6. Schlüssel - Schwerter - Schädel. Petrinische Embleme und Symbole
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Verfügung, das auch Institutionen zu repräsentieren vermochte, die Orte und
Zeiten überdauerten: Embleme und Symbole.
6. Schlüssel - Schwerter - Schädel. Petrinische Embleme
und Symbole
Die wechselseitige Bezogenheit von Worten und Werken des Apostelfürsten
sowie seiner materiell-körperlichen und geistig-geistlichen Hinterlassenschaft
ließ sich in bildlichen Darstellungen besonders prägnant zusammenführen und
erfassen. Weit mehr noch als literarische Metaphern und Allegorien kündeten in
der nur partiell alphabetisierten Gesellschaft visuell leicht fassbare Embleme und
Symbole. In gleichsam geronnener Zeit auf verdichtetem Raum kündeten diese
äußeren Zeichen von der herausragenden Stellung, geographischen Verbreitung
und dauerhaften Kontituität des ersten Jüngers Jesu samt seiner ihm römisch-
rechtlich nachfolgenden apostolischen Amtsträger. Ausgehend vom gespro-
chenen Wort und geschriebenen Text waren solche sichtbaren Bilder weiteren
Kreisen zugänglich und leichter handhabbar - in eigengesetzlicher Verknap-
pung und zugleich multimedialer Verschränkung. Schädel, Schwert und
Schlüssel bildeten konkrete Reliquien: Schädel und Schwert waren biblisch be-
zeugt, und in Anspielung auf die biblische Verheißung an Petrus fertigte man
bestimmte Berührungsreliquien ihrer äußeren Form nach gern als Schlüssel an.284
Doch es konnten bereits die bloßen Abbildungen dieser petrinischen Erinne-
rungs- und Heilsobjekte eine eigene Wirkung entfalten - in der Funktion von
Emblemen oder Symbolen. Als Embleme verdichteten sie die geschichtliche
Rezeption einschlägiger Bibelstellen und spezifischer Heiligenkulte, als Symbole
bündelten sie in vermittelnder Form zentrale Glaubensinhalte. Ganz im Sinne
ihrer ursprünglichen Wortbedeutung bilden solche Symbole ,zusammen-ge-
worfene', das heißt bekenntnishaft zusammengefasste Darlegungen kirchlicher
Konzepte - in der Tradition der Symbola der Konzilien von Nicäa und Kon-
stantinopel.285 In dieser Hinsicht gehen sie über die in der Mediävistik etablierte
Vorstellung vormodem vereinbarter, schriftliche Verträge ersetzender Spielre-
geln286 hinaus. Symbole erwachsen vielmehr aus einem bisher nur rudimentär
untersuchten Verhältnis von Liturgie und Geschichtsschreibung.287 Neben Ha-
284 Schlüssel wurden als Berührungsreliquien in Rom an Corpus oder Catenae Petri hergestellt, und
das biblisch bezeugte Schwert Petri wurde angeblich im Bremer Dom verwahrt; vgl. Johann
Hemeling, Diplomatarium (ed. Klink), HAB, Cod. Guelf. 142 Gud. lat., fol. 7a (S. 65); Kloft,
Cosmas und Damian, S. 45 mit Anm. 91; Fichtenau, Reliquienwesen, S. 140 f. S. dazu ausführlich
unten Anm. 527.
285 Vgl. Art. sym-ballo, in: Menge-Güthling.
286 Vgl. dazu Althoff, Spielregeln der Politik; ders., Rechtsgewohnheiten und Spielregeln; Rituale
und ihre Spielregeln, v. a. S. 229-304; s. auch die ihm gewidmete Festschrift von Garnier/Kamp,
Spielregeln der Mächtigen.
287 S. dazu nach wie vor grundlegend Arbusow, Liturgie und Geschichtsschreibung; s. auch Bölling,
Musicae utilitas, S. 248-254 („II. Zur Medialität der Musik in Text und Performanz").
