II. Petrus-Patrozinien in Sachsen
1. Domkirchen mit Petrus-Patrozinium
Ein Großteil der sächsischen Kathedralen wies in der Salierzeit ein Petrus-Pa-
trozinium auf. In der älteren, nicht selten aus nationalem Blickwinkel argu-
mentierenden Forschung gilt Petrus oftmals als Symbolfigur der Kirche
schlechthin: Eine neue Kirche sei ihm überantwortet worden, so dass er den
„Anfang einer Kirchenstruktur" gebildet habe.471 Im Hintergrund steht dabei
vielfach die Vorstellung, die Peterskirchen hätten seit karolingischer Zeit mili-
tärische Außenposten der Mission markiert.472 Für den im äußersten Osten ge-
legenen Bischofssitz Zeitz, der 1028 nach Naumburg verlegt wurde,473 mag dies
tatsächlich zutreffen - vor allem wegen der bereits namengebenden Verbindung
mit einer Burg.474 Gleichwohl bildete für die Grenzlage des Bistums Halberstadt
der Erzmärtyrer Stephanus den Dompatron. Im äußersten Osten gelegen, war es
mit dem ganz im Westen befindlichen Bistum Münster verbunden - jedoch
weniger durch den Patron: Paulus war laut biblischem Bericht vor seiner Kon-
version als Saulus für die Steinigung des Protomärtyrers mitverantwortlich und
wurde später zum Protomissionar.475 In den ersten Jahrzehnten nach den Bis-
tumsgründungen im äußersten Osten wie im äußersten Westen war vor allem
die Dynastie der Liudgeriden ausschlaggebend, mit ihren Klöstern Werden im
Westen und Helmstedt im Osten.476
Darüber hinaus galt als Präfiguration und Personifikation der Kirche nicht
Petrus, sondern die Gottesmutter. Von Anfang an dominierte ihr schützendes
Patronat auch zahlenmäßig,477 und mitunter verdängte sie sogar noch im
Nachhinein den Apostelfürsten als Hauptpatron.478 In Sachsen hatten immerhin
die Bischofskirchen von Paderborn, Verden, Hildesheim und Hamburg ein
Marienpatrozinium.479 Es gab also, gleichsam im Vorgriff auf das unangefochten
verbreiteteste „Notre-Dame"-Patrozinium der französischen Gotik, in Sachsen
471 Nachweise bei Graf, Peterskirchen in Sachsen, S. 13 f, vor allem S. 14 Anm. 15 f.,
472 Vgl. ebd. S. 28.
473 Zimmermann (Bearb.), Papsturkunden, Nr. 581; dazu Johrendt, Papsttum und Landeskirchen, S. 89
und 115.
474 Zur Verbindung von Petrus-Patrozinium und Burg s. Graf, Peterskirchen in Sachsen, S. 134 f.
sowie Streich, Burg und Kirche. Einschlägig scheint in dieser Hinsicht auch der 983 gegründete
Petrus-Dom in Brandenburg zu sein, der allerdings bereits 983 wieder aufgegeben werden
musste und erst im vorgerückten 12. Jahrhundert wiederbegründet wurde; vgl. oben Anm. 47.
475 Vgl. Apostelgeschichte 7, 54-60. S. hierzu auch Blümer, Zur Überlieferung der Apostelge-
schichte.
476 S. dazu Hauck, Liudgeriden; Röckelein, Halberstadt, Helmstedt und die Liudgeriden.
477 Vgl. die unzähligen Nachweise bei Streich, Klöster, Stifte und Kommenden.
478 Vgl. Graf, Peterskirchen in Sachsen, S. 144 mit Anm. 21-24.
479 Vgl. Krumwiede, Die mittelalterlichen Kirchen- und Altarpatrozinien.
1. Domkirchen mit Petrus-Patrozinium
Ein Großteil der sächsischen Kathedralen wies in der Salierzeit ein Petrus-Pa-
trozinium auf. In der älteren, nicht selten aus nationalem Blickwinkel argu-
mentierenden Forschung gilt Petrus oftmals als Symbolfigur der Kirche
schlechthin: Eine neue Kirche sei ihm überantwortet worden, so dass er den
„Anfang einer Kirchenstruktur" gebildet habe.471 Im Hintergrund steht dabei
vielfach die Vorstellung, die Peterskirchen hätten seit karolingischer Zeit mili-
tärische Außenposten der Mission markiert.472 Für den im äußersten Osten ge-
legenen Bischofssitz Zeitz, der 1028 nach Naumburg verlegt wurde,473 mag dies
tatsächlich zutreffen - vor allem wegen der bereits namengebenden Verbindung
mit einer Burg.474 Gleichwohl bildete für die Grenzlage des Bistums Halberstadt
der Erzmärtyrer Stephanus den Dompatron. Im äußersten Osten gelegen, war es
mit dem ganz im Westen befindlichen Bistum Münster verbunden - jedoch
weniger durch den Patron: Paulus war laut biblischem Bericht vor seiner Kon-
version als Saulus für die Steinigung des Protomärtyrers mitverantwortlich und
wurde später zum Protomissionar.475 In den ersten Jahrzehnten nach den Bis-
tumsgründungen im äußersten Osten wie im äußersten Westen war vor allem
die Dynastie der Liudgeriden ausschlaggebend, mit ihren Klöstern Werden im
Westen und Helmstedt im Osten.476
Darüber hinaus galt als Präfiguration und Personifikation der Kirche nicht
Petrus, sondern die Gottesmutter. Von Anfang an dominierte ihr schützendes
Patronat auch zahlenmäßig,477 und mitunter verdängte sie sogar noch im
Nachhinein den Apostelfürsten als Hauptpatron.478 In Sachsen hatten immerhin
die Bischofskirchen von Paderborn, Verden, Hildesheim und Hamburg ein
Marienpatrozinium.479 Es gab also, gleichsam im Vorgriff auf das unangefochten
verbreiteteste „Notre-Dame"-Patrozinium der französischen Gotik, in Sachsen
471 Nachweise bei Graf, Peterskirchen in Sachsen, S. 13 f, vor allem S. 14 Anm. 15 f.,
472 Vgl. ebd. S. 28.
473 Zimmermann (Bearb.), Papsturkunden, Nr. 581; dazu Johrendt, Papsttum und Landeskirchen, S. 89
und 115.
474 Zur Verbindung von Petrus-Patrozinium und Burg s. Graf, Peterskirchen in Sachsen, S. 134 f.
sowie Streich, Burg und Kirche. Einschlägig scheint in dieser Hinsicht auch der 983 gegründete
Petrus-Dom in Brandenburg zu sein, der allerdings bereits 983 wieder aufgegeben werden
musste und erst im vorgerückten 12. Jahrhundert wiederbegründet wurde; vgl. oben Anm. 47.
475 Vgl. Apostelgeschichte 7, 54-60. S. hierzu auch Blümer, Zur Überlieferung der Apostelge-
schichte.
476 S. dazu Hauck, Liudgeriden; Röckelein, Halberstadt, Helmstedt und die Liudgeriden.
477 Vgl. die unzähligen Nachweise bei Streich, Klöster, Stifte und Kommenden.
478 Vgl. Graf, Peterskirchen in Sachsen, S. 144 mit Anm. 21-24.
479 Vgl. Krumwiede, Die mittelalterlichen Kirchen- und Altarpatrozinien.