Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bölling, Jörg; Jan Thorbecke Verlag [Hrsg.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Zwischen Regnum und Sacerdotium: Historiographie, Hagiographie und Liturgie der Petrus-Patrozinien im Sachsen der Salierzeit (1024-1125) — Mittelalter-Forschungen, Band 52: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2017

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51257#0308

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
V. Petrus als Patron zwischen Regnum
und Sacerdotium

Betrachtet man die Ergebnisse und weiterführenden Überlegungen zur Bedeu-
tung des Apostelfürsten an seinen sächsischen Patrozinien unter Berücksichti-
gung der Nebenpatrone, so haben die jeweiligen Kirchen, Klöster, Kapellen und
Altäre ihr eigenes Profil - nicht isoliert, sondern in vielfältigen Verbindungen
und Abgrenzungsbemühungen untereinander und gegenüber den benachbar-
ten Patrozinien. Die Bischofskirchen nehmen als maßgebliche Spitze ihrer
Sprengel eine bistumsweit paradigmatische Rolle ein. Daher bieten sie sich für
eine möglichst pointierte Charakterisierung ihrer Petrus-Verehrung an.

1. Domkirchen zwischen Regnum und Sacerdotium
a) Petrus piscator. Fels und Fischer in Bremen
Die erwähnte Bremer Perikopenordnung hebt drei Schriftstellen besonders
hervor: Die vor allem vom römischen Papsttum beanspruchte Bestimmung des
Simon zum Fels, zu Kephas-Petrus, wird traditionsgemäß am 29. Juni gelesen,
am Oktavtag von Petri Kettenfeier, dem 8. August, steht Petri Wandel auf dem
See im Vordergrund, und am Fest seines Bruders Andreas, dem 30. November,
wird seiner Erwählung gedacht, die ihn, den Erstberufenen, und Andreas von
Fischern zu Menschenfischern machen sollte, zu piscatores hominum. Der Apos-
telfürst erscheint so als Fels und Fischer zugleich. Diese Bezüge erfolgten aber
nicht als rein geistiges Konzept, gleichsam im luftleeren Raum. Entscheidend
war, wie man dem von Petrus geschaffenen Exempel selbst nachfolgen konnte.
Die im Karlsmantel gesungenen Evangeliare deuten ebenso wie der Da-
gulfpsalter auf den Kaiserhof, die Messbücher auf Reformimpulse im Reich, die
vor allem in Rom rezipiert und in eigener Form propagiert werden sollten. Ei-
genes Profil erhielt die Bremer Liturgie aber vor allem durch das Willehad- und
Ansgar-Officium. Willehad fungierte als karolingischer Gründerheiliger des
Petrus-Domes, Ansgar als hagio- wie historiographisch überhöhter Missionar
des Nordens, der zu dieser Sendung von Papst und Petrus persönlich beauftragt
worden war. Mit Rimbert, seinem Vitenschreiber, bilden die beiden daher nicht
nur entscheidende, in Hagio- und Historiographie akzentuierte Nebenpatrone.
Sie selbst werden regionale Vertreter des Petrus: als seine Bischöfe von Bremen,
Erzbischöfe von Hamburg und Metropoliten einer Kirchenprovinz, die zumin-
dest historiographisch als eigenständiges, ganz Norddeutschland und Skandi-
navien umfassendes Patriarchat konzipiert wird.
Eine petrinische Dimension haben auch die im 11. Jahrhundert auftau-
chenden, angeblich bereits im 10. Jahrhundert erworbenen Reliquien von Kos-
mas und Damian: Stehen Petrus und Paulus am Beginn des Communiccintes-
 
Annotationen