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Bölling, Jörg; Jan Thorbecke Verlag [Hrsg.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Zwischen Regnum und Sacerdotium: Historiographie, Hagiographie und Liturgie der Petrus-Patrozinien im Sachsen der Salierzeit (1024-1125) — Mittelalter-Forschungen, Band 52: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.51257#0025

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24

Einleitung

wie vor bestehenden vorrangigen Interesse an der Adelsgeschichte.50 Auch sind
die landeshistorischen Zuständigkeiten für die Bistümer Minden, Bremen,
Naumburg-Zeitz und selbst Osnabrück nicht immer geklärt. Die westfälische
Stadt Minden liegt heute im Bundesland Nordrhein-Westfalen, doch der größte
Teil ihres mittelalterlichen Bistums im heutigen Niedersachsen. Osnabrück ge-
hört gegenwärtig zu Niedersachsen, galt aber lange als westfälisch und wird
neben Münster noch immer als zweite bedeutende Stadt des Westfälischen
Friedens betrachtet.51 Die Bundesländer Bremen und Niedersachsen bilden
heute eine gemeinsame historische Kommission, während es in Bremen selbst
keine eigenständige, institutionell verstetigte landesgeschichtliche Forschung
gibt. Und Naumburg-Zeitz wird, wenn überhaupt, dann ohne Bezug zu den
anderen Petrus-Patrozinien in den Blick genommen.

Probleme und Perspektiven der Patrozinienforschung
Dass eine solche Themenstellung hiermit nun erstmals und nicht bereits zuvor
verfolgt worden ist, hat nicht nur mit dem bereits genannten Grund zu tun, dass
sich maßgebliche Gelehrte und Forschungsinstitutionen bisher auf andere, je-
weils vertrautere Gegenstände spezialisiert haben. Es gibt auch mindestens zwei
Ursachen, die in der Patrozinienforschung selbst begründet sind. Zum einen
lässt sich der genaue Nachweis eines Patroziniums oft nur sehr mühselig und
nicht immer mit letzter Gewissheit erbringen. Zum anderen ist die klassische,
zwischenzeitlich ohnedies vernachlässigte Patrozinienforschung jüngst von
maßgeblicher Seite generell in Frage gestellt worden und bedarf daher einer
kritischen Beleuchtung: Der Kirchenhistoriker Arnold Angenendt hat als be-
deutender Kenner der Materie zu Recht hervorgekehrt, dass Hauptpatron jeder
Kirche letztlich der Salvator ist und neue Heilige ihre Kirche - etwa nach einer
Translation - lediglich als zusätzliche Patrone in Besitz nehmen.52 Aus diesem
Befund jedoch den Schluss zu ziehen, Patrozinienforschung im klassischen Sinne
könne nicht mehr betrieben werden,53 erscheint fraglich, und zwar aus drei
Gründen:
1. Der Salvator ist bei San Giovanni in Laterano auch in der äußeren Wahr-
nehmung zentral, doch dies gilt nicht unbedingt für andere Kirchen: Dort
kann es, wie noch zu zeigen sein wird, auch die Trinität oder das Kreuz sein -
letztlich Gott, aber dies in unterschiedlicher Gewichtung (drei Personen,

50 So etwa Leidinger, Zur Geschichte von Burg und Burggrafschaft Stromberg. Zur deutlichen
Dominanz der Adelsforschung in der Bundesrepublik gegenüber Frankreich und der ehemali-
gen DDR s. Geary, Mittelalterforschung, S. 91 sowie Röckelein, Reliquientranslationen nach
Sachsen, S. 11 Anm. 20.
51 Vgl. dazu überblicksartig etwa Schubert, Geschichte Niedersachsens; Krumwiede, Kirchenge-
schichte Niedersachsens, S. 26-31.
52 Angenendt, In Honore Salvatoris.
53 Angenendt, In Honore Salvatoris, S. 443, mit Kritik an Ilisch/Kösters (Bearb.), Die Patrozinien
Westfalens, und an Graf, Peterskirchen in Sachsen.
 
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