Nebenpatrone und Heiligenkulte der Petrus-Kathedralen (IV)
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gegenüber. In Minden behauptete Bischof Egilbert, höchstselbst als Stellvertreter
Petri zu agieren. In Naumburg bekannte Walram, vom Saulus zum Paulus be-
kehrt worden zu sein. Der Mindener Bischof sah sich offenbar geradezu auf
Augenhöhe mit Papst Gregor VII. Sein Naumburger Amtsbruder hingegen er-
lebte, auf den Festtermin der Conversio Pauli am 25. Januar 1077 bezogen, sein
persönliches Canossa weitaus reumütiger, als es sich Gregor VII. von Heinrich
IV. auch nur annähernd hätte wünschen können. Während Egilbert in Sukzes-
sions- und Trinitätslehre auf die eigene Bildung zurückgriff, ließ sich Walram
von einem der größten Gelehrten seiner Zeit überzeugen: Anselm von Canter-
bury. Person und Amt sind folglich nicht immer trennscharf auseinanderhalten.
Persönliche Nebenpatrone scheinen aber allenfalls indirekt oder nachträglich auf
die Frage nach Regnum und Sacerdotium eingewirkt haben. Entscheidend war
Petrus, mitunter im Verbund mit Paulus, und die jeweils mit ihm in Verbindung
gebrachte, durch einzelne Patroninnen und Patrone gezielt zum Ausdruck ge-
brachte Programmatik.
Männliche und weibliche Heilige
Weibliche Heilige fallen gegenüber männlichen an den sächsischen Petrus-Pa-
trozinien der Salier zeit auf den ersten Blick weit weniger ins Auge. Sämtliche
prominenten Nebenpatrone sind männlich, ebenso die bei einigen Bischöfen
besonders beliebten Heiligen. Doch insgesamt war ein Großteil der Heiligen
weiblich. Es handelt sich dabei allerdings nicht um ortsansässige, sondern
durchweg um transferierte Heilige - sei es in Form von Reliquien oder Texten. So
verehrte man in Bremen zunächst Corona, später Cantianilla, in Minden gleich
zwei Sophien, Margaretha, Magdalena und eine Vielzahl weiterer virgines, dar-
unter Felicitas und Cäcilia, in Osnabrück vor allem Regina, in Naumburg unter
anderem Euphemia und Petronilla. Corona und Cantianilla rangierten immerhin
auf Augenhöhe mit den anderen Bremer corpora integra. Auch wenn in keiner
Quelle explizit von Patroninnen die Rede ist, erfreute sich in Minden Sophia auf
Dauer einer weitaus größeren Beliebtheit als Felicianus, der nur zeitweilig und
erst sehr spät wie ein Patron verehrt wurde. Margarethas Armreliquie ruht in
Minden viel länger als die erst in staufischer Zeit gestiftete des Gorgonius, und
Magdalenas Reliquien galten im Spätmittelalter, wenn auch zu Unrecht, sogar
als die einzigen aus salischer Zeit verbliebenen. In Osnabrück war Regina durch
ihren prächtigen Schrein visuell viel deutlicher präsent als die Reliquien von
Crispin und Crispinian und dominierte die Feier von deren Rückführung durch
ihren eigenen Festtag auch kalendarisch - wenn sie nicht vor Bennos II. Förde-
rung von Crispin und Crispinian ohnehin den ersten Platz der Osnabrücker
Heiligen eingenommen hatte. Euphemia und Petronilla schließlich zeichnen
sich, wenngleich nur kalendarisch nachweisbar, durch ihre vornehme römische
Provenienz aus.
Letztlich verdankt sich die teils gleichwertige, teils sogar überragende Ver-
ehrung von weiblichen neben männlichen Heiligen liturgischen, hagiographi-
schen und historiographischen Gründen. Liturgisch war die Feier bestimmter
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gegenüber. In Minden behauptete Bischof Egilbert, höchstselbst als Stellvertreter
Petri zu agieren. In Naumburg bekannte Walram, vom Saulus zum Paulus be-
kehrt worden zu sein. Der Mindener Bischof sah sich offenbar geradezu auf
Augenhöhe mit Papst Gregor VII. Sein Naumburger Amtsbruder hingegen er-
lebte, auf den Festtermin der Conversio Pauli am 25. Januar 1077 bezogen, sein
persönliches Canossa weitaus reumütiger, als es sich Gregor VII. von Heinrich
IV. auch nur annähernd hätte wünschen können. Während Egilbert in Sukzes-
sions- und Trinitätslehre auf die eigene Bildung zurückgriff, ließ sich Walram
von einem der größten Gelehrten seiner Zeit überzeugen: Anselm von Canter-
bury. Person und Amt sind folglich nicht immer trennscharf auseinanderhalten.
Persönliche Nebenpatrone scheinen aber allenfalls indirekt oder nachträglich auf
die Frage nach Regnum und Sacerdotium eingewirkt haben. Entscheidend war
Petrus, mitunter im Verbund mit Paulus, und die jeweils mit ihm in Verbindung
gebrachte, durch einzelne Patroninnen und Patrone gezielt zum Ausdruck ge-
brachte Programmatik.
Männliche und weibliche Heilige
Weibliche Heilige fallen gegenüber männlichen an den sächsischen Petrus-Pa-
trozinien der Salier zeit auf den ersten Blick weit weniger ins Auge. Sämtliche
prominenten Nebenpatrone sind männlich, ebenso die bei einigen Bischöfen
besonders beliebten Heiligen. Doch insgesamt war ein Großteil der Heiligen
weiblich. Es handelt sich dabei allerdings nicht um ortsansässige, sondern
durchweg um transferierte Heilige - sei es in Form von Reliquien oder Texten. So
verehrte man in Bremen zunächst Corona, später Cantianilla, in Minden gleich
zwei Sophien, Margaretha, Magdalena und eine Vielzahl weiterer virgines, dar-
unter Felicitas und Cäcilia, in Osnabrück vor allem Regina, in Naumburg unter
anderem Euphemia und Petronilla. Corona und Cantianilla rangierten immerhin
auf Augenhöhe mit den anderen Bremer corpora integra. Auch wenn in keiner
Quelle explizit von Patroninnen die Rede ist, erfreute sich in Minden Sophia auf
Dauer einer weitaus größeren Beliebtheit als Felicianus, der nur zeitweilig und
erst sehr spät wie ein Patron verehrt wurde. Margarethas Armreliquie ruht in
Minden viel länger als die erst in staufischer Zeit gestiftete des Gorgonius, und
Magdalenas Reliquien galten im Spätmittelalter, wenn auch zu Unrecht, sogar
als die einzigen aus salischer Zeit verbliebenen. In Osnabrück war Regina durch
ihren prächtigen Schrein visuell viel deutlicher präsent als die Reliquien von
Crispin und Crispinian und dominierte die Feier von deren Rückführung durch
ihren eigenen Festtag auch kalendarisch - wenn sie nicht vor Bennos II. Förde-
rung von Crispin und Crispinian ohnehin den ersten Platz der Osnabrücker
Heiligen eingenommen hatte. Euphemia und Petronilla schließlich zeichnen
sich, wenngleich nur kalendarisch nachweisbar, durch ihre vornehme römische
Provenienz aus.
Letztlich verdankt sich die teils gleichwertige, teils sogar überragende Ver-
ehrung von weiblichen neben männlichen Heiligen liturgischen, hagiographi-
schen und historiographischen Gründen. Liturgisch war die Feier bestimmter