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Bölling, Jörg; Jan Thorbecke Verlag [Editor]; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Zwischen Regnum und Sacerdotium: Historiographie, Hagiographie und Liturgie der Petrus-Patrozinien im Sachsen der Salierzeit (1024-1125) — Mittelalter-Forschungen, Band 52: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2017

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.51257#0140

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III. Historiographie, Hagiographie und
Liturgie der sächsischen Petrus-Kathedralen
Betrachtet man Historiographie, Hagiographie und Liturgie der sächsischen
Petrus-Kathedralen aus geschichtswissenschaftlicher Perspektive, so gilt es nicht
nur, der Bedeutung liturgiegeschichtlicher Quellen für die Geschichtsschreibung
nachzugehen,729 sondern auch die zeitgenössische Relevanz der Liturgie bei der
Erörterung von Hagiographie und Historiographie zu berücksichtigen. Daher
richtet sich das Augenmerk in den folgenden Kapiteln jeweils zunächst auf die
Liturgie, dann auf die eine Zwischenstellung einnehmende Hagiographie und
abschließend auf die Historiographie.

1. Bremen und Hamburg - zwei Städte, ein Erzbistum
a) Missionarische Liturgie. Evangeliare und Missalia, Psalter
und Antiphonare
du bist pe/trus eynfels. vnd offe // Denfels. werdin ich bu/win myne Cris-
tinheit.
Diese zentrale Passage der Matthäus-Perikope 16, 13-19 wurde im mittel-
alterlichen Bremen ebenso wie in weiten Teilen des Reiches nach römischem
Vorbild am gemeinsamen Festtag der beiden Apostelfürsten Petrus und Paulus,
dem 29. Juni, als Evangelientext gelesen: an sante peders / vnd sante paulus dage.730
Mittelalterliche Liturgie in Volkssprache mag zunächst verwundern. Doch für
die Mission in Sachsen und Nordeuropa wurden bekanntlich bereits im 9. Jahr-
hundert vemakulare Texte verfasst, etwa der Heliand.731 Die dem Eingangszitat
zugrunde liegende, bis ins 14. Jahrhundert zurückzuführende mittelnieder-
deutsche Übersetzung spiegelt das Verständnis des Hoch- und beginnenden
Spätmittelalters wider und kann daher bereits für die salische Zeit in den Blick
genommen werden. Dabei sind einige interessante Einzelheiten erkennbar. In
der zitierten Passage erscheint die Wiedergabe des griechisch-lateinischen Na-
mens petrus durch die nachgestellt erläuternden Worte eyn fels zunächst un-
spektakulär. Sie unterscheidet sich aber von anderen landessprachlichen Über-
tragungen durch ein wichtiges, näher zu betrachtendes Detail: den unbe-
stimmten Artikel eyn. Diese Lesart hebt sich nicht nur von anderen vemakularen

729 S. dazu bereits Arbusow, Liturgie und Geschichtsschreibung, v. a. das Zitat oben Anm. 57.
730 Splett (Hg.), Das Bremer Evangelistar, Nr: 186, S. 314f., hier S. 314. Die Angabe Secundum
Johannem (ebd.) bzw. sersuni Johannen! [sic] einer Bremer Handschrift (S. 315) ist ebenso irre-
führend wie Verweise auf Lukas in zwei Nürnberger Codices (ebd. S. 315).
731 Darauf verweist zurecht Blum, 1200 Jahre Kirchenmusik in Bremen, S. 13, der zusätzlich noch die
Evangelienharmonie des Otfried von Weißenburg nennt, die allerdings ihrem Entstehungsort
entsprechend in erster Linie für das Elsass, weniger für Sachsen von Bedeutung war.
 
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