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Verfügung, das auch Institutionen zu repräsentieren vermochte, die Orte und
Zeiten überdauerten: Embleme und Symbole.
6. Schlüssel - Schwerter - Schädel. Petrinische Embleme
und Symbole
Die wechselseitige Bezogenheit von Worten und Werken des Apostelfürsten
sowie seiner materiell-körperlichen und geistig-geistlichen Hinterlassenschaft
ließ sich in bildlichen Darstellungen besonders prägnant zusammenführen und
erfassen. Weit mehr noch als literarische Metaphern und Allegorien kündeten in
der nur partiell alphabetisierten Gesellschaft visuell leicht fassbare Embleme und
Symbole. In gleichsam geronnener Zeit auf verdichtetem Raum kündeten diese
äußeren Zeichen von der herausragenden Stellung, geographischen Verbreitung
und dauerhaften Kontituität des ersten Jüngers Jesu samt seiner ihm römisch-
rechtlich nachfolgenden apostolischen Amtsträger. Ausgehend vom gespro-
chenen Wort und geschriebenen Text waren solche sichtbaren Bilder weiteren
Kreisen zugänglich und leichter handhabbar - in eigengesetzlicher Verknap-
pung und zugleich multimedialer Verschränkung. Schädel, Schwert und
Schlüssel bildeten konkrete Reliquien: Schädel und Schwert waren biblisch be-
zeugt, und in Anspielung auf die biblische Verheißung an Petrus fertigte man
bestimmte Berührungsreliquien ihrer äußeren Form nach gern als Schlüssel an.284
Doch es konnten bereits die bloßen Abbildungen dieser petrinischen Erinne-
rungs- und Heilsobjekte eine eigene Wirkung entfalten - in der Funktion von
Emblemen oder Symbolen. Als Embleme verdichteten sie die geschichtliche
Rezeption einschlägiger Bibelstellen und spezifischer Heiligenkulte, als Symbole
bündelten sie in vermittelnder Form zentrale Glaubensinhalte. Ganz im Sinne
ihrer ursprünglichen Wortbedeutung bilden solche Symbole ,zusammen-ge-
worfene', das heißt bekenntnishaft zusammengefasste Darlegungen kirchlicher
Konzepte - in der Tradition der Symbola der Konzilien von Nicäa und Kon-
stantinopel.285 In dieser Hinsicht gehen sie über die in der Mediävistik etablierte
Vorstellung vormodem vereinbarter, schriftliche Verträge ersetzender Spielre-
geln286 hinaus. Symbole erwachsen vielmehr aus einem bisher nur rudimentär
untersuchten Verhältnis von Liturgie und Geschichtsschreibung.287 Neben Ha-
284 Schlüssel wurden als Berührungsreliquien in Rom an Corpus oder Catenae Petri hergestellt, und
das biblisch bezeugte Schwert Petri wurde angeblich im Bremer Dom verwahrt; vgl. Johann
Hemeling, Diplomatarium (ed. Klink), HAB, Cod. Guelf. 142 Gud. lat., fol. 7a (S. 65); Kloft,
Cosmas und Damian, S. 45 mit Anm. 91; Fichtenau, Reliquienwesen, S. 140 f. S. dazu ausführlich
unten Anm. 527.
285 Vgl. Art. sym-ballo, in: Menge-Güthling.
286 Vgl. dazu Althoff, Spielregeln der Politik; ders., Rechtsgewohnheiten und Spielregeln; Rituale
und ihre Spielregeln, v. a. S. 229-304; s. auch die ihm gewidmete Festschrift von Garnier/Kamp,
Spielregeln der Mächtigen.
287 S. dazu nach wie vor grundlegend Arbusow, Liturgie und Geschichtsschreibung; s. auch Bölling,
Musicae utilitas, S. 248-254 („II. Zur Medialität der Musik in Text und Performanz").