.
Dieser hatte in Rom vor Ort weit mehr als der Cäsaropapismus im fernen Kon-
stantinopel Einfluss geltend gemacht, indem er geradezu erbamtliche Ansprü-
che auf einflussreiche Posten der Papstverwaltung erhob. Strittig ist dabei die
Frage, ob die päpstliche Kapelle nicht bereits vor der leoninisch-gregorianischen
Kirchenreform ihren Anfang nahm. In der Tat ist der erste päpstliche Kaplan
nicht mehr existierten - allein das Bistum Minden wird im Wappen seines letzten Bischofs, Franz
Wilhelm Wartenberg, mit seinen gekreuzten silbernen Schlüsseln indirekt berücksichtigt (vgl.
ebd. S. 428). Gekreuzte Schlüssel in Gold und Silber zeigt hingegen lediglich die seit dem
15. Jahrhundert päpstlich exemte Fürstpropstei Berchtesgaden (vgl. ebd. die Wappen ver-
schiedener Wittelsbacher Bischöfe S. 206, 208 und 211). Zum Naumburger Hochstiftswappen s.
etwa Wiessner, Bistum Naumburg, S. 271.
313 Vgl. die ersten sieben der insgesamt acht Wappenkartuschen bei Gatz, Die Wappen der Hoch-
stifte, S. 20 f.
314 Bölling, Die zwei Körper des Apostelfürsten, S. 172-174 (Lit).
315 S. dazu Kehr, Scrinium und Palatium, S. 70-112; Elze, Die päpstliche Kapelle, Diss.. pass.; ders.
Die päpstliche Kapelle, S. 145-204; Haider, Zu den Anfängen, S. 38-70. Zur Funktion als „Bin-
deglied zwischen Kurie und Kirche" s. mm auch Johrendt, Die päpstliche Kapelle.
I. Petrus. Ein Corpus, zwei Körper, viele Korporationen
zusätzlich noch von einem Schwert gekreuzt - dergestalt, wie es in barocken
Bildprogrammen für die fürstbischöfliche Verbindung von Krummstab und
Schwert üblich werden sollte.* * * * * * 313 In Naumburg liegt aber im Unterschied zum
Gedanken der geistlichen und weltlichen Gewalt die Verbindung des petrini-
schen Schlüssels mit dem paulinischen Schwert zugrunde. Dem Stadtadel Roms
und dem Kaisertum des Reiches gegenüber dienten Schlüssel, Schwerter und
Schädel als emblematische Zeichen päpstlicher Distinktion. Außerhalb der
Ewigen Stadt und ihren symbolischen königlich-kaiserlichen Adaptionsformen
blieben hingegen allein die apostolischen Schädelreliquien dem Papst Vorbe-
halten, während Schlüssel und Schwerter in verschiedenen Deutungszusam-
menhängen von Patronaten der Apostelfürsten begegnen konnten.
7. Kurie - Kapelle - Kanzlei. Papst, Kaiser und Bischöfe
zwischen Regnum und Sacerdotium
Angesichts dieses emblematischen Befundes stellt sich die Frage, wie sphragis-
tische, numismatische und heraldische Zeichen entwickelt, organisiert und
eingesetzt wurden - in Rom wie im Reich, besonders im Sachsen der Salierzeit.
Dem Papsttum stand dazu bekanntlich ein einzigartiger Verwaltungsapparat
zur Verfügung.314 Dessen zentrale behördenartige Institutionen verdankt es
maßgeblich den Neuerungen der zur Salierzeit amtierenden Reformpäpste. Die
neu geschaffenen Korporationen übernahmen die Pontifices zum einen vom
fränkisch begründeten Königtum und ottonisch erneuerten Kaisertum, zum
anderen von den aufstrebenden, ihrerseits in Wechselwirkung mit dem Kaiser-
tum stehenden bischöflichen Kanzleien.315 Zugleich wandten sie sich zuneh-
mend ab von den verbliebenen Resten der ins oströmische Byzanz transferierten
antiken Kaisertradition einerseits und dem römischen Stadtadel andererseits.
Dieser hatte in Rom vor Ort weit mehr als der Cäsaropapismus im fernen Kon-
stantinopel Einfluss geltend gemacht, indem er geradezu erbamtliche Ansprü-
che auf einflussreiche Posten der Papstverwaltung erhob. Strittig ist dabei die
Frage, ob die päpstliche Kapelle nicht bereits vor der leoninisch-gregorianischen
Kirchenreform ihren Anfang nahm. In der Tat ist der erste päpstliche Kaplan
nicht mehr existierten - allein das Bistum Minden wird im Wappen seines letzten Bischofs, Franz
Wilhelm Wartenberg, mit seinen gekreuzten silbernen Schlüsseln indirekt berücksichtigt (vgl.
ebd. S. 428). Gekreuzte Schlüssel in Gold und Silber zeigt hingegen lediglich die seit dem
15. Jahrhundert päpstlich exemte Fürstpropstei Berchtesgaden (vgl. ebd. die Wappen ver-
schiedener Wittelsbacher Bischöfe S. 206, 208 und 211). Zum Naumburger Hochstiftswappen s.
etwa Wiessner, Bistum Naumburg, S. 271.
313 Vgl. die ersten sieben der insgesamt acht Wappenkartuschen bei Gatz, Die Wappen der Hoch-
stifte, S. 20 f.
314 Bölling, Die zwei Körper des Apostelfürsten, S. 172-174 (Lit).
315 S. dazu Kehr, Scrinium und Palatium, S. 70-112; Elze, Die päpstliche Kapelle, Diss.. pass.; ders.
Die päpstliche Kapelle, S. 145-204; Haider, Zu den Anfängen, S. 38-70. Zur Funktion als „Bin-
deglied zwischen Kurie und Kirche" s. mm auch Johrendt, Die päpstliche Kapelle.